Das hier ist übrigens die Geschichte die ich für sie geschrieben hab, ich hab sie natürlich ins Englische übersetzt verschickt, das hier ist der deutsche Text:
Falls ihr ihn nicht gut findet, dürft ihr das gerne sagen.
Die im Text beschriebenen Filme sind übrigens die der Schauspielerin.
Vor ihrem Tod hat Großmutter mir gesagt, dass sich auf dem Dachboden ihres Elternhauses ein kostbarer Schatz verbirgt. Auf den ersten Blick sehe ich nur uralte, mit Staub überzogene Möbel und einen altmodischen Flachbildschirm, der auf einer Kommode aus Holz steht. Darunter befindet sich ein kleiner, silberfarbener Apparat, der durch ein schwarzes Kabel mit dem Bildschirm verbunden ist.
In den Schubladen der Kommode entdecke ich viele viereckige schmale Schachteln, auf denen sich verschiedene farbenfrohe, nur leicht vergilbte Bilder und Schriftzeichen befinden. Diese Schachteln stammen mit Sicherheit aus Omas Jugend, als das Lesen noch nicht verboten war.
Auf einer Schachtel ist eine Frau mit langem braunem Haar, die eine Sonnenbrille trägt, abgebildet, im Hintergrund sind auf dem Wasser schwimmende Eisberge zu sehen. Auf einer anderen erkennt man einen großen goldenen Ring. Mir fällt auf, dass auf fast jeder Schachtel die gleiche Frau zu sehen ist, manchmal rothaarig, dann wieder blond oder mit braunem oder schwarzem Haar.
Neugierig geworden, öffne ich eine davon und wundere mich, als ich darin nur eine runde, hauchdünne Scheibe mit einem Loch in der Mitte entdecke. Auf der Vorderseite ist das gleiche Frauengesicht wie auf der Schachtel zu sehen, die Rückseite schimmert silbrig und ich sehe mein Gesicht verschwommen darin gespiegelt. Aber irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass diese runden Dinger früher als Spiegel dienten. Diese Bilder auf den Schachteln müssen doch irgendeine Bedeutung haben.
Mir fällt noch etwas ein, das Großmutter auf dem Sterbebett ins Ohr geflüstert hat. Irgendwas von einer kleinen Steckdose die ich in ein schweinsnasenartiges Loch in der Wand stecken soll, um ins Reich der Fantasie gelangen zu können, und sie hat mir auch gesagt, dass ich das was ich dort entdecke gut hüten soll, weil es für die Menschheit ein kostbares Erbe wäre.
Hinter dem Fernseher befindet sich tatsächlich ein solches Loch in der Wand, und ich frage mich, ob der Stecker der sich am Ende des zum Bildschirm gehörenden Kabels befindet, da wohl reinpasst.
Nachdenklich wische ich den Staub vom Bildschirm ab und probiere dann, ob der Stecker in das schweinsnasenartige Loch passt.
Fernsehbildschirme mag ich überhaupt nicht, weil sie uns im Jugendzentrum jeden Abend zwingen, die Liveübertragungen aus der Reichshauptstatt anzuschauen. Stundenlange flammende Reden vom Reichskanzler oder einem seiner Marschälle, endlose Paraden mit schmetternder Marschmusik und Berichte von der Front, bei denen ständig davon gefaselt wird, wie nahe der Endsieg bereits wäre. Ich kann mir nicht vorstellen, wie so ein Bildschirm mir den Weg ins Reich der Fantasie öffnen können sollte.
Jetzt erscheinen auf dem Bildschirm ein paar weiße Schriftzeichen, leider kann ich sie nicht lesen.
Der silberne Apparat unter dem Fernseher gibt piepsende Geräusche von sich und ein rotes Lämpchen leuchtet auf. Jetzt zeigt der Bildschirm wieder andere Schriftzeichen und die Abbildung einer silbernen Scheibe mit Loch.
An dem Apparat befinden sich mehrere Knöpfe und ich drücke neugierig auf einen davon. Da geht es auf und eine runde Öffnung kommt zum Vorschein, die genau die gleiche Größe wie die dünnen Silberscheiben hat.
Ich lege eine davon hinein, und zwar die aus der Schachtel mit dem goldenen Ring drauf. Nachdem ich noch einmal auf den Knopf gedrückt habe, wird der Apparat wieder geschlossen. Ich zucke erschrocken zusammen, als plötzlich eine seltsame, ein wenig düster anmutende Melodie ertönt und auf dem Bildschirm ein großer goldener Ring mit seltsam verschnörkelten Schriftzeichen erscheint, genau der gleiche, der auf der Schachtel abgebildet ist.
Was dann geschieht, ist genauso merkwürdig wie faszinierend. Ich kann eine Welt namens Mittelerde sehen, in der es darum geht, dass ein Ring mit bösen Zauberkräften vernichtet werden soll. Die Flut an bunten Bildern ist überwältigend...ich werde immer tiefer in diese Welt hineingezogen.
Als diese Wesen, die sich selbst Hobbits nennen, bei einer fröhlichen Geburtstagsfeier tanzen und ein Feuerwerk genießen, springt ihre Heiterkeit und Lebensfreude wie ein Funke auf mich über und ich hätte am liebsten sofort hier auf dem Dachboden einen flotten Tanz hingelegt.
Die aufregende Reise des Hobbits Frodo und seiner Gefährten, die zu einem Berg wollen, weil der Ring nur dort vernichtet werden kann, lässt mich alles um mich herum vergessen.
Ja, es ist fast so, als ob ich selbst dort wäre.
In einem verwunschenen, wunderschönen Wald treffen Frodo und seine Gefährten auf eine Elbenköngin, es ist die Frau, deren Gesicht auf vielen der Schachteln abgebildet ist. In einem Spiegel mit Wasser zeigt sie dem Hobbit Dinge die waren, Dinge die sind, und einige Dinge, die vielleicht noch sein mögen. Die Mimik der Frau begeistert mich, auch wenn ich weiß, dass sie keine echte Elbin ist, weil es die ja bekanntlich nicht gibt.
Das hier ist so etwas wie die Schauspiele, die an hohen Feiertagen auf der Bühne auf dem Marktplatz gezeigt werden, nur nicht so langweilig wie diese.
Dort werden immer Stücke aufgeführt, die uns darüber belehren sollen, wie wir uns als gesetzestreue Bürger des Reiches zu verhalten haben.
Wer dort nicht erscheint wird bestraft. Sogar unser Nachbar Herr Meier, der schon über hundert ist, muss noch hingehen.
Ich erinnere mich daran, wie er einmal ganz leise gesagt hat, dass er diese öde Kacke hasst und die Filme aus seiner Kinderzeit vermisst.
Ich habe keine genaue Vorstellung davon was Filme sind, sie wurden schon vor Mamas und Papas Geburt verboten und alle vernichtet. Herr Meier hat mir nur verraten, dass Filme einen für ein paar Stunden aus dem Alltag herausholen und in eine andere Welt entführen, aber das hat mich nur irritiert, weil ich mir nicht vorstellen konnte, wie genau das mit dem Entführen denn gehen sollte.
Ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaube, dass das, was ich da gerade auf dem alten Bildschirm sehe, ein Film sein könnte. Oma hatte Recht, es ist wirklich, als ob ein Tor ins Reich der Fantasie geöffnet worden wäre.
Zum Glück ist heute Sonntag, also kann ich den ganzen Tag hier oben verbringen und mir noch mehr Filme anschauen.
Da gibt es nicht nur erfundene Welten, sondern auch interessante Einblicke in das Leben der Menschen vor der Reichsgründung. Erstaunt stelle ich fest, dass Frauen früher Hosen tragen und sogar selbst bestimmen durften, mit wem sie zusammenleben wollten, oder eben auch nicht. Ja, sogar alleine durfte man als Frau damals leben wenn man wollte.
Ein Film, in dem sich zwei Frauen namens Carol und Therese in einander verlieben berührt mich besonders. Hier im Reich steht darauf die Todesstrafe.
In einem lustigen Film rauben acht Frauen auf raffinierte Weise auf einer Gala in einem Museum einen kostbaren Anhänger, und auch noch ein paar weitere teure Schmuckstücke. Ich muss mehrmals schmunzeln und herzlich lachen über dieses unterhaltsame Räuberstück.
Zwei Filme, in denen Elisabeth Tudor die Hauptperson ist, gefallen mir besonders gut, und erneut vergesse ich alles um mich herum.
Während ich mit jeder Silberscheibe eine neue faszinierende Welt entdecke, wird mir klar warum die Filme direkt nach der Reichsgründung verboten wurden.
Weil sie den Menschen Träume schenken, ihnen Hoffnung geben, sie zum Nachdenken anregen und sie inspirieren. Das Regime möchte nicht, dass wir zuviel nachdenken, deswegen haben wir kaum freie Zeit.
Mir ist klar, dass es gefährlich wäre, meine faszinierende Entdeckung sofort mit anderen zu teilen, aber ich werde einen Weg finden, es irgendwannn zu tun. Filme können so vieles bewegen. Sie haben mir Mut gemacht und ein wenig Hoffnung in das Dunkel meines Lebens gebracht.
Vielleicht können die Filme eines Tages die Menschen dazu bewegen Widerstand zu leisten, die Freiheit und die Freude am Leben wiederzuentdecken, anstatt nur dem Reich zu dienen und zu gehorchen.
Filme sind etwas ganz Besonderes und ich bin sehr froh, dass Großmutter mir dieses kostbare Erbe hinterlassen hat, ein Erbe der Hoffnung.