Sondern da kommt wieder dieses kleine schüchtern Mädchen zum Vorschein welches sich nichts mehr traut weil ein x beliebiger Typ dort ist, für den ich immer alles richtig machen wollte!
Dieses kleine schüchterne Mädchen kann ich verstehen, das meldet sich auch bei mir manchmal noch, obwohl ich eine Generation älter bin als du.
Natürlich ist es auch richtig und wichtig, das kleine schüchterne Mädchen zu beschützen, zu wärmen, lieb zu haben. Und: ihm zu verzeihen, denn es wollte ja alles richtig machen. Und: es zu ermutigen und es zu lehren, dass es nicht schlimm ist, Fehler zu machen und nicht perfekt zu sein.
Offtopic:
Mir fällt gerade so 'ne Situation ein. Ich war nur wenig älter als du jetzt bist und befand mich nach einem ziemlich schlimmen Autounfall. Mein Vater fragte mich, wie denn jetzt meine grundsätzliche Meinung zum Thema Autofahren wäre, denn bis dahin hatte mir das immer auch Spaß gemacht. Aber nun wusste ich nicht mehr, ob ich mich jemals wieder trauen würde.
Mein Vater schmunzelte. "'Ich weiß nicht' ist auf jeden Fall besser als 'nein'."
Wir einigten uns, dass ich das nicht sofort entscheiden müsse, und dass ich dann, wenn ich es für richtig hielte, es gern versuchen könne und auch solle, im Auto meiner Eltern, mit meinem Vater als Beifahrer, weil der Ruhe und Sicherheit ausstrahlt.
Der Tag kam tatsächlich, und mein Vater wählte auf meinen Wunsch hin eine Strecke, die der ähnelte, auf der ich verunfallt war.
Wir fuhren los ... Frag mich nicht, wie ... Mein Vater sagte nichts, aber seine Miene ...
Hinterher schaute ich ihn ziemlich betreten an. Himmel, war mir schlecht.
"Du bist echt total scheiße gefahren", sagte er, "wie Häschen in der Grube. Ich war drauf und dran zu sagen: Lass es sein."
Oh, tat das weh. So 'ne Kritik von meinem Vater ...
Er lächelte. "Was willste denn? Das war doch nicht anders zu erwarten. Du hast 'n schlimmen Unfall hinter dir, und außerdem bist du dieses Auto nicht gewohnt. Du bist so scheiße-ängstlich gefahren wie es in der Situation total normal ist. Aber du bist gefahren! Das wird also alles wieder, die Sicherheit wird wiederkommen und der Spaß auch. Bis dahin können wir gern weiter üben, wenn du willst."
Drei Tage später holte ich mir einen Leihwagen und fuhr damit etwa 300 km zu meinem Freund.
Knapp zwei Wochen später stand mein nächstes Auto vorm Haus.
Nach wie vor fahre ich viel und gern.
Warum erzähle ich dir das?
Als Beispiel, wie Hilfe und Selbsthilfe für kleine schüchterne Mädchen aussehen können.
Man muss nicht immer und überall gleichermaßen perfekt sein. Es gibt Situationen, die schmeißen einen um, manche auch endgültig.
Offtopic:
Bei mir etwa ist es die Kreuzung, an der ich verunfallt war. Ich habe sie später noch mal aus verschiedenen Richtungen ausprobiert, aber die Angst sitzt zu tief, auch nach 19 Jahren noch.
Und wenn gerade niemand da ist, der das kleine schüchterne Mädchen an die große warme Beschützerhand nimmt, es ermutigt, es durch die "Gefahr" geleitet und ihm Fehler verzeiht, dann müssen wir das eben selbst tun, du genauso wie ich.
Deshalb such' Dir unbedingt professionelle Hilfe, einen Psychologen oder Psychiater. Dieses Forum kann einen Fachberater nicht ersetzen!
Der letzte Satz stimmt absolut.
Jedoch bin ich bekanntlich ein ausgesprochener Psychotherapie-Skeptiker und daher kaum geneigt, jemandem dahingehend was zu empfehlen. Irgendeine Macke haben wir schließlich alle - auch Psychiater und Psychologen.
Offtopic:
Noch 'ne Anekdote, meinen Vater betreffend: Erst vor wenigen Jahren hat er mir mal erzählt, dass er als ganz junger Mann davon geträumt hat, Militärmedizin zu studieren. Auf meine Frage nach seinem medizinischen Traumfach antwortete er: "Psychiater." Da klappte mir der Unterkiefer 'runter. Denn ausgerechnet mein Vater ist es, der inzwischen standhaft behauptet, "alle Berufe, die mit Psy anfangen, haben 'nen Riss." 😂
Andererseits ist gerade dein -
@Cxrox - Stichwort vom kleinen schüchternen Mädchen vermutlich genau das, was Psychofachleute meinen, wenn sie vom "inneren Kind" als Therapieansatz reden. Ich weiß es nicht sicher, aber es klingt mir plausibel. Allerdings bin ich kein qualifizierter "Psychofachleut" und auf meine "Weisheiten" (lach) selbst gekommen, lange bevor ich das Profi-Stichwort "inneres Kind" aufgeschnappt habe.
Im Grunde genommen, lernt man in 'ner Therapie, sich ohne Therapie zu behelfen und klarzukommen. So'n Forum wie dieses ersetzt ganz sicher keine professionelle Therapie. Ein Sanitäter ersetzt auch keinen Notarzt. Aber als schneller erster Helfer ist er brauchbar, und so ist es mit dem Forum auch.