Abschied von meinem Mann

Dabei
22 Mrz 2021
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#31
Mein Mann hat sich nicht von mir getrennt, weil er mich schützen will oder Angst hat eine Belastung zu werden oder sowas, sondern weil er mir die Schuld an seiner Erkrankung gibt. Es passt am besten zu seinem Verhalten und das seiner Eltern. Das ist jetzt ziemlich klar.
Wenn das so ist, dann ist jedes Bemühen von dir der sprichwörtliche Kampf gegen Windmühlenflügel.
Lass dein Schwiegerpack sausen und deren Sohn gleich mit!
Und nein, für die Eltern deines Mannes ist der Begriff "Schwiegerpack" keine Unverschämtheit, sondern eine Tatsache. Denn wie die drauf sind, siehst du ja: Vorwürfe an dich, du seiest an dem Hirntumor schuld :eusa_doh:, aber für ihren kranken Sohn da sein wollen sie auch nicht :eusa_doh:, jedoch über ihn bestimmen :eusa_doh: - Stichwort: Omas Beerdigung.
Schmeiß das Pack aus deinem Leben, kümmere dich um dich und deine Kinder. Denn auch die brauchen dich.
 
Dabei
10 Aug 2023
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#32
Liebe Badesalz

Ich bin hier nur stiller Mit-Leser. Aber ich habe keine Worte für Deinen Mut und die Situation.
Das ist wie nixe sagt alles erschütternd zu lesen. Du hast aber definitiv das richtige getan. Ganz viel Kraft weiterhin.
 
Dabei
23 Nov 2016
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#33
Danke für eure Beiträge 😌! Auch wenn ich nicht auf jeden eingehe, lese ich sie mir doch sehr aufmerksam durch.

Meine Schwiegermutter hat sich gestern für das Verhalten ihres Mannes bei mir entschuldigt. Es klingelte an der Tür und ich habe sie reingelassen, während mein Schwiegervater im Auto sitzen geblieben ist und sich wohl nicht getraut hat mit mir zu reden.

Sie meinte, dass sie abends im Hotel noch einmal darüber nachgedacht hätten und es ihnen leid täte, was sie zu mir gesagt haben.

Sie sagte auch, dass es natürlich etwas anderes sei, wenn man alles nur aus der Ferne mitbekäme, als wenn man mit jemandem, der schwerkrank ist, jeden Tag sein Leben teile. Sie hätten in den Tagen, als ihr Sohn bei ihnen war, auch mitbekommen, dass er sich verändert hätte. Sie wollten mir keinesfalls die Schuld daran geben. Sie wüssten durchaus zu schätzen, wie ich ihren Sohn in den letzten Jahren unterstützt hätte und bis vor ein paar Wochen hätte er auch immer nur positiv von mir geredet.

Ich habe ihr zu erklären versucht, dass es vor ein paar Wochen eben diesen Einschnitt gab, als es die Ödeme und die neuerlichen schlechten Nachrichten zum Tumorwachstum gab und mein Mann dann in diese tiefe Depression abgerutscht ist. Dass es daran lag und nicht daran, weil ich mich plötzlich verändert oder mich zu wenig gekümmert hätte. Dass es sehr schwierig sei, an jemanden mit starken Depressionen heranzukommen und ich ihn in Ruhe gelassen habe, weil er sich komplett zurückgezogen hat.

Ich fand es schon gut, dass sie auf mich zugekommen ist und habe ihre Entschuldigung angenommen.

Dennoch weiß ich nicht genau, was ich davon halten soll. Denn sie sagte auch, dass es doch viel besser sei, wenn er bei mir bliebe, weil sie das alles gar nicht schaffen würden. Sie fragte mich, ob ich ihn nicht aus dem KH wieder abholen könne, weil sie wieder zurückfahren müssten und nicht länger bleiben könnten. Sie meinte, dass sich ihr Sohn das mit der Trennung doch nochmal überlegen könnte, weil er vielleicht gar nicht richtig darüber nachgedacht habe. Wie solle das denn auch gehen?

Meine Schwiegereltern sind dann noch mal ins KH gefahren und ich erhielt später am Tag plötzlich eine Reihe von WAs von meinem Mann, in denen sein Ton plötzlich ein ganz anderer war als zuvor. Dass er sehr froh sei, mich zu haben und dass er sich immer und jederzeit über Besuch von mir freue und darüber, dass er bald wieder zuhause sei, wenn ich ihn abhole. Viele Herzchen und Küsschen.

Ich habe darauf verhalten reagiert und ihn gestern und heute nicht besucht (seine Eltern waren ja auch bei ihm). Ich weiß nicht, wie ich das jetzt einzuordnen habe und wie ich darauf reagieren oder damit umgehen soll. Mir ist schon klar, dass mein Mann nicht richtig urteilsfähig ist, aber in mir löst dieses Off On natürlich sehr widersprüchlich Gefühle aus und es entzieht mir jede Menge Energie. Ich fühle mich richtig erschöpft.
 
Dabei
6 Mrz 2013
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#35
Erst dachte ich "Ah, das ist anständig, dass sie sich entschuldigt haben, das freut mich für dich."

Nachdem ich deine Schilderung zuende gelesen habe, denke ich:
Da hat wohl jemand gemerkt, was das im Ergebnis bedeutet, wenn man seinen Sohn jetzt komplett für sich haben will, weil die Schwiegertochter ja so unmöglich ist. (Entschuldigt hat sich i.Ü. ja auch nicht der, der dich angegriffen hat.)
Getrennt hat sich dein Ex von dir, nicht umgekehrt. Es ist jetzt nicht an dir, ihn von der Trennung abzubringen, damit - ich schreibe es mal ganz unverblümt - seine Eltern nun nicht die Belastung mit ihm haben, sondern wieder du.

Dass sein Verhalten inkonsistent ist, kann an allem möglichen liegen - dass seine Eltern auf ihn eingeredet haben, dass er nochmal nachgedacht hat, dass er jetzt gerade in einer anderen Phase seiner Verarbeitung seiner schrecklichen Zukunftsperspektive ist, oderoder.
Du musst auf dich schauen, dass du nicht herumgeschubst wirst, je nach Stimmungslage der anderen. Außerdem sind da noch deine Kinder, die immer wieder in diesen Strudel mit reingezogen werden.

Insofern kann ich sehr gut verstehen, dass du darauf erst mal verhalten reagiert hast. Ich denke ich hätte es auch an dieser Stelle wieder genauso gemacht wie du und ihn jetzt nicht im KH besucht. Und ich glaube, bei mir wäre durch dieses krasse Verhalten (von ihm einschl. seiner Eltern, soweit es ihm zuzurechnen ist, denn er hat bei denen ja wohl über dich geredet) etwas zerbrochen, was nicht mehr zu reparieren wäre. Und damit ich das mental überstehe, müsste ich mich weiter abgrenzen.

Tatsächlich ist es schwierig, mit deinem Mann jetzt konkret zu besprechen wie es weitergehen soll, denn auch ich denke, dass er nicht mehr voll urteilsfähig ist. Ich glaube an deiner Stelle würde ich mich weiterhin als getrennt betrachten und wäre es mir nach wie vor lieber, er würde sich, solange er noch dazu in der Lage ist, eine eigene Wohnung suchen. Das wäre auch für deine Kinder besser. Und wenn er dann nicht mehr alleine leben kann, wird er eine professionelle Pflege brauchen, die du nicht leisten kannst. Dann könntest du ihm helfen, einen Pflegeplatz zu finden. Das würdest du wohl auch dann tun, wenn ihr weiterhin offiziell getrennt bleibt.
 
Dabei
24 Sep 2017
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#36
Ich nehme an dieser Stelle das "Schwiegerpack" zurück.
Ich nehme das Zurück zuruck. Schwiegerpack!
Denn sie sagte auch, dass es doch viel besser sei, wenn er bei mir bliebe, weil sie das alles gar nicht schaffen würden. Sie fragte mich, ob ich ihn nicht aus dem KH wieder abholen könne, weil sie wieder zurückfahren müssten und nicht länger bleiben könnten.
Mach Sachen!!
Und wenn er dann nicht mehr alleine leben kann, wird er eine professionelle Pflege brauchen, die du nicht leisten kannst. Dann könntest du ihm helfen, einen Pflegeplatz zu finden. Das würdest du wohl auch dann tun, wenn ihr weiterhin offiziell getrennt bleibt.
Das hier.
Du bist nicht seine Pflegerin, wenn, dann bist Du seine Frau, aber das bist du auch nicht mehr.
 
Dabei
6 Feb 2017
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#37
Eventuell hilft mein Beitrag jetzt schon wieder nicht (der erste kam irgendwie ganz anders an als ich ihn gemeint hatte), dann ignorier ihn einfach.
Aber ich frage mich, was du dir genau wünschen würdest für das Abschied nehmen von deinem Mann. Ausgehend davon, dass alles zu irgendeinem Zeitpunkt auf dir abgelagert wird - vorwürfe für die Dinge die schlecht laufen, Trauer, Angst, Wut auf die Welt - wie intensiv würdest du ihn dadurch begleiten wollen? Ich finde das super heftig und kann gegenwärtig nicht sagen, wie ich mich entscheiden würde, eventuell wäre ich sogar der Typ, der die Trennung durchziehen würde.
Aber am Ende müsste es ja eine Entscheidung sein und keine Reaktion auf irgendwelche Stimmungswechsel bei anderen Menschen.

Warst du schon bei dieser Hilfsgruppe? Was war da der Input?
 
Dabei
23 Nov 2016
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#38
Update

Erst nochmal zu Idkat: deine Beiträge helfen sehr, auch wenn ich es vielleicht nicht so richtig verstanden habe beim letzten Mal. Aber du weißt, dass ich deine Art total mag.

Die Trennung hat ja mein Ex-Mann vorweggenommen. Er hat Anfang der Woche den Mietvertrag für eine Wohnung in der Nähe seiner Eltern unterschrieben und kann dort zum 1.11. einziehen.

Ich bin froh, wenn er tatsächlich geht.

Das Leben mit ihm ist bizarr. Vor etwa drei Wochen ging es ihm so schlecht und er kam gar nicht mehr aus dem Bett, dass ich ihm noch geholfen habe, einen Platz in einer psychiatrischen Klinik zu bekommen. Er meinte, er könne seine Depressionen nicht mehr aushalten und wollte unbedingt dort hin. Als es dann soweit war, hat er am Tag vorher seine Meinung geändert, weil es ja keine Einzelbetreuung wäre. Das war ihm nicht gut genug. Oder er hatte einfach Angst. Jedenfalls ist er zuhause geblieben.

Dann meinte er, es könne sich auch nicht bessern mit ihm, wenn er nur allein wäre und ich nichts mit ihm unternehmen würde. Als ich ihn darauf hingewiesen habe, dass er sich von mir getrennt hat und ich deswegen nichts mehr mit ihm unternehme, war er ziemlich betreten und meinte, dass er das ganz vergessen hätte, aber jetzt, wo ich es sage, verstehen könne.

Zwischenzeitlich kamen seine Eltern und haben einen ganzen Tag mit ihm verbracht. Weil ich ihn ja nicht nur anschweigen kann, habe ich ihn gefragt, ob der Tag schön gewesen sei und was sie gemacht hätte. Er meinte, sie hätten Lampen und einen TV gekauft für die neue Wohnung. Außerdem würde er einige Möbel von der Vormieterin übernehmen können, den Rest kauften seine Eltern. Er wollte nichts mitnehmen. Ich habe ihn gefragt, wie denn die Wohnung so sei? Das wusste er nicht. Er hat sie weder besichtigt, noch Fotos oder einen Grundriss gesehen. Aber er meinte, dass seine Eltern die Wohnung gut fänden und sie ihm beschrieben haben. Ich habe dazu nichts gesagt, sondern ihn nur darauf hingewiesen, dass er seine Möbel bitte mitnehmen sollte.

Er bespricht jetzt stundenlang am Telefon mit seiner Mutter die Einrichtungsdetails. Wenn ich ihm das vor einem Jahr prophezeit hätte, dass er das tun würde, hätte er mich für verrückt erklärt. Er wirkt wie ein kleiner Junge, nicht wie ein fast 50-jähriger Mann. Als ich diese Woche wegen einer Corona-Infektion krank im Bett lag, hat er mir Blümchen gekauft. Außerdem hat er eine Blume für unsere Küche gekauft, weil er meinte, dass es dann bei uns gemütlicher aussehen würde.

Manchmal redet er tagelang kaum mit mir oder den Kindern und vergisst auch den Hund, dann wieder nimmt er den Hund mit ins Bett (was er eigentlich nicht soll), beschwert sich, dass die Kinder ihn nicht genug beachten und ich mich nicht mehr um ihn kümmere. Andererseits ignoriert er aber völlig, dass er wirklich keinen einzigen Handschlag im Haushalt tut, sondern alles mir und den Kindern überlässt. Abgesehen davon, dass er für sich selbst einkauft.

Er kann sich überhaupt nicht in einen von uns hineinversetzen, sondern verhält sich egozentrisch. Auch die plötzliche Nähe zu seinen Eltern ist seltsam. Er zieht es jetzt vor, alles mit seiner Mutter zu besprechen, was man normalerweise selbst entscheidet oder mit dem Partner bespricht. Freunde gibt es gar keine mehr. Er isoliert sich selbst völlig und hat nur noch seine Eltern. Das ist gruselig. Auch äußerlich hat er sich stark verändert. Wenn ich mir Fotos von vor einem Jahr anschaue und das mit dem jetzigen Zustand vergleiche, ist das ein krasser Unterschied.

Jedenfalls erkenne ich ihn nicht wieder. Das sagte ich ja schon mal, aber es ist für mich immer noch so unglaublich und schwer zu verstehen.

Einmal habe ich ihm das auch gesagt. Er kam zu mir und meinte, dass sich seine Stimme anders anhöre. Das stimmte auch. Wir wissen nicht, warum das so ist. Jedenfalls ist es nicht mehr diese tiefe, volle, angenehme Stimme, die er früher hatte, sondern sie klingt jetzt kratzig-heiser und bricht manchmal weg. Ich sagte ihm daraufhin, dass ich finde, dass sich auch sein Blick verändert habe und ich ihn darin gar nicht wiedererkenne. Ich war überrascht, als er mir sagte, dass er derselben Ansicht sei und dass er sich manchmal erschrecken würde, wenn er in den Spiegel schaut und sich selbst in die Augen sieht.

Ich weiß nicht, wie es für ihn weitergehen wird und es ist schwer zuzuschauen, wie sich jemand zusätzlich zu seinem schweren Schicksal selbst demontiert. Ich weiß auch nicht, ob ich mich jemals von ihm in dieser Situation getrennt hätte, wenn er es nicht selbst getan hätte. Aber ich kann sagen, dass ich froh darüber bin, ab November wieder mit den Kindern und dem Hund alleine zu sein. Es ist keine erträgliche Situation.

Meine Ma meinte, dass seine Eltern gar nicht wüssten, was sie da eigentlich tun. Wahrscheinlich hat sie recht. Aber jetzt bin ich doch froh, dass sie nicht klüger sind.
 
Dabei
6 Feb 2017
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#39
Hi Badesalz, danke für das Update!
Deine Beschreibungen klingen echt krass und unheimlich, diese Situation kann man sich so schwer vorstellen aus den verschiedenen Perspektiven. Sich da hineinzuversetzen geht eigentlich nicht.
In dem Sinne finde ich es auch beruhigend, dass du es so gefasst beschreibst und das "froh sein" über die bald entstehende Distanz dazu in den Vordergrund stellst. Ich finde das ist das natürlichste und gesündeste der Welt da froh und ein Stück weit erleichtert zu sein und auch wenn du vermutlich noch eine Million anderer Gefühle zu dieser Geschichte hast und dich selbst nicht getrennt hättest, hab ich das Gefühl, dass es gut sein wird, es so zu sehen und sich darauf zu konzentrieren. Du hast wirklich viel durchgemacht und viel auf dir abladen lassen.
Ich bin sehr gespannt, wie es nach seinem Auszug weitergehen wird. Es richtig zu genießen wird sicherlich trotzdem erst mal schwer, aber ich hoffe, dass das klappen wird. Du bist ja nicht krank, du kannst das Leben genießen.
Gehst du noch zur Therapie? Oder zu der Hilfsgruppe?
Alles Liebe
 
Dabei
6 Mrz 2013
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#40
Ich habe immer mal wieder daran gedacht wie es dir wohl geht und wie es wohl bei dir weitergeht. Bei deiner Beschreibung nun muss ich an einen Menschen denken, der allmählich dement wird. Das ist ja bei jemandem, der einen Hirntumor hat, vielleicht auch nicht sehr weit hergeholt.

Ich finde auch, dass du erleichtert darüber sein kannst, dass dir eine Entscheidung von ihm abgenommen wurde. Vielleicht war das sogar Teil seiner Intention, ist aber auch nicht relevant, denn es ist so wie es ist.

Ich wünsche dir dass du die Zeit bis zu seinem Auszug noch ohne größere Probleme durchstehst. Danach nimm dir die Zeit, dich erst mal umfänglich zu sortieren. Wahrscheinlich funktionierst du gerade nur, und wenn er dann weg ist, wird eine Anspannung von dir abfallen. Es ist sicher wichtig, dass du das bewusst zulässt, damit du das nicht in dein weiteres Leben mitschleppst.
 
Dabei
23 Sep 2023
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#41
Es ist schwer, etwas Hilfreiches zu schreiben, obwohl ich das gern tun würde. Vielleicht trifft es deine Aussage, dass er sich wie ein Kind verhält, ganz gut. Mich erinnert das an Fälle von Menschen, die demente Verwandte betreuen und merken, dass diese Menschen nicht mehr sie selbst sind, sich völlig verändern, manchmal völlig irrationale Dinge tun und sagen und es dann hinterher nicht mehr wissen. Oder nicht mehr wissen wollen, das kann man gar nicht so genau sagen. Man muss eigentlich feststellen, dass diese Menschen dann gar nicht mehr sie sind, der Charakter ist anders, das Verhalten ist anders – und das sind doch eigentlich die Dinge, die abgesehen vom Äußeren, einen Menschen ausmachen. Ich denke auch, dass es es dann ein guter Weg sein kann, eine Distanz zu schaffen, dass es hilfreich ist, wenn er auszieht. Dass es auch für die Kinder besser ist, dieses On und Off nicht direkt mitzuerleben.
 
Dabei
6 Mrz 2013
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#42
Hallo Badesalz, wie geht es dir inzwischen? (Musst nichts schreiben, wenn dich das belastet. Ich denk halt öfter mal an dich)
 
Dabei
23 Nov 2016
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#43
Liebe Twin,
danke, dass du an mich denkst. Das berührt mich wirklich sehr.
Ich versuche zu erzählen, wie es mir gerade geht, aber das ist nicht so einfach.

Mein Mann ist vor 6 Wochen in seine neue Wohnung gezogen. Er hat seine Dokumente, seinen Laptop, seinen Kleiderschrank und die Kleidung, die in dem Schrank war, mitgenommen bzw. von dem Umzugsunternehmen mitnehmen lassen.

Alles andere hat er einfach dagelassen: sein Bettzeug, Geschirr, Bilder, viele Schuhe, Möbel, Pflanzen, Deko, Fotoalben, Werkzeug, Gartenmöbel, Pflegeprodukte, TV, Erinnerungsstücke, usw. Als er weg war, war es so, als wäre er nur in Urlaub gefahren und würde gleich wiederkommen. Er wollte zunächst den Hausschlüssel nicht abgeben, weil er meinte, dass er dann "von der Welt ganz abgeschnitten" sei.

Mittlerweile hat er ihn mir per Post geschickt, weil ich ihn darum gebeten hatte. Wir kommunizieren aber ansonsten kaum miteinander. Er wollte seine Ruhe und das respektiere ich. Für mich ist es darüberhinaus schon herausfordernd genug, dass ich all seine Sache zusammenpacken und in den Keller stellen muss. Ich weiß nicht, warum er alles hier gelassen hat, selbst Dinge, die ihm früher viel bedeutet haben. Ich weiß auch nicht, ob er sie irgendwann abholen wird. Oder ob er wirklich ein neues Leben beginnt, wie er gesagt hat.

Seine Eltern müssen die neue Wohnung komplett neu eingerichtet haben, nicht nur neue Möbel, Teppich, TV, sondern auch Dinge wie Handtücher, Fön, Töpfe, usw. Einfach alles. Alle Kleinteile, die bei uns noch überall in den Schubladen, Schränken verteilt waren, habe ich zusammengesucht und in kleinere Pakete gepackt, die ich ihm eventuell zuschicke. Sie stehen hier noch herum. Ich habe auch begonnen, die größeren Möbelstücke in den Keller zu räumen, aber es ist eine riesige Aufgabe für mich. Ich habe das Gefühl, dass ich es gar nicht bewältigen kann.

Obwohl die vergangenen Monate sehr schwierig waren und ein Zusammenleben quasi nicht mehr möglich, bin ich nicht erleichtert. Bei mir überwiegt die Trauer. Ich trauere nach wie vor sehr um meinen Mann. Das tue ich ja nicht erst seit seinem Auszug, sondern schon seit Längerem. Sein Auszug hat daran nichts geändert. Er war ja schon nicht mehr da, bevor er ausgezogen ist. Ich überlege immer wieder, wann genau er gegangen ist. Ich versuche mich daran zu erinnern, wann der Augenblick, der Tag oder die Woche war, als er verschwunden ist. Es muss ja einen Zeitpunkt gegeben haben. Diesen Moment muss es doch auch bei Menschen geben, die z. B. an Alzheimer oder Demenz erkranken. Da berichten Angehörige doch auch, dass sich z. B. der Partner so verändert hat, dass er nicht mehr derjenige ist, der er früher mal war. Ich frage mich, ob es ein bestimmtes Datum oder einen Zeitraum gibt, wo man quasi verschwindet und sein altes Ich zurücklässt. So wie mein Mann jetzt sein altes Leben einfach zurückgelassen hat und verschwunden ist.

Ich weiß, dass man das nicht tun soll, aber ich habe mir heute alte Fotos angeschaut. Besonders solche Fotos, auf denen man die Augen meines Mannes gut sieht. Ich habe mir ein relativ aktuelles Foto und Fotos aus den letzten Monaten und Jahren angeschaut und miteinander verglichen. Ich wollte herausfinden, ob man auf den Fotos einen Unterschied erkennen kann, so wie ich ihn bei meinem Mann bemerkt habe. Das Ergebnis war so krass, so schockierend, dass ich richtig losgeheult habe. Man sieht es auf den Fotos auch: in seinen Augen auf den Fotos.

Ich habe das aktuelle und eines der älteren Fotos sogar meiner Ma gezeigt, um sicher zu gehen, und gefragt, was sie sieht. Sie hat die Fotos betrachtet und war ganz betroffen. Sie meinte, das seien zwei verschiedene Menschen.

Ich habe lange darüber nachgedacht und glaube, dass es die große OP Anfang des Jahres war. Danach ist er nicht mehr derselbe Mensch geworden, den ich davor kannte. Ich habe lange überlegt, ob es nach der OP noch einmal einen Augenblick, ein Gespräch oder eine Situation gab, in der es dieses Gefühl des gegenseitigen Verstehens, der gegenseitigen Vertrautheit oder des einvernehmlichen Lächelns gab. So wie es früher viele Momente davon gab. Aber das gab es seit der OP nicht mehr.

Wahrscheinlich ist es egal, ob ich es an einem bestimmten Datum festmachen kann oder nicht. In jedem Fall aber ist er eines Tages einfach verschwunden und nicht wieder zurückgekehrt. Es fühlt sich tatsächlich an, als sei er gestorben. Ich habe aufgehört, auf ihn wütend zu sein oder mich über sein merkwürdiges Verhalten zu ärgern oder es zu hinterfragen. Das macht halt keinen Sinn. Es gibt auf viele Fragen keine Antworten mehr. Ich versuche meinen Alltag zu bewältigen und mein Leben neu zu orientieren und mich auf die Kinder zu konzentrieren. Aber ich bin manchmal auch sehr, sehr traurig und habe oft große Mühe, alles zu begreifen.
 
Dabei
6 Mrz 2013
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#44
Liebe Badesalz, ich glaube es ist gut wenn man sich sowas manchmal sozusagen "wegschreibt". Beim Nachdenken darüber, wie man was schreiben soll, bekommt man manchmal auch ganz interessante Erkenntnisse ...

Ich weiß nicht, warum er alles hier gelassen hat, selbst Dinge, die ihm früher viel bedeutet haben.
Dafür kann es viele Gründe geben: Dass er keine Kraft hatte, das auch noch "anzufassen", dass er sich eine Tür offen lassen wollte weil es sonst "endgültig" gewesen wäre zum Beispiel.
Ich habe auch begonnen, die größeren Möbelstücke in den Keller zu räumen, aber es ist eine riesige Aufgabe für mich. Ich habe das Gefühl, dass ich es gar nicht bewältigen kann.
Kann dir denn dabei keine Freundin/ Freund helfen?
Diesen Moment muss es doch auch bei Menschen geben, die z. B. an Alzheimer oder Demenz erkranken. Da berichten Angehörige doch auch, dass sich z. B. der Partner so verändert hat, dass er nicht mehr derjenige ist, der er früher mal war. Ich frage mich, ob es ein bestimmtes Datum oder einen Zeitraum gibt, wo man quasi verschwindet und sein altes Ich zurücklässt.
Da gibt es keinen bestimmten Moment. Erst mal merkt man gar nicht dass es eine Veränderung gibt, die auf sowas zurückgeht - Veränderung merkt man vieleicht schon, aber die erklärt man sich anders oder gar nicht. Und dann passiert das schrittweise. Das ist ja das Quälende daran, für beide Seiten.
Man sieht es auf den Fotos auch: in seinen Augen auf den Fotos.
Das finde ich interessant, dass du das schreibst. Was sieht man denn da auf den Fotos, was ist anders an seinem Blick? Der Mann einer Freundin meiner Mutter hatte Alzheimer, der hatte einen irgendwie "leeren" Blick. Als wäre da kein "Geist" (oder Seele, wenn man das so sehen mag) mehr dahinter.
Es fühlt sich tatsächlich an, als sei er gestorben.
Das kann ich sehr gut nachvollziehen, ich empfand seine Auszugspläne usw ja auch schon als "Sterben". Und irgendwie ist ja der Mensch, mit dem du zusammenwarst, tatsächlich langsam verschwunden und nun nicht mehr da. Es klingt jetzt echt sehr schlimm, aber noch schlimmer wäre es, wenn du ihn bei seinem weiteren physischen Sterben begleiten müsstest. Wer weiß, vielleicht hat auch er bei seinem Auszug daran, an dich, gedacht, und wer weiß, vielleicht hat er auch deswegen Sachen, die ihm viel bedeutet haben, bei dir gelassen und nicht mitgenommen.
 
Dabei
3 Jan 2019
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#45
Liebe Badesalz,
Ich weiß nicht, warum er alles hier gelassen hat, selbst Dinge, die ihm früher viel bedeutet haben. Ich weiß auch nicht, ob er sie irgendwann abholen wird. Oder ob er wirklich ein neues Leben beginnt, wie er gesagt hat.
Ich kann Dir Deinen Fragen auch nicht beantworten, aber bei mir war es damals so, dass viele Dinge bedeutungslos wurden. Für die Familie waren sie vielleicht von Bedeutung, aber für mich alleine eher nicht. Ich wollte einen Neuanfang und mit dem Vergangenen abschließen. Da waren viele Dinge ein Ballast, der mich gehindert hätte neu anzufangen.

Im Nachhinein bedauere ich es, nicht mehr Wert auf diese Dinge gelegt zu haben. Vieles ist unwiederbringlich kaputt/verloren gegangen. Dafür schätze ich umso mehr die Dinge, die ich (allerdings erst später und im Einvernehmen) noch mitnehmen konnte.
 
Dabei
23 Nov 2016
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#46
Dafür kann es viele Gründe geben: Dass er keine Kraft hatte, das auch noch "anzufassen",
Ja, dass er kaum Kraft für den Auszug hatte, ist ganz sicher ein Grund. Er hat im Vorfeld kaum Dinge zusammengepackt, weil es zu anstrengend für ihn war. Ich hatte ihn gefragt, ob er Hilfe braucht, aber Hilfe von mir wollte er auch nicht. Allein darüber nachzudenken, was er mitnehmen kann oder was er entsorgen muss, überforderte ihn. Das ist ja schon für Gesunde anstrengend.

Dennoch hat es mich bei bestimmten Gegenständen sehr verwundert, dass er sie nicht mitgenommen hat (darunter z. B. eine wertvolle Skulptur, ein Fotoalbum und etwas, das er extra für das Grab seiner Großmutter gekauft hatte). Ich kann es mir nur so erklären, dass er vergessen hat, was es ihm bedeutete. Er hat einfach die Verbindung dazu verloren, genauso wie er die Verbindung zu mir, den Kindern oder dem Hund verloren hat.

Warum hat man eine Beziehung zu einem Menschen oder zu gewissen Dingen? Weil man damit Erlebnisse oder Erinnerungen verbindet. Ich bin mir aber nicht sicher, ob er sich noch an alles erinnert hat.

Was sieht man denn da auf den Fotos, was ist anders an seinem Blick? Der Mann einer Freundin meiner Mutter hatte Alzheimer, der hatte einen irgendwie "leeren" Blick. Als wäre da kein "Geist" (oder Seele, wenn man das so sehen mag) mehr dahinter.
Ja, genau das ist es, ein leerer Blick. Wie verschleiert sieht es aus, nicht "wach", wie weggetreten. Er hatte in seinem Status bei WA vor ein paar Tagen ein Selfie mit sich und einem Weihnachtsengel. Er lächelt auf dem Foto. Aber weil seine Augen nicht mitlächeln, wirkt es maskenhaft, eher wie eine Grimasse. Man merkt irgendwie sofort, dass etwas nicht stimmig ist.

Ich schaue mir seinen Status normalerweise nicht an, aber meine Tochter, die seinen Status auch sehen kann, hatte mich darauf hingewiesen und dann habe ich es mir doch angeschaut.

Es klingt jetzt echt sehr schlimm, aber noch schlimmer wäre es, wenn du ihn bei seinem weiteren physischen Sterben begleiten müsstest. Wer weiß, vielleicht hat auch er bei seinem Auszug daran, an dich, gedacht
Ja, das stimmt, dass es noch schwieriger geworden wäre. Ich weiß auch tatsächlich nicht, wie lange das auszuhalten gewesen wäre, wenn er nicht ausgezogen wäre. Natürlich hat er das auch wahrgenommen und dachte, er sei uns nur eine Last. Aber ich frage mich natürlich oft, wie er jetzt alleine zurechtkommt (bzw wohnen ja seine Eltern ganz in der Nähe, aber dennoch...) und wie es ihm geht.

Andererseits glaube ich nicht, dass er bei seiner Entscheidung wirklich an mich gedacht hat. Zu glauben, man sei dem anderen eine Last und es wäre besser, man sei nicht mehr da, ist im Grunde ein sehr egozentrischer Gedanke, der aus seiner Depression heraus kam. Er hat ja alles nur noch durch diese negative Brille gesehen. Aber genau das hat es ja so schwer gemacht. Das hat nichts damit zu tun, was der andere (in diesem Fall ich) tatsächlich denkt und fühlt oder was wirklich "das Beste" für den anderen ist. Denn das Beste aus meiner Sicht wäre gewesen, wenn er versucht hätte, gegen die Depression zu kämpfen und da zu bleiben. Aber das konnte er nicht.

Weiß nicht, ob man verstehen kann, was ich meine.
 
Dabei
23 Nov 2016
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#47
Ich wollte einen Neuanfang und mit dem Vergangenen abschließen. Da waren viele Dinge ein Ballast, der mich gehindert hätte neu anzufangen.
Aber bezog sich das auch auf Dinge, die für dich schon vor deiner Beziehung wichtig waren und eigentlich gar nichts mit deiner Familie zu tun hatten? Also z. B. Fotos aus deiner Kindheit?
...dass er ein neues Leben beginnen wolle, hat er mir ja auch gesagt. Aber wie neu kann denn ein Leben sein, frage ich mich? Man nimmt sich selbst als Person ja schließlich mit in dieses neue Leben. Und da mein Mann wieder in die Stadt seiner Kindheit und die Nähe seiner Eltern zieht, ist das schon ein bisschen seltsam mit dem "neuen Leben". Es ist eher der Versuch einer Rückkehr in sein ganz altes, früheres Leben (vor mir, aber auch vor der Krankheit). So kommt es mir jedenfalls vor.

Dafür schätze ich umso mehr die Dinge, die ich (allerdings erst später und im Einvernehmen) noch mitnehmen konnte.
Ich darf schon aus rechtlichen Gründen seine Sachen nicht einfach entsorgen, sondern muss sie eine gewisse Zeit aufbewahren. Denn sie gehören ihm ja noch. Er verliert seine Eigentumsrechte nicht, nur weil er die Dinge nicht mitgenommen hat.
Wirklich gestritten haben wir uns nicht. Ich wäre froh, wenn er seine Sachen abholen würde. Nur glaube ich es nicht. Dennoch werfe ich die Dinge nicht weg, sondern lagere sie im Keller. Ist aber wirklich eine Aufgabe und nicht sehr schön für mich.
 
Dabei
6 Mrz 2013
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#48
Zu glauben, man sei dem anderen eine Last und es wäre besser, man sei nicht mehr da, ist im Grunde ein sehr egozentrischer Gedanke, der aus seiner Depression heraus kam.
Hm, ich glaube eher, wenn jemand WIRKLICH sich damit auseinandersetzt, dass er eine Last für andere ist, dann ist das kein egozentrischer Gedanke. Das Egozentrische daran ist im Zweifel, dass man dann keine Konsequenzen daraus zieht, die die Last für den andern mindern.
Aber wie neu kann denn ein Leben sein, frage ich mich? Man nimmt sich selbst als Person ja schließlich mit in dieses neue Leben.
Das ist ein sehr vernünftiger Gedanke, aber das gilt für viele "Methoden", die Menschen anwenden, damit es ihnen vermeintlich besser geht, zB auch für das Verdrängen unangenehmer Dinge, die dann ja auch weiterhin da sind, nur etwas weiter unten, um dann unkontrollierbar hochzukommen.
Es ist eher der Versuch einer Rückkehr in sein ganz altes, früheres Leben (vor mir, aber auch vor der Krankheit).
Das finde ich eine plausible Erklärung.
Dennoch werfe ich die Dinge nicht weg, sondern lagere sie im Keller. Ist aber wirklich eine Aufgabe und nicht sehr schön für mich.
Theoretisch könntest du die Sachen auch in so einem Lager, das man bezahlen kann, einlagern, sicher auch auf seine Kosten (die er dir vermutlich nicht bezahlen wird), dann wären sie für dich "weg".
 
Dabei
22 Aug 2011
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#49
Liebe Badesalz, danke für das Update. Ich freue mich, dass Du die Kraft gefunden hast, Dein Leben wieder in die die Hand zu nehmen und diesen schmerzlichen Verlust zu verarbeiten.

Noch ein kleiner Hinweis:

Ich darf schon aus rechtlichen Gründen seine Sachen nicht einfach entsorgen, sondern muss sie eine gewisse Zeit aufbewahren.
Diese "gewisse Zeit" beginnt erst, wenn Du ihn "in Verzug gesetzt" hast. Also ihm nachweislich mitgeteilt hast, dass Du möchtest, dass er seine Sachen bis zum ..... abholt. (Erforderlich ist eine "angemessene Frist"). Und dass Du, wenn Du bis dahin nichts Gegenteiliges von ihm hörst, davon ausgehst, dass er sein Eigentumsrecht aufgegeben hat und nach eigenem Ermessen über die Sachen verfügen wirst.

Also schreib ihm mal einen entsprechenden Brief. Netterweise wohl erst nach Weihnachten. Sonst stehen schlimmstenfalls eines Tages irgendwelche Betreuer/Vormünde vor Deiner Tür und fragen, wo denn seine Handtücher sind.
 
Dabei
23 Nov 2016
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#50
Heute hatte ich einen Brief im Briefkasten, der mich ziemlich aus der Fassung gebracht hat. Er kam von meinem Mann und war an mich, die Kinder und den Hund adressiert. Es war eine Weihnachtskarte darin und er hat versucht, uns ein schönes Weihnachtsfest und ein frohes neues Jahr zu wünschen. Aber die Wörter und Sätze waren auf eine Art falsch geschrieben, wie ich es kurz nach der letzten großen OP gesehen habe und wie es im Sommer war, als er plötzlich nicht mehr sprechen konnte. Das sind teilweise nur Silben oder halbe Wörter mit zusätzlichen Buchstaben.

Ich bin in Tränen ausgebrochen, als ich es gesehen habe, weil ich weiß, was das bedeutet. Es geht ihm sehr schlecht.

Ich weiß nicht, was ich tun soll. Es fühlte sich von Anfang an falsch an, dass er geht. Er sollte bei mir und den Kindern und dem Hund sein, also hier bei uns. Ich weiß, dass er allein ist und es ihm schlecht geht und ich kann nichts tun.

Nach der OP und dann im Sommer, als er plötzlich nicht mehr reden konnte, habe ich es ja schon miterlebt und ihn dann in den Arm genommen oder gestreichelt oder ihm etwas Liebes gesagt. Es hat ihm schon ein bisschen geholfen, glaube ich. Er meinte ja auch bis zum Sommer immer wieder, dass er froh ist mich zu haben. Bis zu dem Zeitpunkt, wo er plötzlich in diese krasse Depression rutschte und er komplett anders und gefühllos wurde. Aber jetzt ist er weg und ich weiß einfach nicht, was ich tun könnte.

Ich weiß, dass er selbst gegangen ist und es seine Entscheidung war. Aber ich habe es bisher nicht verstanden und verstehe es immer noch nicht. Ich bin auch immer noch so wahnsinnig wütend auf seine Eltern. Ich kann nicht kapieren, warum sie nicht mit mir gesprochen haben, sondern wirklich dachten, ich und die Kinder seien der Grund dafür, dass es ihrem Sohn schlecht geht. Und dass es eine "Lösung" wäre, wenn er auszieht. Als ob dann alles wieder gut werden würde! Dass sie das tatsächlich quasi hinter meinem Rücken unterstützt haben, obwohl ich in den letzten 8 Jahren überhaupt nichts gemacht habe, was gerechtfertigt hätte, dass sie nicht mit mir reden. Aber ich bin nicht dagegen angekommen, was hätte ich tun können?

Die Wut und die Trauer kommen manchmal mit solcher Wucht, dass es echt weh tut.

Jedes Mal, wenn mich jemand länger nicht gesehen hat und mich dann nach meinem Mann fragt (wie letztens beim Sport, wo ich nach sehr langer Zeit mal wieder war), fange ich direkt an zu heulen. Da kann ich gar nichts machen, das passiert automatisch. Ich gehe dem wenn möglich aus dem Weg und meide Leute, die mich fragen könnten.

Es fühlt sich einfach falsch an, dass er weg ist. Ich weiß nicht, ob ich ihn anrufen soll oder was ich sagen soll. Meine Kinder waren auch ziemlich betroffen, als sie die Karte gesehen haben. Mein Sohn meinte zu mir, dass ich mit ihm sprechen soll. Er möchte, dass ich mich nach ihm erkundige.
 
Dabei
6 Mrz 2013
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#51
Ich bin in Tränen ausgebrochen, als ich es gesehen habe, weil ich weiß, was das bedeutet. Es geht ihm sehr schlecht.
Da kommen einem selbst als fremdem Menschen, der dich und ihn gar nicht kennt, die Tränen. Das ist so herzzerreißend tragisch ...

Ich weiß nicht, ob ich ihn anrufen soll oder was ich sagen soll. Meine Kinder waren auch ziemlich betroffen, als sie die Karte gesehen haben. Mein Sohn meinte zu mir, dass ich mit ihm sprechen soll. Er möchte, dass ich mich nach ihm erkundige.
Ich glaube, wenn ich an deiner Stelle wäre, dann "müsste" ich darauf irgendwie reagieren.
Aber ich glaube, ich würde nicht anrufen. Vielleicht geht er dann nicht ran, oder er versucht was zu sagen und hat Wortfindungsstörungen, oder es ist ein schlechter Zeitpunkt und er ist fies zu dir, schottet sich ab, oder er bricht in Tränen aus und du auch und er ist dann ganz weit weit, oderoder.
Ich glaube ich würde ihm etwas schicken. ZB ein Foto von einem schönen Platz, den er vielleicht kennt. Oder, wenn du künstlerisch begabt bist, könntest du etwas für ihn zeichnen/ malen. Und ein paar sehr nette Worte dazuschreiben. Oder einen richtigen Brief - dass du und deine Kinder ihn egal was passiert ist und noch passieren wird ganz fest in euer Herz geschlossen habt und ihr ganz fest an ihn denkt und ihm immer viel Kraft wünscht. Und irgendeinen kleinen Glücksbringer dazu.
Irgendwas, was zu dir passt.
 
Dabei
7 Sep 2023
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#52
@Badesalz , wir mögen in vielerlei Hinsicht unterschiedliche Auffassungen haben (verständlich, du hast eher die weibliche Sichtweise und ich den männlichen Standpunkt), aber trotzdem möchte ich dir sagen, wie sehr mich deine Geschichte berührt und wie sehr ich mit dir fühle. Ich wünsche mir von Herzen, dass du diese schwierige Zeit irgendwie gut überstehst und deinen Frieden mit deinem Mann, seiner Familie und den ganzen Umständen schließen kannst.
 
Dabei
24 Dez 2023
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#54
Hallo Badesalz
Das tut mir wirklich sehr leid zu hören. Es klingt nach einer unglaublich belastenden und schwierigen Situation für dich und deine Familie. Dein Schmerz und deine Trauer sind absolut verständlich. Es ist unglaublich schwer, die Veränderungen und den Verlust eines geliebten Menschen aufgrund einer Krankheit zu akzeptieren.
Es ist normal, sich in solchen Momenten verloren und unverstanden zu fühlen. Das Gefühl, jemanden zu verlieren, der noch körperlich da ist, ist zutiefst schmerzhaft und verwirrend. Es klingt, als ob du deinen Mann sehr liebst und ihn als die Person in Erinnerung behalten möchtest, die er einmal war.
Während du durch diesen Schmerz gehst, sei geduldig mit dir selbst. Es gibt keinen festen Zeitrahmen für den Umgang mit solchen Verlusten. Es ist wichtig, Hilfe und Unterstützung zu suchen, sei es von Freunden, Familie oder professionellen Therapeuten, um deine Gefühle zu verarbeiten und damit umzugehen.
Diese Erfahrung ist äußerst schmerzhaft, und es ist normal, dass du dich fragst, warum solche Dinge passieren müssen. Es gibt keine einfachen Antworten auf solche Fragen. Es ist okay, sich durch diese schweren Emotionen zu bewegen und sie anzunehmen, während du deinen Weg findest, mit dieser Situation umzugehen. Wenn du das Gefühl hast, dass es dir helfen könnte, deine Gedanken weiter auszudrücken oder mehr Unterstützung zu erhalten, dann nimm dir die Zeit, die du brauchst, um das zu tun.

Wenn du das Gefühl hast, dass du mit deinem Mann sprechen möchtest, könnte ein ruhiges und einfühlsames Gespräch eine Möglichkeit sein, um nach ihm zu erkundigen. Es kann helfen, ihm zu zeigen, dass du immer noch für ihn da bist, auch wenn ihr getrennte Wege geht. Vielleicht könntest du ihm mitteilen, dass du die Karte erhalten hast und dich nach seinem Befinden erkundigen möchtest. Sei darauf vorbereitet, dass er möglicherweise nicht in der Lage ist zu antworten oder dass seine Antworten begrenzt sind.
Für deine Kinder ist diese Situation sicherlich ebenfalls sehr belastend. Es könnte hilfreich sein, für sie da zu sein und ihnen ein offenes Ohr zu bieten, um über ihre Gefühle zu sprechen und sie zu unterstützen, wenn sie nach ihrem Vater fragen oder ähnliche Emotionen erleben.
Es ist wichtig zu verstehen, dass du nicht gegen die Schwierigkeiten ankämpfen musst, die diese Situation mit sich bringt. Es ist okay, dich zu fühlen, wie du fühlst, und es gibt keine richtige oder falsche Art, damit umzugehen. Wenn du das Gefühl hast, dass es dir guttun könnte, könntest du dich an professionelle Unterstützung wie Therapeuten oder Berater wenden, um dir in dieser schwierigen Zeit helfen zu lassen.
 
Dabei
23 Nov 2016
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#55
Hallo ihr Lieben, hier kommt wieder ein Update von mir.

Mein Mann hat sich bei mir gemeldet, schon mehrmals per WA, aber vergangene Woche haben wir zum ersten Mal seit fast 4 Monaten telefoniert. Er sprach recht flüssig, jedenfalls besser, und wir haben uns wirklich ganz gut und lange unterhalten. Er hatte Geburtstag gehabt, das war der Anlass gewesen.

Im Gespräch wurde deutlich, dass er uns ziemlich vermisst und er sich sehr allein fühlt. Er wäre lieber wieder bei uns, meinte er. Es war nicht die richtige Entscheidung, das wüsste er schon seit Weihnachten.

Ich weiß nicht so recht, was ich darüber denken soll oder was ich damit jetzt anfangen soll. Für mich wäre es tatsächlich schwierig, wenn er einfach wiederkommen würde. Ich habe die Zeit, seitdem er sich von mir getrennt hat, damit zugebracht, mich an ein Leben ohne ihn zu gewöhnen, die Dinge, die geschehen sind, irgendwie zu verarbeiten und meine Gefühle und Gedanken in den Griff zu bekommen. Ich kann das nicht einfach beiseite schieben.
Auf der anderen Seite ist er mir natürlich nicht egal. Er fehlt mir auch, sonst wäre es ja nicht so schwer gewesen. Ich weiß nur nicht, wie oder wer er gerade ist und ich kann das schlecht herausfinden, weil die Entfernung so groß ist, dass ich nicht mal eben hinfahren kann.

Ich habe am Telefon nicht so viel dazu gesagt, weil ich das in diesem ersten Gespräch nicht wollte und auch nicht gewusst hätte, was ich sagen sollte. Aber dass die Trennung für mich plötzlich kam und sehr hart für mich war und ich seinen Entschluss nicht verstehen konnte, habe ich ihm schon gesagt.

Jedenfalls habe ich jetzt wieder viele Fragezeichen im Kopf und keine Ahnung, was oder ob ich etwas tun soll. Ich bin sehr hin- und hergerissen und zwiegespalten. Ich habe große Angst, dass es nochmal so schlimm werden könnte. Obwohl ich ihn vermisse und gerne sehen würde. Blöd alles.
 
Dabei
6 Mrz 2013
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#56
Es ist natürlich schwer, dazu was zu sagen. Ich hab mir spontan Folgendes gedacht:
Ich finde es sehr schön, dass ihr so ein Gespräch hattet. Es macht auch traurig, zu hören, dass er jetzt sagt, dass er euch vermisst und dass das eine falsche Entscheidung gewesen sei. Aber man kann jetzt nicht alles zurückdrehen und dann stattdessen den anderen Weg gehen. Wenn das jetzt nicht nur eine Momentaufnahme war, werdet ihr noch mehr solche Telefonate haben, und vielleicht werdet ihr euch auch irgendwann wieder treffen. Aber mehr muss jetzt erst mal nicht sein, und wie es weitergeht, wirst du sehen.
 
Dabei
3 Jan 2019
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#57
Das sehe ich ähnlich wie @Twi-n-light und finde, dass es Zeit braucht bis ihr wieder zusammenfinden könnt. Wie @Badesalz schreibt, hat sie sich gerade einigermaßen daran gewöhnt, ohne ihn zu sein. Just kommt er wieder an und spricht davon. dass die Trennung ein Fehler war. Ich finde, da musst Du aufpassen, dass es kein "Hüh und Hott" wird...
 
Dabei
24 Sep 2017
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#59
Wäre es eine andere Situation würde ich sagen, distanzier dich von ihm und lass ihn lernen, dass er so nicht mit Menschen umgehen kann (sie verletzen, von sich stoßen, das Ganze durchziehen und abhauen, dann aber wieder herkommen), aber die Situation ist nunmal, dass er sterben wird.
Das erlaubt nicht alles.
Du musst nur abwägen, was du später weniger bereuen wirst. Vielleicht habt ihr noch ein paar schöne Jahre. Vielleicht ist es dir das alles nicht wert und es wäre völlig okay.
 
D

Deutschspezi2.0

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#60
Wäre es eine andere Situation würde ich sagen, distanzier dich von ihm und lass ihn lernen, dass er so nicht mit Menschen umgehen kann (sie verletzen, von sich stoßen, das Ganze durchziehen und abhauen, dann aber wieder herkommen), aber die Situation ist nunmal, dass er sterben wird.
Das erlaubt nicht alles.
Du musst nur abwägen, was du später weniger bereuen wirst. Vielleicht habt ihr noch ein paar schöne Jahre.
Oh, Sorry, daran habe ich gar nicht gedacht.
@ Badesalz @ Zufallsgenerator
 

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