Unterschiedliche Lebensvorstellungen

Dabei
23 Nov 2016
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#1
Hallo liebes Forum,

ich habe hier länger nicht geschrieben, aber manchmal ist es doch gut, wenn man sich Unbeteiligten mitteilen kann.

Seit 7 Jahren bin ich (w.,43 J.) mit meinem Mann (48 J.) zusammen. Wir leben seit 6 Jahren mit meinen beiden Kindern im Teenie-Alter aus erster Ehe als Patchwork-Familie zusammen.

Es gibt Phasen, da läuft alles richtig gut, kaum Stress und Streit, sondern alle sind relativ zufrieden. Und dann gibt es Phasen, da ist es richtig schwierig.

Es wird euch nicht wundern, aber ich schreibe euch über die schwierigen Phasen. Jetzt ist wieder so eine schwierige Zeit.

Mein Mann arbeitet aus gesundheitlichen Gründen seit 6 Jahren nicht mehr, seit 1 Jahr ist er in Frührente. Ich bin quasi vollzeitbeschäftigt. Leider zeigt sich an dieser Konstellation immer wieder, wie weit unsere Zukunftsvorstellungen auseinanderdriften. Während er eigentlich immer Ruhe will / braucht, möglichst wenig unternimmt, möglichst wenig verändern will und dementspechend auch wenig neue Anregungen, Themen, Bekanntschaften mitbringt, bin ich leider das genaue Gegenteil. Ich bin im aktiven Arbeitsleben mit dem Stress, den das mit sich bringt. Aber ich habe auch ständig neue Ideen und Projekte, die ich umsetzen will. Das wiederum stresst meinen Mann. Während ich beruflich Pläne habe und auch in Bezug auf unser Zuhause noch einiges verändern, erneuern will, will er alles genauso lassen, wie es ist. Es erschöpft und überfordert ihn bereits, wenn ich einen Schrank umstellen oder neue Stühle kaufen will. Das wiederum frustriert mich enorm, weil ich ja noch nicht alt bin und ich nicht weiß, auf was ich warten soll. Entweder setze ich jetzt meine Pläne um oder eben nie mehr. Ich habe Angst, dass ich mein Leben nicht so gestalten kann, wie ich es gerne möchte.

Aber sobald ich eine Idee habe, reagiert mein Mann ablehnend und genervt. Er zieht sich komplett zurück. Das kann ich auch verstehen, er ist gesundheitlich nicht in der Lage, mehr zu tun. Das erwarte ich auch nicht von ihm. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, ödet es mich an, wenn er zum x-ten Mal nur davon erzählt, wo er mit dem Auto herumgefahren ist, welche Strecke er mit dem Hund Gassi gegangen ist und welche Sportübung er gemacht hat, während ich den ganzen Tag arbeiten war. Es ist halt immer das gleiche. Meistens will ich nach einem anstrengenden Arbeitstag, an dem ich manchmal mit hundert verschiedenen Menschen zu tun gehabt hatte, erst einmal gar nicht reden, wenn ich heimkomme. Schon gar nicht über die letzte Gassirunde oder den entspannenden Schwimmbadbesuch. Obwohl ich verstandesmäßig weiß, dass er dies alles natürlich wegen seiner Krankheit macht, bringt es mich trotzdem mittlerweile auf die Palme. Es ödet mich tatsächlich richtig an, leider. Das habe ich ihm auch schon schonend versucht beizubringen. Aber er hat nach einem Tag, an dem er niemanden gesehen hat, natürlich ein gewisses Redebedürfnis und erzählt es trotzdem immer wieder. Im Grunde jeden Tag.

Man könnte unser Dilemma so zusammenfassen: während mein Mann aufgrund einer schweren Erkrankung froh ist, wenn er möglichst ruhig
und mit immer denselben Abläufen Tag für Tag in seinen Lebensabend hineinlebt und keine Zukunftspläne mehr hat, möchte ich meine Zukunft und die meiner Kinder (die im Übrigen auch gerade anfangen, Pläne zu machen…) aktiv gestalten, meine bzw. unsere finanzielle Sicherheit ausbauen und für mein eigenes Alter erst mal VORSorgen. Ich muss ja noch mehr als 20 Jahre lang arbeiten.

Es fühlt sich an, als würde ich mit einem alten Mann zusammenleben. Das hat sich in den vergangenen Monaten auch verschlechtert, vorher war er noch mal zu einer Aktivität zu animieren.

Es wäre alles weniger dramatisch, wenn es nicht auch die Kinder so betreffen würde. Wie bereits erwähnt, fühlt sich mein Mann von jeder kleinsten Unruhe oder Veränderung gestresst. Das ist aber in einem Haushalt mit Kindern bzw. Teenies gar nicht zu vermeiden. Er ist dann sehr maulig, genervt und fährt besonders die Kinder verbal an, weil er sich von ihnen gestört fühlt. Ich finde aber nicht, dass sie sich irgendwie daneben benehmen. Im Gegenteil sind es wirklich unkomplizierte Kinder. Nur ist er sehr empfindlich. Besonders zurzeit ist es extrem. Mein Mann hat mehr als 5 Jahre lang Antidepressiva verschrieben bekommen, die er gerade ausschleicht und absetzt. Seine Stimmung ist sehr oft auf dem Tiefpunkt und er ist teilweise extrem übellaunig, gereizt und verliert sofort die Geduld. Man bewegt sich wie ein Zombie durchs Haus. Ich selbst versuche das auszublenden und kann es ja auch nachvollziehen. Aber für die Kinder ist es schwierig, das zu ertragen.

Mir ist klar, dass es da keine Lösung gibt, aber ich wollte es mir mal von der Seele schreiben.
 
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Dabei
24 Sep 2017
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#2
Hey @Badesalz,
du bist mit einem Greis zusammen, trotz seines Alters; das hat Vor- und Nachteile. Er hat in seinen Augen vermutlich eine gute Balance aus Action und Ruhe, nur dass du halt seine Action bist und selbst keine Ruhe hast.
Ich habe auch keine wirklichen Tipps mehr weil mir das Konzept von "nichts mehr wollen" erst kürzlich so richtig bewusst wurde als ein älterer Nachbar zu mir sagte: "Ich habe jetzt X€ auf dem Konto, was soll ich denn damit?!" und ich hab's als Alte Leute Talk abgespeichert - aber ein paar Stunden später hat es mir gedämmert... Ja, da ist kein Ort mehr auf der Welt, keine Neuerung, kein Buch, kein Film (nicht mal Star Wars), keine Beschäftigung, keine neue Bekanntschaft, kein Wille mehr... gut, so dramatisch ist das bei euch wahrscheinlich nicht, aber es geht ein wenig in die Richtung...
Kann er sich denn nicht geistig mit irgendwas beschäftigen? Also gibt es kein Hobby, dem er nachgehen könnte, nichts wo er hingehen könnte? Kein Fernstudium oder so, bei dem er Unterlagen zugeschickt bekommt, die er durcharbeiten muss? Nichts um seinen Geist scharf zu halten? Denn erfahrungsgemäß wird es ja mit der Zeit nicht besser, sondern schlechter.
Dabei hätte ich gedacht, dass das diese Generation nicht mehr so stark trifft, wenn die Arbeit wegfällt - weil uns ja eingetrichtert wird, dass faul zu sein das Schlimmste ist... Oder so. Dabei ist das ja wohl kaum faul sein, wenn man lebt. Und selbst wenn, wenn dadurch die Zivilisation zusammenbricht, hat sie es eh verdient... Äh.
Er und du müssen aufpassen, dass er für dich dann nicht eine weitere Aufgabe wird. Ihn zu bespaßen, zu unterhalten, die Freizeitgestaltung sein.
Das ist mit Depression ja auch schwierig für ihn, setzt er das Antidepressiva denn in Zusammenhang mit einer Therapie ab?
 
Dabei
6 Mrz 2013
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#3
Hallo Badesalz,

ich kenne ja noch eure Geschichte bzw erinnere mich noch daran.

Was gibt dir diese Beziehung eigentlich (aktuell/ mittlerweile noch)?

Ich kann mir zB schon vorstellen, mit einem Mann zusammen zu sein, der aus gesundheitlichen Gründen körperlich eingeschränkt ist oder der nicht verreisen mag o.Ä. Ich würde dann solche Dinge, auch wenn es viele sind, ohne ihn, also mit anderen oder alleine machen. Aber: Er müsste mir dann irgendwas (anderes) geben, was unterm Strich ein Gewinn für mich ist. ZB Halt in schwierigen Situationen, wenn ich den bräuchte. Oder tolle Gespräche über Dinge die mich interessieren. Ich hab kein Problem damit, unterschiedliche Dinge mit unterschiedlichen Menschen oder eben alleine zu machen. Keiner muss sich für alles zuständig fühlen. Aber wenn da NICHTS rüberkommt und der Betreffende mich sogar beim Leben stört (so wie er deine Kinder stört, auch wenn er es genau andersherum sieht), dann wüsste ich ehrlich gesagt nicht, warum ich mir das geben sollte.

Klar, ihr habt gemeinsam furchtbare Zeiten durchgestanden, aber irgendwie will man davon auch mal was haben, stimmts?

Mein Mann hat mehr als 5 Jahre lang Antidepressiva verschrieben bekommen, die er gerade ausschleicht und absetzt. Seine Stimmung ist sehr oft auf dem Tiefpunkt und er ist teilweise extrem übellaunig, gereizt und verliert sofort die Geduld.
Warum setzt er diese ab? Ist dieser Stimmungszustand vorübergehend, bis die Medikamente abgesetzt sind, oder rechnest du damit dass er ohne die Medikamente so überllaunig und gereizt bleibt?
 
Dabei
6 Feb 2017
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#4
Hallo Badesalz :)
Deine Kinder sind inzwischen Teenager, krass... time flies.

Habt ihr eigentlich mal eine Paartherapie gemacht? Die Vorschläge von Zufallsgenerator klingen zwar sinnvoll, aber ich bin mir gerade nicht sicher, ob dein Mann überhaupt die Motivation hätte sich ein neues Hobbie oder Interesse zu suchen, da er ja selbst kein Problem mit seinem Lebensstil hat, sondern du.

Ich kenne ja jetzt Depression ein bisschen besser, auch aus der Perspektive der Partnerin, und kenne die Phasen, in denen die Zuwendung und Wertschätzung zurückgeht und man dem Partner aber auch ansieht, dass das keine Entscheidung ist, die zu entziehen, sondern einfach eine Unfähigkeit, sie zu geben. Und ich kenne das auch, dass man die eigenen Bedürfnisse nach Partnerschaftlichkeit dann zurückgestellt und sich zeitgleich innerlich fragt, wie weit man denn aber nun bereit ist, sie zurückzustellen und wie lange.

Ich muss dazu sagen, ich schreibe jetzt aus der Perspektive der Person, die sich letztlich getrennt hat.
Ich hab, wenn ich in den schlechten Phasen war, immer versucht wieder rauszuzoomen und das große Bild zu sehen - wie der Graph quasi verlaufen ist, seit Ausbruch der Krankheit. Also ob es zwar Auf und Abs gab, aber tendenziell steigend, oder tendenziell fallend. In welchem Maß das für einen steigen muss, damit man die Beziehung noch an einem Punkt ankommen sieht, an dem man sie sich wünscht, ist da vermutlich für jeden anders.

Wie ist es denn bei dir - wie bringt er sich in euer Leben ein, abgesehen vom Gassi gehen und Auto fahren. Macht er den Haushalt, während du arbeitest? Beschäftigt er sich mit den Kindern, nutzen sie ihn auch mal als Bezugsperson, um nach Rat zu fragen? Kocht er? Geht ihr ab und an zusammen aus? - diese Fragen jetzt auf seine guten Phasen bezogen, nicht die schlechte jetzt gerade.

Wünsche dir jedenfalls alles Gute!!! :)
 
Dabei
6 Feb 2017
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#5
Ah, was mir auch noch einfällt:

Ich hab damals kurz vor meiner Trennung eine "Selbsterfahrung" mit einer Freundin gemacht. Das ging so, dass wir aus meiner Person verschiedene Eigenschaften zu verschiedenen Personen erklärt haben, also ich hatte dann irgendwie "die Neugierige", "die Pflichtbewusste", "die Egoistische", "die Emotionale", "die Ehrliche" und noch paar andere.. Jede dieser Personen musste ich definieren, was sie ausmacht. Und dann sollte ich beschreiben, wie ich sie am liebsten auf einer Bühne platzieren würde, also wer vorne stehen sollte und wer seitlich und wer hinten usw. Das hat meine Freundin währenddessen auf ein Blatt Papier gezeichnet.
Und dann sollte ich beschreiben, wie diese verschiedenen Personen in meiner Beziehung zu meinem damaligen Freund auf der Bühne stehen, und das hat sie auch aufgezeichnet.
Und dann hat sie mir beide Bilder gezeigt und wir haben es durchgesprochen und dann wusste ich damals immer noch nicht, was ich jetzt konkret machen soll, aber es war trotzdem interessant. ;)
 
Dabei
6 Mrz 2013
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#6
Cool dass ihr zwei wieder da seid!

Das mit der Selbsterfahrung erinnert mich an Familienaufstellung … (kenne mich damit gar nicht aus)
 
Dabei
23 Nov 2016
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#8
Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für eure lieben Antworten. Idkat, ich habe mich über deine Antwort wie blöd gefreut, ich habe in der Vergangenheit immer wieder an dich denken müssen. Ich habe mich gefragt, wie es dir geht und was du wohl so machst…

Seit meinem Beitrag war ich zwischenzeitlich ein paar Tage mit meinem Mann an der See. In einem Ferienhaus, in dem wir schon des Öfteren waren. Es war schon seit Längerem geplant, weil ich im Sommer einen längeren Urlaub nur mit meinen Kindern verbracht hatte und mein Mann zu Hause geblieben ist. Ich hatte mich eigentlich damit abgefunden und ganz gut arrangiert, dass wir keine Familienurlaube im klassischen Sinne machen. Oder gemeinsam an andere Orte oder weiter weg fahren. Ich respektiere, dass einige Dinge eben nicht funktionieren.

Ich kann mir zB schon vorstellen, mit einem Mann zusammen zu sein, der aus gesundheitlichen Gründen körperlich eingeschränkt ist oder der nicht verreisen mag o.Ä. Ich würde dann solche Dinge, auch wenn es viele sind, ohne ihn, also mit anderen oder alleine machen.
Das mache ich auch. Es gibt vieles, was ich alleine, mit meinen Geschwistern, meinen Kollegen oder mit meinen Kindern unternehme. Das ist für mich okay.

Aber: Er müsste mir dann irgendwas (anderes) geben, was unterm Strich ein Gewinn für mich ist.
Es war lange Zeit so, dass ich gesagt habe: ich finde seinen Humor toll. Er bringt mich fast jeden Tag zum Lachen. Es hört sich jetzt paradox an, aber er hat oft ansteckend gute Laune, er kann sehr smart und einnehmend sein. Er hört mir zu, wenn ich jemanden brauche, um über den Ärger im Job oder die kleinen und großen Alltagssorgen zu reden. Wir reden beide gerne über Kunst, Kultur, über politische und Gesundheits-Themen und haben sehr ähnliche Ansichten in vielen Bereichen. Manchmal ist es so, dass wir beide das Gleiche aussprechen, weil wir gerade das Gleiche denken.
Oft hatte ich das Gefühl, dass ihm an einer gemeinsamen Zukunft liegt und er hat mir immer und immer wieder gezeigt, z.B. durch kleine Aufmerksamkeiten, wie sehr er mich schätzt und liebt. Er nimmt sich meine Ratschläge an, weil er mich für kompetent hält (ja, nicht überall, aber es gibt bestimmte Bereich ;-)) und mir ist seine Meinung wichtig, wenn es um Einrichtung, Stil, Gesundheit u.v.m. geht. Natürlich gibt es Gründe, warum er mir wichtig ist und warum ich all die schwierigen Zeiten mit ihm durchgestanden habe.

Jetzt kommt das Aber:

Seit ein paar Wochen, etwa seit wir aus dem Sommerurlaub zurückgekommen sind, ist es anders.

Sein Humor ist einem Zynismus und Sarkasmus gewichen. Er sieht nur die Fehler anderer. Es ist nun mehrfach vorgekommen, dass er sich mit Unbeteiligten grundlos „anlegt“ und Streit sucht oder sie heruntermacht (in unserem Urlaub puzt er in meinem Beisein einen Mitarbeiter in einem Schnellrestaurant herunter; sowas geht gar nicht). Er ist reizbar, extrem ungeduldig, verhält sich unwirsch, zieht sich stundenlang zurück. Es gibt keine Zukunftspläne, Anregungen, eigenen Ideen oder Ziele mehr; meine Erwartungen an ihn sind daher auf Null gesunken, weil er nicht bereit ist, mehr zu tun oder sich einzubringen, als unbedingt notwendig. Das bezieht sich im Grunde auf alle Dinge des täglichen Lebens.

Der für mich schlimmste Punkt ist das ständige Kritisieren, Herummäkeln, Schlechtreden und das Herabwürdigen durch sarkastisch-ironische Kommentare. Das ist für mich absolut inakzeptabel. Ich reagiere darauf sehr empfindlich und ich habe demgegenüber eine sehr geringe Toleranz, da es gerade für Kinder total schädlich ist und meine Gefühle für ihn erstickt. Nachdem ich eine Ehe hinter mir habe, in der ich mir das über einen viel zu langen Zeitraum habe gefallen lassen, und es am Ende eskaliert ist, habe ich mir selbst geschworen, dass ich das nie wieder mitmachen werde. Nun bin ich an einem Punkt, wo meine persönliche Grenze erreicht ist.

Sein Verhalten und der Zustand, wie er nun seit einigen Wochen anhält, ist für eine Partnerschaft untragbar. Ich merke, wie ich emotional auf Distanz gehe und ihn mit anderen Augen sehe. Nicht mehr als Partner, sondern als Mensch, den ich nicht im Stich lassen kann, mit dem ich aber nicht mein Leben verbringen will.

Ich kenne ja jetzt Depression ein bisschen besser, auch aus der Perspektive der Partnerin, und kenne die Phasen, in denen die Zuwendung und Wertschätzung zurückgeht und man dem Partner aber auch ansieht, dass das keine Entscheidung ist, die zu entziehen, sondern einfach eine Unfähigkeit, sie zu geben. Und ich kenne das auch, dass man die eigenen Bedürfnisse nach Partnerschaftlichkeit dann zurückgestellt und sich zeitgleich innerlich fragt, wie weit man denn aber nun bereit ist, sie zurückzustellen und wie lange.
Ich WEISS, dass sich mein Mann nicht so verhält, weil er keine Lust mehr auf uns hat oder er irgendwem schaden will. Sondern er verhält sich so, weil es ihm extrem schlecht geht. Er sagt es selber und man sieht es ihm an. Er schläft schlecht, er hat vor allen möglichen Dingen Angst. Angst, schon in alltäglichen Situationen zu versagen, Angst mich zu verlieren, Angst nichts wert zu sein usw. Er fängt eine Aufgabe erst gar nicht an, weil er denkt, dass er es ohnehin nicht schafft. Das lähmt ihn und verhindert jede Aktivität. Er überlegt manchmal wohl auch, ob sein Leben überhaupt Sinn ergibt. Er versinkt in endlosen Gedankenschleifen und Selbstmitleid und kann dann nur noch um sich selbst kreisen und sich in dem Moment nicht in die Gefühle und Probleme anderer versetzen.

Das Paradoxe ist, dass er dennoch manchmal strahlend gute Laune an den Tag legt. Als Außenstehender sieht man ihm gar nichts an. Er wirkt anderen gegenüber erst mal normal. Selbst ich bekomme oft nicht mit, wie es ihm wirklich geht. Auch die Ärzte oder Therapeuten, die er bisher hatte, sind häufig der Meinung, dass es nur eine leichte depressive Phase wäre. Das ist es aber ganz sicher nicht. Ich selbst denke, dass er eine so genannte Smiling Depression hat. Und zwar eine schwere.

Aber was nützen mir diese Erkenntnisse?

Ich weiß nämlich auch, dass er zu wenig Mut, Selbstvertrauen und Kraft hat, um wirklich etwas zu ändern. Und die kann ich ihm auch nicht geben.
Es wird also alles so bleiben.
Es wird einem überall suggeriert, dass Depressionen zwar eine Erkrankung seien, aber dass man sie gut heilen könne. Man nimmt Antidepressiva, macht eine Therapie und alles wird gut.

Das stimmt aber nicht.

Er wird es nicht schaffen, diese starken Depressionen so in den Griff zu bekommen, dass es eines Tages wieder „normal“ wird.

Für mich geht es jetzt darum, dass ich in meinem Mann einerseits keinen Partner mehr sehe, mit dem ich weiterhin eine „normale“ Beziehung führen kann. Dass ich auf der anderen Seite aber auch nicht jemanden einfach vor die Tür setzen kann (salopp gesagt), der mir nicht egal und gleichzeitig schwer krank ist.
 
Dabei
6 Mrz 2013
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#9
Der für mich schlimmste Punkt ist das ständige Kritisieren, Herummäkeln, Schlechtreden und das Herabwürdigen durch sarkastisch-ironische Kommentare. Das ist für mich absolut inakzeptabel. Ich reagiere darauf sehr empfindlich und ich habe demgegenüber eine sehr geringe Toleranz, da es gerade für Kinder total schädlich ist und meine Gefühle für ihn erstickt. Nachdem ich eine Ehe hinter mir habe, in der ich mir das über einen viel zu langen Zeitraum habe gefallen lassen, und es am Ende eskaliert ist, habe ich mir selbst geschworen, dass ich das nie wieder mitmachen werde. Nun bin ich an einem Punkt, wo meine persönliche Grenze erreicht ist.
Das kann ich sehr gut nachfühlen. Es ist gut dass du deine Grenzen kennst und dass du offenbar auch bereit bist, Konsequenzen aus nachhaltigen Grenzüberschreitungen zu ziehen.
Ich WEISS, dass sich mein Mann nicht so verhält, weil er keine Lust mehr auf uns hat oder er irgendwem schaden will. Sondern er verhält sich so, weil es ihm extrem schlecht geht. Er sagt es selber und man sieht es ihm an. Er schläft schlecht, er hat vor allen möglichen Dingen Angst. Angst, schon in alltäglichen Situationen zu versagen, Angst mich zu verlieren, Angst nichts wert zu sein usw. Er fängt eine Aufgabe erst gar nicht an, weil er denkt, dass er es ohnehin nicht schafft. Das lähmt ihn und verhindert jede Aktivität. Er überlegt manchmal wohl auch, ob sein Leben überhaupt Sinn ergibt. Er versinkt in endlosen Gedankenschleifen und Selbstmitleid und kann dann nur noch um sich selbst kreisen und sich in dem Moment nicht in die Gefühle und Probleme anderer versetzen.
Hast du denn eine Ahnung, ob es etwas Bestimmtes gibt, woran diese Abwärtsschleife festgemacht werden kann?
Du schreibst ja, dass das nach dem Urlaub so gekommen ist.
Mit Depressionen kenne ich mich nicht aus, ich weiß also nicht, ob es da überhaupt irgendwelche Trigger/ Ursachen gibt/ geben muss.

Ich weiß nämlich auch, dass er zu wenig Mut, Selbstvertrauen und Kraft hat, um wirklich etwas zu ändern. Und die kann ich ihm auch nicht geben.
Es wird also alles so bleiben.
Es wird einem überall suggeriert, dass Depressionen zwar eine Erkrankung seien, aber dass man sie gut heilen könne. Man nimmt Antidepressiva, macht eine Therapie und alles wird gut.

Das stimmt aber nicht.

Er wird es nicht schaffen, diese starken Depressionen so in den Griff zu bekommen, dass es eines Tages wieder „normal“ wird.
Naja, eigentlich sind das 2 Extreme, und man kann doch von beidem nicht sagen dass es zutrifft. Also weder "Das wird sich nicht mehr ändern" noch "Das kriegt er schon in den Griff".



Für mich geht es jetzt darum, dass ich in meinem Mann einerseits keinen Partner mehr sehe, mit dem ich weiterhin eine „normale“ Beziehung führen kann. Dass ich auf der anderen Seite aber auch nicht jemanden einfach vor die Tür setzen kann (salopp gesagt), der mir nicht egal und gleichzeitig schwer krank ist.
Irgendwie muss ich da an einen Ex von mir denken. Der war sehr lange mit seiner Ehefrau zusammen, die nach meinem Eindruck (ich kannte sie nur aus seinen Erzählungen) nie wirklich (allein) lebensfähig war. Die letzten langen Jahre hatte sie dann Depressionen, die das ganze Leben der beiden bestimmt haben. Er war auch so dass er sich für sie verantwortlich gefühlt hat, obwohl (nach meinem Eindruck) er keinen oder kaum positiven Input aus dieser Ehe hatte.
Und dann passierte Folgendes: SIE hat IHN in einer Nacht und Nebel-Aktion völlig überraschend verlassen. Er war total irritiert und verletzt deswegen, aber ihr ging es besser. Vielleicht ist da auch eine Last von ihr abgefallen, wie eine "normale" Ehefrau funktionieren zu müssen, mit ihm auf Augenhöhe zu sein obwohl sie das nicht schaffte, usw.

Also ich halte es gar nicht für abwegig, dass ihr euch als Paar trennt - ggf du dich von ihm - und ihr dann trotzdem weiterhin Kontakt habt, aber ebenn nicht mehr als Paar mit all den (unerfüllbaren) Anforderungen.
 
Dabei
6 Feb 2017
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#10
Danke Badesalz :D Ich hab sporadisch ab und an in dieses Forum geschielt, aber ich hatte nie das Bedürfnis oder die Muße meinen eigenen Senf beizusteuern. Dass ich jetzt dieses eine Mal deinen Thread oben direkt gesehen hatte, war glückliches Timing. Da wollte ich dann auch was schreiben. :)

Twi-n-light hat gesagt.:
Also ich halte es gar nicht für abwegig, dass ihr euch als Paar trennt - ggf du dich von ihm - und ihr dann trotzdem weiterhin Kontakt habt, aber ebenn nicht mehr als Paar mit all den (unerfüllbaren) Anforderungen.
So ähnlich hatte ich auch gedacht. Eine Trennung muss ja kein "vor die Tür setzen" sein, es kann auch eine Hilfestellung sein, um auf eigenen Beinen zu stehen. Und sie muss ja auch nicht zwangsläufig direkt übers Bein gebrochen werden, nur weil sie besprochen wurde.
Aber vermutlich wäre es dennoch erst mal verletzend für deinen Partner und es kann natürlich auch sein, dass er da dann gar keine Unterstützung mehr von dir annehmen wollen würde.
Prinzipiell ist es auch noch mal mehr belastend (weiß ich) in einer schlechten Phase der Depression die Trennung zu wollen. Aber mein Stiefvater sagt immer, manche Sachen muss man den Schutzengeln überlassen.

Also dieses Fürsorgebedürfnis ausgeräumt, hättest du keine weiteren Zweifel einer Trennung gegenüber?
 
Dabei
22 Aug 2011
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#11
Für mich geht es jetzt darum, dass ich in meinem Mann einerseits keinen Partner mehr sehe, mit dem ich weiterhin eine „normale“ Beziehung führen kann. Dass ich auf der anderen Seite aber auch nicht jemanden einfach vor die Tür setzen kann (salopp gesagt), der mir nicht egal und gleichzeitig schwer krank ist.
Doch, vor die Tür setzen kannst Du ihn - wenn es erforderlich ist, um Dich und Deine Kinder zu schützen. Und nach dem, was Du schreibst, scheint das der Fall zu sein.

Das bedeutet aber nicht, dass Du ihn im Stich lassen musst. Von "dafür sorgen, dass er gut untergebracht ist" bis zu "Beziehung in getrennten Wohnungen weiter führen" gibt es viele mögliche Modelle. Was braucht er - und was kannst Du leisten? Das lässt sich natürlich nicht mal eben festlegen, dafür ist viel Reden und Ausprobieren nötig. Und vielleicht scheitert der Versuch auch. Aber viel schlimmer als jetzt kann es für Dich und die Kinder doch kaum werden, oder?
 
Dabei
23 Nov 2016
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#12
Hast du denn eine Ahnung, ob es etwas Bestimmtes gibt, woran diese Abwärtsschleife festgemacht werden kann?
Nein, warum es jetzt gerade so schlecht ist, weiß ich nicht. Er im Übrigen auch nicht. Da könnte man nur spekulieren. Das haben wir schon getan, aber es hat uns nicht weitergebracht. Ich denke, es ist so vielschichtig, dass man nicht DIE Ursache benennen kann.

Naja, eigentlich sind das 2 Extreme, und man kann doch von beidem nicht sagen dass es zutrifft. Also weder "Das wird sich nicht mehr ändern" noch "Das kriegt er schon in den Griff".
Ich denke, dass man selbst einen echten Willen zur Veränderung haben muss. Ich habe es in den letzten 7 Jahren nur selten erlebt, dass er sich für etwas einsetzt oder um etwas kämpft. Wenn man keine Kraft und keinen Willen zur Veränderung hat, wer soll diese Veränderung denn herbeiführen?

Irgendwie muss ich da an einen Ex von mir denken. Der war sehr lange mit seiner Ehefrau zusammen, die nach meinem Eindruck (ich kannte sie nur aus seinen Erzählungen) nie wirklich (allein) lebensfähig war. Die letzten langen Jahre hatte sie dann Depressionen, die das ganze Leben der beiden bestimmt haben. Er war auch so dass er sich für sie verantwortlich gefühlt hat, obwohl (nach meinem Eindruck) er keinen oder kaum positiven Input aus dieser Ehe hatte.
Und dann passierte Folgendes: SIE hat IHN in einer Nacht und Nebel-Aktion völlig überraschend verlassen. Er war total irritiert und verletzt deswegen, aber ihr ging es besser. Vielleicht ist da auch eine Last von ihr abgefallen, wie eine "normale" Ehefrau funktionieren zu müssen, mit ihm auf Augenhöhe zu sein obwohl sie das nicht schaffte, usw.

Also ich halte es gar nicht für abwegig, dass ihr euch als Paar trennt - ggf du dich von ihm - und ihr dann trotzdem weiterhin Kontakt habt, aber ebenn nicht mehr als Paar mit all den (unerfüllbaren) Anforderungen
Du meinst, ich verhindere mit meiner Fürsorge und meinem Verantwortungsgefühl seine Entfaltung?
Ich bin sicherlich jemand, auf den man sich verlassen kann, aber man kann sich schlecht auf mir ausruhen. Klar, ich fange ihn emotional und finanziell oft auf. Aber verhindere ich damit, dass er sich selbst finden kann? Das würde mir eine Mitschuld an seiner Situation geben. Das Resultat wäre auch das gleiche, egal ob ich es ihm „zu bequem“ mache oder implizit zu hohe Anforderungen an ihn stelle. Die Schuld läge bei mir. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er viel höhere - nicht erfüllbare - Erwartungen an sich selbst hat als ich an ihn.

Aber ihr habt schon recht: wenn ich mir vorstelle, dass er den ganzen Tag jemanden vor der Nase hat, der Hummeln im Hintern hat und ständig an irgendwas arbeitet, kann das zu noch mehr Frust führen. Ich arbeite zu viel. Ich bin ehrgeizig und ziehe mir leider auch zu viele Aufgaben heran, die ich dann zu bewältigen habe. Das war schon mal Thema zwischen uns. Er war damit sehr unglücklich.
Momentan kann und will ich das aber aus verschiedenen Gründen nicht ändern. Ich müsste jetzt hierzu zu viel schreiben, um das annähernd verständlich zu erklären.

Ja, natürlich kann es sein, dass ich überhaupt nicht die passende Partnerin für ihn bin und es ihm nach einer Trennung besser gehen würde.
Wenn es so wäre, wäre es okay für mich. Es wäre in Ordnung, wenn er sagen würde: du, mir ist das hier alles zu viel mit dir, ich möchte lieber alleine leben.
Ehrlich gesagt würde ich das sogar verständlich finden. Eine Partnerschaft (und dann noch mit mir) und Familie können ja auch anstrengen, schon allein, weil man sich auf andere einlassen muss. Vielleicht ist die Lebensform „Familie“ grundsätzlich nichts für ihn.
Ich könnte mir durchaus eine Form der Freundschaft vorstellen, in der ich ihn unterstütze, wenn er es denn will. Oder eben nicht.
Es ist eben gerade so gut wie unmöglich, eine bezahlbare Wohnung hier in der Nähe zu finden (und er will definitiv hier bleiben) und von seiner Rente ein Leben zu führen, das nicht sehr von dem abweicht, was er bisher gewohnt war. Aber auch das will ich ihm nicht vorschreiben.
Ich habe meine Zweifel, ob ich das Problem bin. Aber wenn es so wäre, stünde ich bestimmt nicht im Wege.
Ich werde das mal ansprechen und ihn fragen, was er möchte.
 
Dabei
23 Nov 2016
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653
#13
Vielleicht ist er auch überhaupt nur deswegen mit mir zusammen, weil er dachte, dass er in dieser Partnerschaft am nächsten an seine eigene Vorstellung, die er vom Leben hat, herankommt. Aber im Grunde ist es nur ein Bild, das er hat, aber das gar nicht zu seinen wirklichen Bedürfnissen und Fähigkeiten passt? Im Sinne von: „Ja, es wäre schön, Frau, Kinder, Haus und Hund zu haben. Aber es überfordert mich und ich will und kann das gar nicht.“ So etwa?
 
Dabei
6 Mrz 2013
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7.567
#14
Du meinst, ich verhindere mit meiner Fürsorge und meinem Verantwortungsgefühl seine Entfaltung?
Nein, das meinte ich nicht. Ich würde mich nicht anmaßen da irgendwelche Vermutungen anzustellen. Ich wollte nur sagen, dass es manchmal sehr erstaunliche Wendungen gibt.
wenn ich mir vorstelle, dass er den ganzen Tag jemanden vor der Nase hat, der Hummeln im Hintern hat und ständig an irgendwas arbeitet, kann das zu noch mehr Frust führen.
Das könnte ich mir auch vorstellen. Aber:
Momentan kann und will ich das aber aus verschiedenen Gründen nicht ändern.
Und das solltest du auch nicht ändern finde ich.
Ich habe meine Zweifel, ob ich das Problem bin.
Da hast du mich evtl falsch verstanden. Du kannst gar nicht sein Problem sein. Er hat es ja in der Hand, alleine weiterzumachen. Möchte er aber doch nicht.
 
Dabei
23 Nov 2016
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#15
Wir haben über unsere unterschiedlichen Vorstellungen gesprochen: darüber, dass er ständig das Gefühl hat, dass ich keine Zeit für ihn oder für uns als Paar habe. Er meinte, dass er gerne mehr mit mir unternehmen möchte oder überhaupt mal etwas unternehmen möchte, und ich aus meiner Sicht aber finde, dass ich nicht weniger arbeiten kann und will und ich mich schon bemühe, dennoch der Familie, also ihm UND den Kindern gerecht zu werden (wir waren ja auch erst ein paar Tage an der See...). Aber dass ich das Gefühl habe, dass quasi alles von mir abhängt und ich mir selbst auch gerecht werden möchte und er sich wenig um Aktivitäten oder Kontakte außerhalb bemüht. So kommt es, dass ich mich eingeengt und unter Druck gesetzt fühle, weil er sich von mir zurückgesetzt fühlt und ich immer diejenige bin, die "zu viel arbeitet". Ich habe ihm gesagt, dass ich das zurzeit nicht ändern kann und will. Denn schließlich gehört das auch zum Leben dazu, dass man etwas tun muss. Und wenn man seinen Kindern etwas mehr bieten möchte.

Wir haben auch seine Stimmungen und das Miteinander mit den Kindern angesprochen. Das Thema Trennung kam auch dran. Er will keine Trennung und er meint, dass ihm das Familienleben nicht zu viel sei, aber er dennoch ständig schlecht gelaunt sei. Er meinte, dass er auch verstehen könnte, dass ich viel um die Ohren habe und er sich dem anpassen würde.

Damit bin ich aber auch nicht unbedingt zufrieden. Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir über Probleme reden. Es ändert nur eben nichts. Er sieht beispielsweise auch, dass er im Grunde keine wirklichen Kontakte oder Anlaufspunkte hat außerhalb von unserer Familie. Und dass das ein Problem ist, weil sich alles auf mich fokussiert. Aber er tut auch nichts, um das zu ändern. Nach solchen Gesprächen ist er dann zeitweise den Kindern gegenüber aufgeschlossener und achtsamer. Er ist dann wirklich bemüht, sich auch mehr einzubringen. Aber es ändert nichts am Grundproblem, dass er seine negative Stimmung nicht in den Griff bekommt.

Bei mir ist es so, dass ich mittlerweile merke, wie ich mich emotional entferne, damit ich nicht jedes Mal denke, dass es besser werden könnte und Hoffnung habe, nur um danach wieder enttäuscht zu werden. Ich verliere das Vertrauen darin, dass er etwas tut, um wirklich an den Kernproblemen zu arbeiten. Das muss ja auch von ihm selbst aus kommen und kann ja nicht nur eine kurzzeitige Folge von z.. B. einem Streitgespräch sein. Nur um mich quasi eine Weile zu beruhigen.

Es gibt auch Dinge, die mir wirklich sehr wichtig sind. Beispielsweise stört es mich immens, dass er am Wochenende regelmäßig hochprozentigen Alkohol trinkt und sich quasi abschießt. Er bleibt dann zwar in seinem Zimmer (wir haben getrennte Schlafräume), hört dabei Musik und lässt sich kaum blicken. Aber die Wohnung stinkt nach Alkohol und wenn er mal hervorkommt, merkt man ihm seinen Rausch deutlich an. Mich stört es extrem. Meist schaue ich dann mit den Kids irgendeinen Film. Es stört mich trotzdem extrem.
Mag sein, dass ich zu empfindlich bin. Schließlich tut er uns nix und zieht sich zurück. Man könnte sagen, dass es seine Sache ist. Das meinte auch die Paartherapeutin, bei der wir mal waren, um solche Dinge anzusprechen.
Aber der Punkt ist, dass ich keinen Mann haben will, der sich regelmäßig abschießt. Das ist in meinem Augen unwürdig und keine sinnvolle Problemlöse-Strategie. Ich verliere die Wertschätzung und denke mir: wie soll ich mich mal fallen lassen oder mich auf ihn verlassen können, wenn es mir mal schlecht gehen sollte, auf jemamden, der mit seinen eigenen Problemen so umgeht?
Er weiß, dass es mich extrem stört. Ändert aber nichts daran.
Die Paartherapie war übrigens nicht sehr erfolgreich.

Ich weiß nicht, welche Wendungen du meinst, Twin. Ich kann nur dieses Trauerspiel nicht jeden Tag anschauen, ohne selbst die Hoffnung komplett zu verlieren. Ich halte nicht fest an dieser Partnerschaft. Mein Verantwortungsgefühl geht nicht so weit, dass ich ihm alles ersparen will oder ihn "bemuttern" muss. Ich finde mich auch nicht unersetzlich.
Aber Fakt ist nun mal auch, dass er selbst nicht gehen will, dass er immer noch eine schwere Krankheit hat und es auch extrem schwierig ist, etwas Bezahlbare auf dem Wohnungsmarkt hier in der Gegend zu finden. Zumal für jemanden mit geringer Rente und Schwerbehinderung. Das kann man ja jetzt nicht einfach ausblenden bei der ganzen Sache und sagen, ja, reicht doch, wenn du dich trennen willst.
 
Dabei
23 Nov 2016
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#16
Was ich mich frage ist, warum sich Beziehungen häufig negativ entwickeln und dann immer in so einem Drama enden müssen. Ich grübel gerade, inwiefern ich mich negativ oder von der Beziehung weg entwickelt habe. Man ist ja im Leben eigentlich immer bemüht, sich positiv zu entwickeln und seine Persönlichkeit zu "verbessern". Man gewinnt ja auch an Erfahrung hinzu in Bezug auf Kommunikation und wie Beziehungen funktionieren.

Dennoch hakt es und offenbar steigert sich (jedenfalls bei mir) trotz aller Bemühungen nicht die Wahrscheinlichkeit, dass eine Beziehung besser hält. Ich denke, dass das fürchterliche Ende meiner 1. Ehe, die ja 14 Jahre dauerte, mein grundsätzliches Vertrauen in eine Beziehung tief erschüttert hat. Das heißt, ich habe aus dieser Ehe zwar eine gewisse "Beziehungserfahrung" mitgenommen, aber leider ist mein Misstrauen auch geweckt worden.
Deswegen war der Start beim Kennenlernen meines jetzigen Mann wohl auch etwas holprig.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich dieser Beziehung jemals richtig vertraut habe. Ich stelle mir diese Frage oft, kann sie mir aber leider nicht beantworten. Vielleicht phasenweise.
Da hat es wohl auch nicht geholfen, dass immer, wenn wir uns mal gestritten haben (was allerdings in der Vergangenheit nicht oft vorkam), vonseiten meines Mannes mit Trennung gedroht wurde. Das wiederum kann natürlich auch damit zusammenhängen, dass er infolge seiner gescheiterten Ex-Beziehungen ebenfalls kein großes Vertrauen in die Dauerhaftigkeit einer Beziehung hatte.

Dennoch würde ich unter'm Strich sagen, dass es für ihn immer eindeutiger war, dass er bleiben will, als für mich. Im Grunde hat er es wohl mehrfach ausgesprochen, aber eine Trennung eigentlich nie gewollt.
Für mich haben an verschiedenen Stellen, die Ereignisse oder Verhaltensweisen meines Mannes dazu geführt, dass sich mein Vertrauen auch nie komplett ausgebildet oder hinreichend vertieft hat. Wobei ich eben gar nicht weiß, ob es sein Verhalten oder mein Denken darüber und die damit verbundenen Ängste waren, was das verhindert hat.

Ich frage mich, ob ich damit, dass ich ihm oder unserer Beziehung nie das volle Vertrauen geschenkt habe, nicht selbst für das Scheitern verantwortlich bin? Ich verzweifel fast an dieser Frage.
 
Dabei
23 Nov 2016
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#17
Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, ob ich jetzt zu viel oder zu wenig Fürsorge in diese Beziehung gesteckt habe...?
 
Dabei
6 Mrz 2013
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#19
Ich hab leider nur wenig Zeit gerade weil ich gleich weg muss, versuche aber doch noch schnell was zu schreiben.
 
Dabei
6 Mrz 2013
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#20
Ich habe ihm gesagt, dass ich das zurzeit nicht ändern kann und will. Denn schließlich gehört das auch zum Leben dazu, dass man etwas tun muss. Und wenn man seinen Kindern etwas mehr bieten möchte.
Ich finde es gut dass du ein ganz klares Bild von deinem Leben hast. Wenn man weiterliest, kommen deine ganzen Selbstzweifel. Das ist wahrscheinlich normal, wenn man alleine für sich über ein Problem nachdenkt. Ich finde trotzdem dass du bei deinen Statements am Anfang dieses Posts richtig liegst.
Er sieht beispielsweise auch, dass er im Grunde keine wirklichen Kontakte oder Anlaufspunkte hat außerhalb von unserer Familie. Und dass das ein Problem ist, weil sich alles auf mich fokussiert.
Ja, er überträgt doch die gesamte Verantwortung für seine Person auf dich. Das geht gar nicht und es zerstört eine Paarbeziehung, weil das eher eine Mutter - Kind Sache ist. Was heißt DU unternimmst zu wenig mit ihm?? DU musst arbeiten, er offenbar nicht. Dann soll er sich halt ein indoor Hoby suchen oder spazieren gehen.
Beispielsweise stört es mich immens, dass er am Wochenende regelmäßig hochprozentigen Alkohol trinkt und sich quasi abschießt.
Das wäre für mich schon ein Trennungsgrund. Zu viel Alkohol kann ich gar nicht ab.
Mag sein, dass ich zu empfindlich bin.
NEIN!!!
Ich weiß nicht, welche Wendungen du meinst, Twin.
Ich wollte einfach nur eine ungewöhnliche Geschichte schildern. Du bist ja der Meinung, dass er eingeht, wenn du ihn verlässt. Dieser Meinung war mein Ex in Bezug auf seine Frau auch. Deswegen hat er sich nie getraut sich von ihr zu trennen. Und dann hat SIE sich von ihm getrennt UND es ging ihr besser danach. Wenn du aus der Geschichte nichts für dich rausziehen kann, dann hat sie halt nicht gepasst und dann vergiss sie ruhig wieder.
Aber Fakt ist nun mal auch, dass er selbst nicht gehen will, dass er immer noch eine schwere Krankheit hat und es auch extrem schwierig ist, etwas Bezahlbare auf dem Wohnungsmarkt hier in der Gegend zu finden. Zumal für jemanden mit geringer Rente und Schwerbehinderung.
Du sollst ihn ja auch nicht rausschmeißen. Man kann auch beim Zusammenleben erst mal auf Distanz gehen und schon mal Verantwortung abgeben, und Erwartungen einstellen. Allerdings kann es sein dass er dann in deinem Haus austickt. Deswegen wäre es schon gut, wenn man für ihn etwas suchen könnte, wo er dann woanders wohnt. Auch wenn es schwierig ist - wenn man es nicht anpackt, ist es "unmöglich".
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich dieser Beziehung jemals richtig vertraut habe.
Ich "vertraue" keiner Beziehung. Wieso auch? Es kann immer was Unvorhergesehenes geschehen, und dann sollte man auch ohne diesen Menschen klarkommen. Solange man ihn hat ist es (hoffentlich) ein Geschenk, wenn es vorbei ist, lebt man halt als Single weiter (zumindest zunächst)
Ich frage mich, ob ich damit, dass ich ihm oder unserer Beziehung nie das volle Vertrauen geschenkt habe, nicht selbst für das Scheitern verantwortlich bin?
Nochmals NEIN!!
 
Dabei
22 Aug 2011
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#21
Ich frage mich, ob ich damit, dass ich ihm oder unserer Beziehung nie das volle Vertrauen geschenkt habe, nicht selbst für das Scheitern verantwortlich bin? Ich verzweifel fast an dieser Frage.
Stell Dir diese Frage nicht - sie ist nicht wichtig. Ihr seid zwei erwachsene Menschen, mit Stärken und Schwächen. Keine dieser Schwächen ist allein dafür verantwortlich, wenn es nicht funktioniert - aber leider scheint es so zu sein, dass die Schwächen in Kombination dazu führen, dass es nicht funktioniert. Zumindest für Dich nicht - für ihn scheint es ja noch aushaltbar. Und das ist das Hauptproblem - er wird Dir nicht helfen. Er hat zwar keine Möglichkeit, die Beziehung so zu verbessern, dass sie für euch beide wieder gut läuft - aber er hat auch keinen Leidensdruck, sie zu beenden.

Die Entscheidung bleibt also bei Dir hängen. Und genau das ist dann auch die Frage, die Du Dir stellen musst: was willst Du - und was kannst Du überhaupt leisten?

Wenn man Deine Beiträge so liest, dann scheint es, dass Deine einzige Motivation, mit ihm zusammen zu bleiben, Dein Verantwortungsgefühl und Dein Mitleid sind. Er ist Dir kein Partner mehr, der Dein Leben bereichert und Dich unterstützt - aber er ist noch jemand, um den Du Dich sorgst und um den Du Dich kümmerst. Dass Du diese Verantwortung ernst nimmst, ehrt Dich. Aber Du hast noch andere Verantwortungen - für Deine Kinder, und für Dich. Schaffst Du das alles? Oder musst Du, so hart es klingt, Ballast abwerfen? Und wenn ja - wer ist am ehesten in der Lage, auf Deine Unterstützung zu verzichten? Und wer würde am meisten profitieren?

Wenn Du es schaffst, allen Beteiligten (inklusive Dir selbst!) gerecht zu werden, dann kannst Du ihn sicher weiter "mitschleppen". Aber ich fürchte, Du schaffst es nicht. Insbesondere deswegen nicht, weil Du die negativen Einflüsse, die er auf Deine Kinder hat (seine verletzenden Kommentare, und diese "Saufen ist okay"-Vorbildwirkung) ja auch irgendwie kompensieren musst.

Vielleicht sehe ich es auch zu einseitig. Vielleicht gibt es ja noch Vieles, womit er Dein Leben und das Deiner Kinder bereichert, und Du hast es nur nicht erwähnt. Und vielleicht erinnert Deine Geschichte mich auch nur zu sehr an meine und ich projiziere ... Mein Ex war auch krank, unsere gemeinsamen Kinder waren noch im Vor- und Grundschulalter, aber ich musste ihn trotzdem irgendwann vor die Tür setzen (finanziell eigentlich gut versorgt, aber er hat das Geld sofort in ein Cabrio gesteckt, und natürlich war ich dann die Böse) .... und dann hat er innerhalb weniger Wochen eine neue Liebe gefunden, die ihn motiviert hat, sein Leben wieder in die Hand zu nehmen, eine Therapie durchzuziehen - also für ihn war die Entscheidung letztlich sehr positiv.

Aber das weißt Du leider vorher nicht .... also triffst Du Deine Entscheidung mit der Möglichkeit im Hinterkopf, dass er ohne Dich komplett abstürzen wird. Macht es nicht leichter. Aber denk dran - Deine Kinder sind auch noch da. Und sie haben ein Recht auf ein glückliches Leben - und auf eine glückliche Mutter.
 
Dabei
6 Feb 2017
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#22
Er ist doch erwachsen, auch wenn er dir nicht unbedingt so vorkommt. Er hat 48 Jahre voll mit Erfahrungen, hat Schicksalsschläge durchlebt, er ist intelligent und gebildet und hat schon Therapien besucht. Das ja alles nicht, um dann nicht zu wissen, was zu tun ist, wenn er auf sich selbst angewiesen ist. Das Wissen besitzt er bestimmt - anwenden tut er es nicht. Und ob das an Unfähigkeit liegt oder an mangelnder Muße/ fehlender Motivation ist auch nicht 100%ig zu beantworten.
Ich kenne das, dass man eine einschlägige Entscheidung erst mit gutem Gefühl treffen kann und erst dann treffen will, wenn man alle möglichen Konsequenzen und zugehörigen Ängste durchdacht hat und sich für jede davon schon mal eine Lösung überlegt hat. Mich zieht das dann manchmal in so einen Strudel der Angst, aus dem ich erst rauskomme, wenn ich mir immer wieder sage, dass Pläne immer angepasst werden können und es wichtig ist, einen Schritt nach dem anderen zu machen, um mit scheinbar unüberwindbaren Aufgaben fertig zu werden (wie Beppo Straßenkehrer bei Momo).
Du hast ja einen ersten Schritt jetzt schon getan mit dem Gespräch. Und du hast für dich daraus keine Hoffnung geschöpft, nur weitere Erkenntnisse. Dann ist jetzt die Frage, was der zweite Schritt ist, ohne direkt auch an Schritte drei bis zehn zu denken.
Falls ein Plan, den du oder ihr fasst, tatsächlich in einen absoluten worst case führen sollte, könntet ihr den auch noch mal überdenken und modifizieren. Man muss ja nicht vorher schon komplett sicher sein, dass der Plan es für alle Beteiligten besser machen wird.

Ich hab mich von meinem Ex Ende Oktober 2020 getrennt (kurz bevor ich hier verschwand ;) ) und das damals erst mal nur für zwei Monate gemacht. Wir haben uns dann zum neuen Jahr getroffen und besprochen, wie die zwei Monate für uns waren, und dann einvernehmlich entschieden, weiterhin getrennt zu bleiben. Wir haben jetzt noch sporadischen Kontakt, es scheint ihm ganz gut zu gehen. Würde ich mitkriegen, dass es mit ihm komplett bergab gehen würde, hätte ich immer noch Möglichkeiten auf ihn einzuwirken denke ich.
 
Dabei
23 Nov 2016
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#23
Update

Liebes Forum, hier kommt von mir ein Update zu meinem Beitrag vom Oktober.

Ich hatte hier nicht mehr geantwortet, aber eure lieben Beiträge natürlich gelesen, vielen Dank dafür!!! Eure Beiträge waren sehr wichtig für mich.

Die Überschrift des Threads passt jetzt eigentlich nicht mehr, weil sich (leider wieder) alles verändert hat.

So wie ihr es auch empfohlen hattet, sind mein Mann und ich im Oktober erst einmal zwei Wochen auf Abstand gegangen. Wir wohnen in einem alten, aber großen Haus, sodass jeder seinen eigenen Bereich hatte und dieses Abstand nehmen gut funktionierte. Das lag auch daran, dass mein Mann jemand ist, der Grenzen, wenn man sie kommuniziert, gut einhalten kann und respektiert.

Wir haben uns nicht gestritten, uns gegenseitig in Ruhe gelassen, uns aber auch nicht ignoriert, und es hat mir gut getan, dass ich mich auf mich selbst konzentrieren konnte. Mein Mann hat alle Alkoholvorräte weggeschüttet und seither nichts mehr angerührt (auch nicht "heimlich", da bin ich mir sicher). Wir hatten mehrere gute Gespräche, er hat sich viele Gedanken gemacht und sichtlich um Freundlichkeit, um mich und um die Kinder bemüht. Es trat eine Entspannung der Gesamtsituation ein. Es gab wieder eine echte emotionale Annäherung.

Aber leicht fiel es ihm nicht und die Erschöpfung, die Antriebslosigkeit blieben. Es änderte sich noch etwas, was auffällig war und mir Kopfzerbrechen bereitete: mein Mann fing an, häufiger in Tränen auszubrechen. Ich kenne ihn nicht als jemanden, der nahe am Wasser gebaut ist. Aber in unseren im Grunde sehr guten Gesprächen und dann auch bei Kleinigkeiten oder eigentlich völlig nebensächlichen Dingen, für mich häufig unvermittelt, stiegen ihm jedes Mal die Tränen in die Augen. Einmal kam ein bestimmtes Lied, als wir im Restaurant gegessen haben, und er fing an zu weinen. Es fiel ihm oft schwer, seine Emotionen wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Mir ist klar geworden, dass das Teil der Veränderungen ist, die ich seit dem Sommer bei ihm wahrgenommen habe, aber nicht näher benennen konnte (davon hatte ich - glaube ich - am Anfang des Threads kurz gesprochen). Er hatte also eine schlechtere emotionale Kontrolle, eine größere Niedergeschlagenheit, noch weniger Antrieb und Energie, keine Vorstellung von Zukunft, keine Pläne, sondern eine Ziellosigkeit und Orientierungslosigkeit. Hinzu kamen mehr oder weniger große Erinnerungslücken, eine gewisse Zerstreutheit.

Jetzt, wo ich es schreibe, wird es mir erst richitg bewusst, was mich so irritiert hat.

Anfang November hatte mein Mann dann wieder ein Kontroll-MRT des Schädels wegen seines Hirntumors, der vor 5 Jahren festgestellt wurde. Seit der Behandlung damals waren bisher immer alle Kontroll-MRTs in Ordnung gewesen und im Grunde haben wir die Möglichkeit, dass es wiederkommen könnte, erfolgreich verdrängt. Ohne Verdrängung ist auch kein normaler Alltag möglich, weil es einen lähmen und auffressen würde.

Das Ergebnis des MRTs von Anfang November war niederschmetternd. Der Tumor ist im letzten halben Jahr deutlich gewachsen. Er wuchert in gesundes Nervengewebe, weshalb man ihn nicht vollständig entfernen oder bestrahlen kann. Das bedeutet, man kann ihn nicht stoppen.

Dieses ist ein Beziehungs- und Liebeskummer-Forum und ich erspare euch jetzt mal die Einzelheiten dessen, was uns nun voraussichtlich erwartet. Ihr müsst dazu nichts schreiben. Es ist auch klar, dass wir uns spezialisierte und professionelle Hilfe von außen suchen müssen (das haben wir ja in der Vergangenheit auch schon gemacht). Deswegen werde ich in diesem Forum erst einmal nicht weiterschreiben, auch wenn hier wirklich ganz tolle Menschen hinter den Bildschirmen sitzen und man großartige Hilfe erfährt! Ich persönlich kenne kein anderes Internet-Forum, das vergleichbar wäre.

Ich wollte euch aber den Fortgang der Geschichte seit Oktober erzählt haben und meine Entscheidung auf Beziehungsebene mitteilen.

Für mich steht nun fest, dass ich meinen Mann nicht alleine lassen werde. Ja, ich bin schon an den Grenzen meiner Kraft und ja, ich habe Verantwortung für mich und meine Kinder. Das sehe ich. Ich bin auch keine Heldin, ich fühle mich nicht besonders stark. Aber ich kann einfach nicht anders entscheiden, weder vom Kopf her noch vom Herzen. Die Aussicht auf den Weg, der jetzt vor uns liegt und irgendwann (wann?) mit dem Tod meines Partners enden wird, ist beklemmend und bereitet mir sehr viel Angst. Natürlich habe ich Angst dass es mich komplett überfordert, dass ich es nicht schaffen könnte. Fast jeden Tag habe ich diese Angst, die ich ständig in Schach halten muss, wie ein wildes Tier, das man in einen Käfig sperrt. Aber es ist offenbar mein Lebensweg, den ich jetzt annehme. Für mich ist es besser, wenn ich eine Entscheidung treffe und dazu stehe, egal was kommt, als dass Zweifel mir nur noch mehr schaden. Auf meine Kinder achte ich. Ich weiß, dass ich ihnen einiges zumute und sie - im Gegensatz zu mir - keine Entscheidung treffen können. Aber sie würde ich auch niemals alleine lassen. Und es gibt in meinem familiären Umfeld Menschen, die mich und meine Kinder unterstützen.

Ich melde mich irgendwann wieder, liebes Forum.

Eure Badesalz
 
Dabei
6 Mrz 2013
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7.567
#24
Liebe Badesalz,
vielleicht liest du das ja doch irgendwann, deshalb schreibe ich es doch:

Als ich anfing, deinen Beitrag zu lesen, hatte ich schon sowas befürchtet. Es tut mir sehr sehr leid, dass das Update so niederschmetternd ausgefallen ist.
Du hast auf jeden Fall die richtige Entscheidung getroffen, das kann man gar nicht anders entscheiden.
Ich kenne auch jemanden, der seinen Partner auf so einem Weg begleitet hat. Das ist von unschätzbarem Wert, und zwar für beide.
Die Person hat sich sogar beruflich in ein großes Risiko begeben, aber sie hat das nie bereut. Es war natürlich ein sehr schwerer Weg, aber sie ist absolut mit sich im Reinen, und das stabilisiert einen dann auch.

Ich wünsch dir viel Kraft, und ich bin mir sehr sicher, dass du in dieser schrecklichen Situation noch viel geben, aber auch nehmen kannst.

Alles Liebe, und melde dich wann immer du magst und melde dich nicht, wenn du nicht magst!
 
Dabei
22 Aug 2011
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3.785
#25
Liebe Badesalz,

tut mir leid, das zu lesen. Ich kann Deine Entscheidung absolut verstehen und wünsche Dir ganz viel Kraft. Und bitte, mach nicht den Fehler, den so viele pflegende Frauen (mich eingeschlossen) machen, und vergiss nicht, Dich zuerst um Dich selbst zu kümmern. Versuche so viel wie möglich zu finden, was Dir gut tut, woraus Du Kraft schöpfen kannst. Wenn Dein Job dazu gehört, gib ihn nicht auf - wenn Dein Job Dir eher Kraft raubt, nimm ein Pflegejahr o.ä. Klar, ohne Geld ist doof - aber ohne Dich wäre noch doofer.

Alles Gute für Dich und Deine Familie
 
Dabei
5 Nov 2007
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Alter
82
#26
Liebe Badesalz,
auch meine guten Wünsche begleiten dich bei deinen schwierigen Aufgaben.
 
Dabei
6 Feb 2017
Beiträge
1.884
#28
Liebe Badesalz, auch ich wünsche dir ganz viel Kraft. Ich finde diese Entscheidung zu treffen wirklich beeindruckend. Ich hoffe, du hast in deinem Umfeld ein Support-Netz, das dir dabei auch helfen kann und dir eventuell auch ab und an die Möglichkeit gibt, dich zwischendrin ein bisschen zurückzuziehen.. Viel kann man hier leider nicht als Hilfe anbieten, aber falls du offene Ohren brauchst, stehen sie hier immer zur Verfügung.
 
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