Mein Ex-Freund oder: Kontrolle ist ein Fremdwort

Dabei
25 Dez 2008
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#1
Hallo und erstmal frohe Weihnachten! :)

Ich habe gerade das Bedürfnis, mir meine ganzen Gedanken von der Seele zu schreiben, und würde mich über Antworten oder vielleicht auch Ratschläge sehr freuen.

Mein Ex-Freund und ich waren ziemlich genau zwei Jahre lang ein Paar, bis ich mich im August diesen Jahres von ihm trennte. Diese Entscheidung fiel mir nicht leicht, aber ich wusste, dass es keinen anderen Weg gab. Ich konnte ihm nicht mehr sagen dass ich ihn liebe, konnte seine Berührungen nicht mehr ertragen, hatte einfach keine Hoffnung mehr auf eine Besserung der Situation. Es war einfach zu viel vorgefallen, und er hatte sich so sehr verändert, dass ich ihn einfach nicht mehr wiedererkannt habe. Mit jedem Mal dass etwas passierte, schienen meine Gefühle nachzulassen. Mit jedem Mal dass er mich verletzte, schien meine Liebe zu ihm ein Stück zu schrumpfen.
Ich habe ihn viele Monate begleitet, bin für ihn dagewesen, habe versucht ihn zu verstehen. Er sagt bis heute, dass ich ihn besser kenne als jeder andere. Und vor allen Dingen besser als er sich selbst.
Ich weiß nicht, ob das stimmt. Bis heute ist er für mich unberechenbar, so dass ich ihn kaum einschätzen kann.
Wenn er wieder einmal einen seiner Ausraster bekommt, dann bin ich machtlos. Dann kann ich mich von ihm fertig machen lassen, kann mir den Mund fusselig reden, er hat ja sowieso recht.
Bis er dann ein paar Tage später wieder ankommt und sich entschuldigt.
Will ich das? Will ich so eine Freundschaft führen? Ist es mir das wert?
Ich weiß es nicht.
Ich sehe in ihm auf der einen Seite einen Menschen, der kein richtig oder falsch zu kennen scheint, und seine Mitmenschen ohne nachzudenken verletzt. Auf der anderen Seite sehe ich ein kleines Kind, das innerlich völlig zerrissen ist und auf der Suche nach sich selbst.
Wie kann man unterscheiden zwischen Charakter und Krankheit? Kann man überhaupt sagen, dass es da einen Unterschiede gibt? Sind die Verhaltensweisen Folge der Störung, oder ist eine Diagnose nur eine Zusammenfassung bestimmter Verhaltensmerkmale?
Wenn ein Mensch sich zwei Jahre lang auf eine bestimmte Art und Weise verhält, und sich dann innerhalb weniger Tage oder Wochen völlig verändert, so dass es auch anderen Menschen auffällt, und selbst seine Freunde aus der Kindheit sich diese plötzliche Wandlung nicht erklären können... wie kann man das verstehen?
Wer ist dieser Mensch dann wirklich?
Wenn er sich plötzlich so ganz anders verhält als sein ganzes Leben lang davor, kann es dann nicht möglich sein, diese Veränderung rückgängig zu machen?
Das sind so viele Fragen... aber vermutlich gibt es keine Antwort.
 
Dabei
24 Apr 2008
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#2
Will ich das? Will ich so eine Freundschaft führen? Ist es mir das wert?
Ich stelle mir bei deiner Geschichte die Frage, wieviel du bereit bist zu ertragen? Man kann Menschen in schwierigen Situationen sehr wohl begleiten und unterstützen. So ja auch in einer guten Partnerschaft oder Freundschaft. Es sollte aber nie soweit kommen, dass man Angst hat. Ob dir die Freundschaft zu ihm dies Wert ist, kannst nur du entscheiden. Aus reinen (falsch verstandenen) Pflichtbewusstsein solltest du es jedoch nicht tun.

Wenn ein Mensch sich zwei Jahre lang auf eine bestimmte Art und Weise verhält, und sich dann innerhalb weniger Tage oder Wochen völlig verändert, so dass es auch anderen Menschen auffällt, und selbst seine Freunde aus der Kindheit sich diese plötzliche Wandlung nicht erklären können... wie kann man das verstehen?
Also an eine solche Charakterwandlung glaube ich nicht. Wenn es dies wäre, würde es nur von kurzer Dauer sein. Um hundertachtzig Grad seinen grundlegenen Charakter ändern geht für mein Empfinden nicht. Es würde irgendwann wieder das Alltägliche die Überhand gewinnen.
Möglich wäre aber sicherlich eine Krankheit. Das kann man aber schlecht einfach so beurteilen. Ein Beispiel (ohne das dies jetzt auf ihn zutreffen muss) wären Tumore. Solche Sachen können tatsächlich den "Charakter" beeinflussen. Ebenso Hormone.

Inwieweit hat er sich denn verändert? Ist er ruhiger geworden?
 
Dabei
25 Dez 2008
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#3
In der Klinik sind ihm schwere Depressionen und eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert worden... das erklärt ja theoretisch gesehen schon einiges...

Nein, er ist leider nicht ruhiger geworden... im Gegenteil. Er ist aufgedreht, aggressiv, überheblich, ignorant und arrogant geworden. Er ist bei jeder Kleinigkeit völlig ausgerastet.
 
Dabei
24 Apr 2008
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#4
Ja erklären würde das einiges. Das darf aber nicht dazu führen, dass du dich selbst außen vor lässt und alle Vorsicht fahren lässt, nur weil er krank ist.

Bekommt er denn Medikamente? Wenn es schlimmer geworden ist, so mag es ja durchaus sein, dass er irgendwann eine Gefahr darstellt. Auch für dich.
 
Dabei
25 Dez 2008
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#5
Er hat eine Zeit lang Antidepressiva und Neuroleptika genommen, aber ich habe nicht das Gefühl, dass das irgendwie geholfen hat. Diese Aggressionen fingen erst an, nachdem er angefangen hatte die Antidepressiva zu nehmen.
Nach seiner Klinikeinweisung hat er noch über eine kurze Zeit ein Mittel mit sedierender Wirkung bekommen, wodurch er plötzlich viel ruhiger war. Aber eine Langzeitlösung ist das ja auch nicht. Man konnte zwar wieder normal mit ihm reden, aber dafür hat er den halben Tag geschlafen....
 
Dabei
24 Apr 2008
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#6
Nimmt er die Antidepressiva denn immer noch oder wurden sie wegen der starken Nebenwirkung wieder abgesetzt?
Die Frage bleibt aber immer noch. Hältst du das für dich aus oder macht es dich mit kaputt?
 
Dabei
25 Dez 2008
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#7
Er hat ca. neun Monate lang das Antidepressivum Fluctin genommen. In der Klinik hat er dann in der Anfangszeit das Neuroleptikum Taxilan (zur "Beruhigung") bekommen, und später Abilify (sollte anriebssteigernd wirken). Er hat das aus eigenem Entschluss heraus das Fluctin abgesetzt und nur noch Abilify genommen. Als er dann nach dem Klinikaufenthalt zu seinem Psychiater gegangen ist um sich ein neues Rezept zu holen, meinte dieser, dass er ihm das nicht verschreiben könne. Er könne ihm aber etwas anderes verschreiben wenn es ihm wieder schlechter gehen sollte.

Kaputt macht es mich nicht... Ich habe im Laufe der Zeit gelernt, wo mine Grenzen sind und auf mich selbst zu achten. Aber belasten tut es mich schon.
Wir haben vorgestern mal telefoniert, und so wie er im Moment wieder drauf ist, das ist für mich ziemlich besorgniserregend...
Seine Hauptaussagen waren in etwa: "Ich hasse mein Leben", "Es hat keinen Sinn etwas zu ändern, ich werde mich eh niemals mögen", "Es hat doch nie jemanden interessiert, was ich will", "Du bist die einzige die mich je akzeptiert und verstanden hat, die wirlich für mich da war" usw. ...
Kurz: Er hasst sein Leben und er hat keine Hoffnung dass sich jemals etwas ändert. Er spielt anderen eine heile Welt vor und leidet still vor sich hin. Er liebt mich noch immer und er weiß dass es seine Schuld ist, dass er mich verloren hat.
 
R

Ronja83

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#8
hey,
mit meinem freund ist es ähnlich, er hasst sich und ist ständig nur auf der suche nach bestätigung. er kann die verschiedensten masken aufsetzen, aber das ist alles nur fassade. er kann nicht allein sein, aber sich auch nicht komplett öffnen. steigert er sich in einen ausraster hinein, steh ich genau wie du, in meiner ohnmacht machtlos vor ihm und kann kaum nachvollziehen wie der mensch dem ich oft so nah bin, der mich so gut versteht, auf einmal solche dinge von sich geben kann. auch ich bin "die einzige die ihn versteht", aber ich distanziere mich davon, mein freund ist hoch intelligent und weiß menschen sehr gut zu manipulieren. ich denke schon dass ich ihn besser kenne als die meisten...wahrscheinlich sogar besser als seine eltern (die wahrscheinlich auch der grund für seine persönlichkeitsstörung sind), aber ich muss immer auf der hut sein, wahrheit von lüge filtern. es ist anstrengend und mich macht es kaputt. es ist in letzter zeit besser geworden, aber wie willst du jemanden vertrauen und dich auf jemanden verlassen, der so oft nicht er selbst ist? der unberechenbar ist? ich finde das tut schrecklich weh...das dieses monster in ihm steckt.

LG
 

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