Frohe Weihnachten - oder so..

Dabei
15 Jul 2012
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#1
Hallo Leute,

ich melde mich mal wieder in eigener Sache und ich wünschte, dass es nicht so wäre.

Weihnachten - Zeit der Liebe und Besinnlichkeit - ääähm ja.. Pustekuchen..
Ich wohn nicht mehr zuhause und bin heute heim gefahren, um Heiligabend mit meinen Eltern zu verbringen.
Da ich schon längere Zeit nicht mehr daheim war, hab ich mich sehr auf den Abend gefreut.
Doch kaum setze ich einen Fuß über die Türschwelle, kommt mir mein Vater übernatürlich freudestrahlend entgegen und zwängt mir eine stürmische, beinahe aggressive Umarmung auf - er hat mal wieder getrunken.
Peinlich berührt weiß ich nicht damit umzugehen und schlucke den bissigen Kommentar, der mir auf der Zunge lag, runter - es ist ja schließlich Weihnachten..

Es geht weiter - äußerst angespannt verlief das Essen, ich versuchte vergeblich eine einigermaßen ungezwungene Unterhaltung am Leben zu erhalten, die jedoch seltsamerweise jedes Mal darauf hinausliefen, dass meine Eltern sich gestritten haben.
Ich habe versucht neutral zu bleiben und als objektive Betrachterin das Ruder rumzureißen und den beiden die Sichtweise des anderen etwas näher zu bringen. Sie kamen zu keinem Ergebnis, man überging die Problemsituation und bändelte äußerst geübt da an, wo man vor dem Streit aufgehört hat - es ist ja schließlich Weihnachten..

Nun gut, Bescherung: Zunächst verlief alles gut, alle waren sentimental und haben sich sehr über die Aufmerksamkeiten des anderen gefreut, doch das Unvermeidbare kommt: Meine Mutter schreibt in guter Absicht auf die Weihnachtskarte, dass sie meinem Vater viel Kraft, Hoffnung und Durchhaltevermögen für den Weg, den er ihr versprochen zu gehen hat (der Abstinenz), wünscht, er wiederum fasst das als einen Angriff ihrerseits auf, es dreht sich plötzlich um alle Probleme, die sich jemals ergeben haben und als krönenden Abschluss endet das Disaster-Karussell, indem beide mehr und weniger randalierend von dannen ziehen - mein Vater in den Keller, wo er abends stundenlang (biertrinkend), ritterlich den Ofen anfeuert, damit wir es ja schön warm haben und meine Mutter sucht ihrerseits hilflos Zuflucht bei mir.
Eine Zigarette später kommt mein Vater wieder hoch, mittlerweile hat er seine "gute" Laune wieder zurück, er strahlt über beide Ohren - es ist ja schließlich Weihnachten..

Meine Mutter sagt ihm, dass sie diese heile Welt nicht mehr vorspielen kann, auch wenn heute Heiligabend ist, und will endlich mal reinen Tisch machen und all die Dinge, die sie ihm aufgrund seines exzessiven Alkoholkonsums nicht hatte anlasten wollen, anzusprechen.
Mein Vater sitzt auf der Couch, hält die Augen geschlossen und versucht sich wie ein kleines Kind von allem negativen abzuschotten. Er lässt nichts negatives an sich ran, jeder meint es nur schlecht mit ihm, wir sind alle dafür verantwortlich, dass Weihnachten so beschissen ist.
Ich hab bereits alles versucht: ihm gut zugeredet, ihn angeschrien, bin in meiner Verzweiflung handgreiflich geworden - alles ohne Erfolg.
Er lebt in seiner Seifenblase und zerstört sich langsam aber stetig selbst. Man merkt es ihm an, dass er viel trinkt, auch wenn er nüchtern ist. Er ist jedoch absolut resistent gegen jedwede Äußerung, die eine Bedrohung für seine heile Seifenblasenwelt darstellt.

Ich lade gerade alles auf mich auf, fühle mich mitverantwortlich für sein Elend, da meine Eltern eine sehr schwierige Zeit mit mir durchleben mussten, als ich selbst durch übermäßigem Drogenkonsum auf der Kippe stand. Ich weiß, er hat Depressionen, ich sehe es ihm an, auch wenn noch nie ein Wort darüber verloren wurde. Er hat eine Veranlagung dafür. Er hat keinen Halt mehr in dieser Welt und ich hasse ihn dafür, dass er sich selbst aufgibt.
Ich bin wütend, verzweifelt und hilflos, weil ich genau weiß, dass ich nichts für ihn tun kann, weil er es partout nicht einsehen will.
Und doch hab ich aus unerklärlichen Gründen Hoffnung. Und diese Hoffnung macht mich rastlos. Ich hab das Gefühl noch nicht alles mögliche versucht zu haben, und doch weiß ich, dass dem nicht so ist und dass dem nie so sein wird.
Ich muss mit ansehen wie mein Vater sich selbst zerstört.

Ich wünsche allen ein schöneres Weihnachtsfest, als ich es heute erleben durfte und hoffe, dass der ein oder andere, wenn er es nicht schon weiß, zu schätzen lernt, was er an seiner Familie hat.
 
Dabei
11 Aug 2011
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#2
Ich wünsche allen ein schöneres Weihnachtsfest, als ich es heute erleben durfte und hoffe, dass der ein oder andere, wenn er es nicht schon weiß, zu schätzen lernt, was er an seiner Familie hat.
Dem kann ich nur zustimmen.
 
Dabei
27 Mrz 2012
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#3
Hey Scarlet, ich fühle mit dir, denn mein Weihnachten vorheriges Jahr war auch der totale Reinfall.

Du hast Recht, indem was du sagst. Du kannst bei deinem Vater nichts machen. Du kannst ihm stützenden zur Seite stehen, aber aufraffen und den Entschluss verwirklichen kann nur er. Zwingen kann ihn ja niemand. Irgendwo ist jeder eben doch für sich verantwortlich.
Die Hilflosigkeit finde ich immer am Schlimmsten. Es macht mich immer verrückt, jemand leiden zu sehen, aber nichts daran ändern zu können. Jeder hat sein eigenes Leben und muss schauen, dass man selber glücklich wird. Als Kind viel zu drehen ist sowieso schwer - das kenne ich.

Aber hasse ihn nicht dafür. Es "ist eben auch nur, wie es ist". Er "ist eben auch nur, wie er ist". Jeder handelt irgendwie auf seine eigene beste Art und Weise, zu der er gerade fähig ist. Wir sind alle nur Menschen mit Fehlern.
Er kam wieder und hatte sich zusammengerissen. Euch zuliebe. Immerhin.



PS: Trotz aller traurigen Stimmung in deinem Text finde ich, dass du ihn sehr schön verfasst hast.
 
Dabei
9 Okt 2008
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#4
Tröste dich Scarlet, mein Fest war von Einsamkeit geprägt......meine Kinder sind weit weg und feiern mit Freunden und mehr Family hab ich nicht.

Mein Mann hat bis auf das Rasierwasser alles vernichtet was er finden konnte und schlief schon am frühen Nachmittag ein.

Dein Vater müßte den Alkoholecht dran geben, Depressiv und Alkohol ist ein Teufelskreis. Wer depressionen hat muß die Finger vom Alk lassen, das verstärkt sich gegenseitig.
 
Dabei
29 Okt 2008
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#5
Ich wünsche allen ein schöneres Weihnachtsfest, als ich es heute erleben durfte und hoffe, dass der ein oder andere, wenn er es nicht schon weiß, zu schätzen lernt, was er an seiner Familie hat.
Wenn man die Familie zu höherwertigen Menschen hochstilisierst, dann muss man sich eben blicken lassen, auch dann, wenn alles ohnehin schon in Schutt und Asche liegt. Und dann hat man Sorgen.

Daher mein Tipp: Verleihe dem Begriff "Familie" keine so hohe Bedeutung. Wer mit dir verwandt ist, wer dich gezeugt und wer dich zur Welt gebracht hat, Bruder, Schwester, das sind alles Menschen die dir vorgesetzt wurden und das ist kein Verdienst, für den sie sich Zuwendung/Liebe verdient haben.

Tröste dich Scarlet, mein Fest war von Einsamkeit geprägt.
Warum ist gerade ein Tag im Jahr dann schlimmer, als andere oder von mir aus: Warum sind die 3 Tage schlimmer? Was ist denn wichtig an Weihnachten, wenn man nichts zu verschenken hat und kein streng gläubiger Christ ist? Man bleibt eben daheim und guckt sich das andere, kitschige Liebesglück nicht an, das man sonst so sehen würde, auf den Weihnachtsmärkten oder wo auch immer.
 
Dabei
9 Okt 2008
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#6
Du hast Recht,, ich bin kein Christ, meine Familie ist auch die restlichen Tage im Jahr scheiße, und dem Geschenke Kult hab ich eh abgeschworen.

Ich glaub das ist die tiefe Sehnsucht so zu feiern wie die Typen in der Tchibo Werbung.

Wenn man sich die Latte so hochlegt ist es schwer drüber zu springen und die Enttäuschung vorprogrammiert.
 
Dabei
29 Okt 2008
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#7
Na siehst du.

Eine Ausrede, die das eigene Unwohlsein betonen soll, finde ich jedes Jahr besonders dreist. "Ich verbringe Weihnachten alleine *heul-schnief-schluchz*". Man sollte nur eine Person willkürlich befragen, was es mit Weihnachten auf sich hat, da werden aber die meisten mit den Achseln zucken. Das Leben ist auch die restlichen Tage im Jahr nicht von Glückseligkeit geprägt, wenn sich nichts ändert. Also bitte.
 
Dabei
9 Okt 2008
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#8
Eine Ausrede, die das eigene Unwohlsein betonen soll, finde ich jedes Jahr besonders dreist. "Ich verbringe Weihnachten alleine *heul-schnief-schluchz*"
Wobei man das ja noch nicht einmal bräuchte wenn man es nicht will, man könnte auch wegfahren oder sich Leute suchen die auch einsam sind.
 
Dabei
5 Aug 2012
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#11
@ Scarlet


Habe wirklich eine ähnliche Geschichte wie du.Mein Vater ist Alki und hat sich seine eigene Welt zusammen gemeißelt.An ihn kommt niemand ran und meine Mutter ist ein seelisches Wrack.
Ich selber stürtzte auch total in den Alk/Drogensumpf und war extrem unterwegs.(jetzt werden vielleicht einige Fragen,wieso habt ihr ihn nicht verlassen).Das kann man aber aussenstehenden, kaum
vermitteln.
Fühl dich verstanden,auch ich weiß wie quälend so ein Leben ist.
Frohe Weinachten noch allen...
Fluni
 
Dabei
15 Jul 2012
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#12
Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für euer Mitgefühl, mein Tag war heute wirklich schön. Wir waren mit der ganzen Verwandtschaft bei meinen Großeltern und ich muss sagen, da existiert die heile Welt seit meinen Kindheitstagen Gott sei Dank beständig. Ich konnte es sogar ignorieren, dass mein Vater sauer auf uns war, weil wir uns anscheinend falsch verhalten und ihm sein heiliges Weihnachten zerstört haben. Es ist wirklich nicht einfach damit umzugehen, und wie Insomnius es erkannt hat, ist es die Hilflosigkeit, die mich schier um den Verstand bringt - life is a bitch. Aber der Tag heute hat mich wieder neue Kraft schöpfen lassen.

Er kam wieder und hatte sich zusammengerissen. Euch zuliebe. Immerhin.
Nein, so war es nicht. Er kam wieder, um sich selbst seine heile Welt und sein heiliges Weihnachten wieder aufzubauen. Und als wir ihm dies verweigert haben, wurde er wütend und unberechenbar. Deswegen hat er uns heute auch die meiste Zeit geflissentlich ignoriert. Wir sind dafür verantwortlich, dass es ihm schlecht geht, weil wir ihm unangenehme Dinge vorhalten, vor denen er durch seinen Alkoholkonsum versucht zu entfliehen.

Tröste dich Scarlet, mein Fest war von Einsamkeit geprägt.
Flyingapi, ich kann mich nicht damit trösten, dass es jemandem nicht besser ergeht als mir, ich fühle mit dir.

Wenn man die Familie zu höherwertigen Menschen hochstilisierst...Verleihe dem Begriff "Familie" keine so hohe Bedeutung,...das sind alles Menschen die dir vorgesetzt wurden und das ist kein Verdienst, für den sie sich Zuwendung/Liebe verdient haben.
Grundsätzlich stimme ich dir zu, Accident. Aber ich hatte Rückhalt, Geborgenheit und Liebe in meiner Familie. In meiner schlimmsten Zeit war sie es, die mich aufgefangen und mir geholfen hat, ein Leben in Abstinenz zu führen. Ich wäre ohne sie zugrunde gegangen. Und mein Vater war mal ein ganz anderer Mensch, er war mein Ein und Alles. Er ist mit mir stundenlang in den Wald und hat mir die Natur gezeigt, wir haben Pilze gesammelt, sind auf die höchsten Türme unserer Berge gestiegen, etc. - jede glückliche Kindheitserinnerung verbinde ich in irgendeiner Weise mit ihm. Deswegen will ich es wohl nicht wahrhaben. Ich glaube, dass tief in ihm drin irgendwo noch der Mensch steckt, der er einmal war und ich hoffe, dass ich irgendeinen Weg finden kann, ihm seine Lebensfreude wieder zurückzugeben. Heute ist er beim Tischkicker kurz aufgeblüht, als wäre er um zwanzig Jahre gejüngert, doch kaum war's vorbei, legt sich wieder ein Schatten auf seine Züge.

Fluni, da stimme ich dir vollkommen zu, das kann man keinem Außenstehenden vermitteln. Man hält ja immer große Reden und denkt, dass man selbst nicht in so eine Situation kommen würde, aber wenn's einen dann selber erwischt, sieht die Sache ganz anders aus. Meine Mutter ist unglücklich und denkt ernsthaft (zurecht) darüber nach ihn zu verlassen. Ich weiß, dass ihm das komplett den Boden unter den Füßen wegziehen würde und ich will mir im Moment garnicht vorstellen, was er sich dann wahrscheinlich antun würde, aber ich kann meiner Mama deswegen keinen Vorwurf machen. Denn er zieht uns alle runter. Und ich will wenigstens sie in Sicherheit wissen, wenn ich ihm schon nicht helfen kann.
 
Dabei
15 Jul 2012
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#14
Ja, es ist dann auch alles schön und gut, nur sobald wir wieder zuhause sind, verfällt er in sein gewohntes Muster.
Ich kann ihn auch nicht rund um die Uhr davon ablenken, ich wohn 2 Stunden entfernt und hab meistens bis Abends Uni, viel zu lernen, so hart es klingt - mein eigenes Leben eben.

Ich will, dass er diesen Halt in sich selbst findet und es schafft wieder auf eigenen Beinen zu stehen, ohne dass er sich an jemand anderes klammert und sein eigenes Glück von dieser Person abhängig macht.
Ich weiß, dass er es nicht schafft. Ich sehe mich in ihm wieder, als ich selbst mit Drogenproblemen zu kämpfen hatte. Er verwendet meine eigenen Argumente, verharmlost die Situation und schottet sich emotional komplett ab, sodass erst recht niemand mehr an ihn rankommt. Ich selbst musste sehr böse auf die Schnauze fallen, um aufzuwachen und wäre mein Leben nicht davon abgehangen, wär ich wohl immer noch am "träumen". Nur ich fürchte, falls auch er fällt, wird er nicht mehr aufstehn.

Ich bin kein Seelenklempner und hab keine Möglichkeit ihm die Last von den Schultern zu nehmen, die ihn in die Knie zwingt, aber er ist zu eigensinnig, zu stolz und zu labil, um sich Hilfe zu suchen und sich mit seinen Problemen auseinanderzusetzen.
 
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Dabei
1 Sep 2010
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#15
Ich selbst musste sehr böse auf die Schnauze fallen, um aufzuwachen und wäre mein Leben nicht davon abgehangen, wär ich wohl immer noch am "träumen".
Scarlet, genau das ist der Punkt. Das einzig richtige ist: Hört auf, ihn zu stützen. Gebt ihm die Gelegenheit, ordentlich auf die Schnauze zu fallen, damit er eine Chance hat, seine Probleme anzugehen. Alles andere wird euch fertig machen und ihn nicht ändern.

Deine Mutter muss ihn verlassen, du musst dich rausziehen, du bist nicht verantwortlich! Weder für deinen Vater, noch für deine Mutter die leidet und nicht konsequent ist.

Harte Worte, aber das ist der einzug gangbare Weg. Es gibt Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen für Co-Abhängige, Alkoholikerforen im Net, Bücher etc. Wenn ihrs nicht "über Herz bringt", erkundigt euch!!

Und an deiner Stelle würd ich mir ein weiteres Weihnachten mit den Eltern unter diesen Umständen nicht antun.
 
Dabei
9 Okt 2008
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#16
Da hast du Recht minze,

man muß aufhören zu unterstützen, ich hab mir auch immer viel zu viele Sorgen gemacht, und versucht Ihn vor allem zu bewahren.
Aber das ist der falsche Weg.
Ich hab dann irgendwann umgeschaltet und mich nur noch um mich gekümmert, das war am Anfang hart, aber auch sehr befreiend.

Man muß loslassen und aufhören seine Probleme zu den eigenen zu machen.

Er mußte den Hintern hoch kriegen und sich um sich selbst kümmern. Zumal sich um mich und meine Probs auch niemand schert, ich muß mich auch überall
alleine rausarbeiten.
 
Dabei
29 Okt 2008
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#17
Grundsätzlich stimme ich dir zu, Accident. Aber ich hatte Rückhalt, Geborgenheit und Liebe in meiner Familie. In meiner schlimmsten Zeit war sie es, die mich aufgefangen und mir geholfen hat, ein Leben in Abstinenz zu führen. Ich wäre ohne sie zugrunde gegangen. Und mein Vater war mal ein ganz anderer Mensch, er war mein Ein und Alles. Er ist mit mir stundenlang in den Wald und hat mir die Natur gezeigt, wir haben Pilze gesammelt, sind auf die höchsten Türme unserer Berge gestiegen, etc. - jede glückliche Kindheitserinnerung verbinde ich in irgendeiner Weise mit ihm. Deswegen will ich es wohl nicht wahrhaben. Ich glaube, dass tief in ihm drin irgendwo noch der Mensch steckt, der er einmal war und ich hoffe, dass ich irgendeinen Weg finden kann, ihm seine Lebensfreude wieder zurückzugeben. Heute ist er beim Tischkicker kurz aufgeblüht, als wäre er um zwanzig Jahre gejüngert, doch kaum war's vorbei, legt sich wieder ein Schatten auf seine Züge.
Es ist normal, dass man die eigenen Kindheitserinnerungen mit den Personen verbindet, die einen aufgezogen haben. Ich verbinde mit Dingen Kindheitserinnerungen, die ich nüchtern betrachtet nur verachten kann und denen ich wegen ein wenig Nostalgie auch keine höhere Bedeutung mehr verleihe. Wenn du deinen Vater als guten Menschen in Erinnerung hast, der neben seiner bloßen Pflicht als Erziehungsberechtigter auch weitere liebenswerte Wesenszüge an sich hat, dann schätze diese Zeit und versuche anhand deiner Möglichkeiten, ihn aus dem Loch, in dem er sich befindet, wieder heraus zu holen.

Eltern sind jedoch auch nur Menschen, die jederzeit versagen können. Dein Vater scheint zudem ein Alkoholproblem zu haben. So etwas bekommen die meisten nicht allein in den Griff und Expertenrat ist gefragt.

Was ich nur zum Ausdruck bringen will, ist die Tatsache, dass die Familie, die man sich eben nicht ausgesucht hat, keine höher gestellten Menschen sein sollten, weil die Verwandtschaft da ist und weil es die Menschen sind, die man als erstes kennenlernte. Wenn du sie, wie es richtig ist, mit allen anderen Menschen vergleichst, wirst du eventuell feststellen, dass einem viele Menschen, die man nur halb so gut kennt, schnell in vieler Hinsicht sympathscher sind, als die eigene Linie.

Mich persönlich interessiert es bspw. nicht, dass meine Mutter mich zur Welt brachte und ich meine Existenz somit ihr und meinem Vater zu verdanken habe. Hätten sich die beiden nie kennengelernt, gäbe es mich nicht und ich könnte den Umstand auch nicht beklagen. Ich bin nun einmal da, kann selbstständig denken und nehme keinen Elternteil vor anderen Erwachsenen in Schutz.
 
Dabei
5 Aug 2012
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#18
Er verwendet meine eigenen Argumente, verharmlost die Situation und schottet sich emotional komplett ab, sodass erst recht niemand mehr an ihn rankommt. Ich selbst musste sehr böse auf die Schnauze fallen, um aufzuwachen und wäre mein Leben nicht davon abgehangen, wär ich wohl immer noch am "träumen". Nur ich fürchte, falls auch er fällt, wird er nicht mehr aufstehn.
So dachte ich auch einmal,als sich meine Mutter von ihm trennen wollte.Ich glaubte er würde nicht mehr aufstehen können.So hab ich in meinem kleinen Spatzenhirn, meiner Mutter die Trennung ausgeredet.All die Jahre danach,hat sich nichts gebessert.
Ich wurde selber abhängig und meine Mutter hatte jetzt zusätzlich noch einen Sohn,der massive Probleme hatte.Mein Vater verhammloste wirklich alles und einen Dialog mit ihm zu führen, glich fast schon wie die, eines Kindes.Meine Mutter ist heute nervlich kaputt und das hat sie mir zu verdanken.Ich werde mir das wirklich "NIEMALS" verzeihen.Was ich an meiner Action nicht begreife...ich kann dir nicht einen einzigen glücklichen Tag von meiner Kindheit erzählen.
Heute weiß ich,daß eine Trennung das einzig richtige gewesen wäre...wer so tief im Alkohol verstrickt ist und sich nicht helfen lassen will,der muß "Fallen"um zu spüren das er ganz unten ist. Heute ist es zu spät,da er auf Hilfe angewiesen ist.
Alles schwer zu ertragen.
Fluni
 
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Papatom

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#19
Moin,
ich denke, das schwierigste ist es, als Kind loszulassen. Man ist nicht für die Eltern verantwortlich. Man kann nicht deren Probleme lösen. Man muss seinen eigenen Weg gehen. Wenn es mit oder bei den Eltern nicht geht, ist es halt so. Hilfe anbieten, ja, aber alles in Maßen.

Leider ist man halt oft emotional so verstrickt, dass man es nicht erkennt, oder man hegt falsche Hoffnungen.

Gruß
 
Dabei
5 Aug 2012
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#20
Als Kind kannst du nicht loslassen.Dein Vater ist zu dieser Zeit deine Bezugsperson(dein Idol).Du erkennst vielleicht, das er anderst ist wie andere Väter,doch sein Verhalten hab ich nie in Frage gestellt.Irgendwann übernimmst du sogar gewisse Verhaltensmuster. Alle die meinen Vater besuchten,hatten Respekt...wirklich alle. Somit versuchst du deinem Vater nachzueifern und gehst den komplett falschen Weg...wo das dann irgendwann mal endet,muß ich dir wohl nicht mehr schreiben.
Fluni
 
P

Papatom

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#21
Hi,
hier war Kind im biologischen Sinne gemeint. Nicht Alter. Man sollte, je mehr man bei fortschreitenden Alter kann, Distanz suchen und sich die Probleme der Eltern nicht auf die eigene Fahne schreiben....

Gruß
 
Dabei
15 Jul 2012
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#22
Hallo Leute,

ich hatte gestern Abend ein mehr oder weniger versöhnliches Gespräch mit meinem Vater, als ich ihn sozusagen "auf frischer Tat ertappt" habe, wie er sich wieder im Keller verschanzt und seinen berauschenden Gelüsten hingegeben hat.
Er hat sich mir, nachdem ich seine Streitgesuche erfolgreich abgeblockt habe, endlich mal anvertraut und mir Dinge erzählt, die mir mittlerweile starke Bauchschmerzen bescheren und hauptverantwortlich für sein eigenes Übel sind. Wir haben wohl starke, finanzielle Probleme und es war sogar schon so weit, dass wir fast unser Haus verkaufen mussten. Aber das allerschlimmste für mich persönlich ist, dass ich meine Eltern durch mein Studium und meine Wohnung einen vierstelligen Betrag im Monat koste und nichts von eben genannten Problemen wusste.
Ich studiere an einer Privatuni, weil mein Studiengang in Deutschland nicht sehr verbreitet ist. Mein Studium ist mein größter Traum, es ist genau das, was ich immer machen wollte. Meine Eltern wussten das und haben mich wohlwollend dazu ermuntert ihr Angebot, nämlich die Kosten für die Wohnung und für die Akademie zu tragen, anzunehmen und somit habe ich nach langem hin und her, unter der Bedingung ihnen nach dem Studium alles zurückzuzahlen, eingewilligt. Aber nun zu hören, dass meine Eltern Gefahr laufen sich selbst in den finanziellen Ruin zu stürzen, um mir meinen Lebenstraum zu erfüllen, macht mich fassungslos und wütend. Ich komm mir wirklich verarscht vor und ziehe es ernsthaft in Erwägung mein Studium abzubrechen.

Minze, mittlerweile ist mir sein Problem bekannt, ich hab nur leider keine Ahnung wie man ihm in finanzieller Hinsicht helfen kann. Mein Vater war sogar am ersten Weihnachtstag im Büro und hat am morgen noch geackert und das hat er nicht für sich selbst getan, sondern für uns. Damit wir es gut haben, wenn er mal nicht mehr da ist. Ich kann niemandem den Rücken kehren, der alles tut, um mich glücklich und in Sicherheit zu wissen. Jetzt, wo ich ihn besser verstehe, sehe ich auch wieder einen Hoffnungsschimmer und will ihm ein zusätzliches Übel, nämlich den Verlust seiner Familie, für die er sich jeden Tag aufs neue den Allerwertesten aufreißt, ersparen. Ich kann und werde ihn niemals hängen lassen.

Accident, ich habe verstanden, was du zum Ausdruck bringen wolltest, und stimme dir im Allgemeinen auch zu. Ich liebe meinen Vater jedoch nicht nur, weil er mein Vater ist, sondern weil ich ihm sehr viel zu verdanken habe und weil er mir viele glückliche Momente beschert hat. Am 2. Weihnachtstag, als wir bei der Familie meines Vaters waren, musste ich übrigens an deine Aussage denken. Ich kann meine Cousinen und Cousins nicht mal ansatzweise ausstehen, mein Vater steht mit den meisten seiner Brüder im Klinsch, weil sie egoistische, intrigante *** sind und ich geh eigentlich nur noch des Anstandes wegen hin seit meine Oma verstorben ist. Ich kenne quasi beide Seiten. Die Familie meiner Mutter, in der ich voller Liebe, Akzeptanz und Anerkennung aufgewachsen bin, und die Familie meines Vaters, die von Missgunst, Überheblichkeit und Heuchelei geprägt ist. Da kann ich ihm nicht mal mehr verübeln, dass er sich um jeden Preis nach ein bisschen Harmonie sehnt und Weihnachten diese immense Wichtigkeit zugeordnet hat.

Man kann echt nicht loslassen, da stimme ich dir vollkommen zum Fluni. Ich würde meiner Mutter keinen Vorwurf machen, wenn sie ihn verlässt, aber ich selbst würde ihm nie den Rücken kehren. Das könnte ich mit mir selbst nicht vereinbaren. Wenn sich von mir damals alle abgewandt hätten, wäre ich heute nicht mehr hier.
 
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Hades85

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#23
Wieviele Semester musst du denn noch studieren? Schonmal über einen Studentenkredit nachgedacht? Damit könntest du doch deine Eltern entlasten oder nicht?
 
Dabei
22 Aug 2011
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#24
Harter Tobak, Scarlet. Aber Dein Studium jetzt abzubrechen wäre Schwachsinn. Damit würdest Du alles, was Deine Eltern für Dich getan haben, wegschmeißen. Und ihnen auch nicht wirklich helfen. Klar, die laufenden Kosten für Dich fallen erstmal weg, aber um das Haus zu retten, brauchst Du ein höheres Einkommen, als Du als ungelernte Angestellte verdienen kannst.

Was Du tun kannst: reduzier Deine Kosten, wo auch immer es geht. Man kann auch Leitungswasser trinken, wenn man tanzen geht. Eine WG hat diverse Vorteile - such Dir einen oder zwei Mitbewohner. Und neben dem Studium zu jobben ist mitunter sogar anderweitig hilfreich - entweder findest Du nen Hiwijob an Deiner Uni oder an einem örtlichen Forschungsinstitut, oder Du gehst als Messehostess und lernst ggf. potentielle Arbeitgeber kennen. Bekommst Du Bafög? An staatlich anerkannten Privatunis kann das sein. Wenn ja, achte darauf, dass Dein Nebenverdienst nicht zu hoch ist. In den Ferien kannste Vollzeit arbeiten, da sind die Grenzen anders. Und Studenten sind begehrte Arbeitskräfte, da fast nebenkostenfrei.

Ja, leicht wird das nicht, und sicher gibt es ein paar sogenannte Freunde, die sich abwenden, wenn man plötzlich second hand Klamotten trägt, ein uraltes Prepaidhandy nutzt und nicht mehr einfach so mal essen gehen kann. Aber sind die wichtig?

Lass Dich beraten, wo auch immer Du kannst. Schuldnerberatung der Caritas, Uni-Stellen, Sozialamt, Bafögamt ... Schöpfe alle Möglichkeiten aus, bevor Du Dein Studium aufgibst und damit alle Investitionen Deiner Eltern wegwirfst.

Wie lange studierst Du noch? Realistisch betrachtet ...
 
Dabei
15 Jul 2012
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#25
Ich muss noch 2,5 Jahre studieren und ein Studienkredit ist nicht möglich, weil ich mein Studium an einer Akademie absolviere.
Die Akademie hat zwar in Zusammenarbeit mit einer städtischen Bank ein Kreditmodell für die Studenten herausgearbeitet, aber mein Vater hätte die Bürgschaft übernehmen müssen und sich nicht dazu bereit erklärt, den Voraussetzungen für eine Bürgschaft Folge zu leisten.
 
H

Hades85

Gast
#26
Ja dann bleibt dir nur ein Aushilfsjob, während der vorlesungszeit bis 20uhr , darfst du nur 20 stunden die woche arbeiten gehen, außer deine arbeit wird am we größtenteils vollrichtet (setzt aber auch vorraus dass du am we nicht studierst), außerhalb der vorlesungszeiten ist mehr möglich, müsstest aber auch eine grenze von mehr als 8000euro beachten , da sonst der mehrbetrag versteuert werden müsste.

Bist du denn soweit als Werkstudent zu arbeiten?Je nach branche bekommt man da um einiges mehr als 10 euro die stunde.

oder wie nixe schon sagte, als "messebabe" arbeiten, ist aber auch ziemlicher nerviger job^^ Bekommste aber richtig asche, setzt aber vorraus dass du auch hübsch bist.

Oder du ziehst in ein studentenwohnheim, wg oder ähnliches und kannst evtl wohngeld beantragen , solltest du nicht bafög berichtigt sein.
 
Dabei
15 Jul 2012
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#27
Hey nixe,

ich hab mich wohl verschrieben, ich rede hier nicht von ein paar Kröten, die sie durch mich einsparen würden, sondern von einem vierstelligen Betrag, hab's eben geändert.

Und genau das ist ja mein Problem: Ich weiß nicht, wie ich noch mehr Geld einsparen soll. Ich kaufe nur das Allernötigste, Klamotten shoppen war schon seit Monaten nicht mehr drin und außerhalb feiern wird auch so oft vermieden wie's geht, ansonsten regelt Billigwein und eine lustige Runde daheim. :) Ich hab zwei Nebenjobs und kann mir so mein Haushaltsgeld und einen Teil von der Miete erarbeiten, alles was übrig bleibt, überweise ich dreist auf's Konto von meinen Eltern. Dann bleibt nur die Möglichkeit, wenn ich mein Studium nicht aufgeben will, noch mehr zu Arbeiten. Aber dann werd ich wohl den Hostessen-Job mal anpeilen, das hört sich ziemlich gut an und wäre sogar förderlich für meinen Studiengang. ;)
Und mich auf jeden Fall beraten lassen. Bafög bekomm ich keins.

Hades, bei mir läuft das alles ein wenig anders ab, als an der normalen Uni. Ich hab auch keine Semesterferien, sondern normale Schulferien. Wäre äußerst hilfreich Semesterferien zu haben und 3 Monate am Stück arbeiten zu können.
 
H

Hades85

Gast
#28
Das liest sich jetzt bestimmt etwas abwägig, aber hast du dir vielleicht mal gedanken übers Inet gemacht und dessen unbegrenzte Möglichkeiten? Wenn du schreibst du studierst etwas seltenes, würde mir sofort einfallen, dass evtl auf youtube zu bloggen, wie genau das aussehen soll ist was anderes, aber vielleicht so wöchentliche Tutorials aus deinem studium oder vielleicht etwas interessantes aus deinem Leben welches du der welt bekannt geben kannst/möchtest. Bei genügend klicks/besuchern kannst du schon ein paar euros "leicht" dazu verdienen.

Nur so als gedankenanstoß.
 
Dabei
22 Aug 2011
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#29
Vierstellig ... heftig. Warum bekommst Du kein Bafög, ist es keine staatlich anerkannte Privatuni?

Wie gesagt, Beratung ist auf jeden Fall angeraten. Und da wir gerade bei abstrusen Ideen sind: schon mal daran gedacht, Dich zu verkaufen? Nein, nicht Deinen Körper - Deine zukünftige Arbeitskraft. Biete sowas wie Scarlet-Aktien an - der glückliche Besitzer investiert die nächsten 2,5 Jahre monatlich einen mittelkleinen Betrag und erwirbt dafür das Anrecht, im Anschluss monatlich für eine gewisse Zeit 0,5-1% Deines Nettoeinkommens überwiesen zu bekommen. Zusammen mit einer schön geschrieben Geschichte und einer handfesten Abschätzung der Kosten und des zu erwartenden Einkommens und Belegen Deiner Leistungsfähigkeit (Zeugnisse) kann man sowas entfernteren Verwandten, Freunden und Bekannten oder Alumnis der Uni anbieten.
 
Dabei
29 Okt 2008
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#30
Hallo,

mir ist durchaus bewusst, im nächsten Moment wieder als Arschloch wahrgenommen zu werden, dennoch erlaube ich mir die Bemerkung: Eine vierstellige Summe muss kein Elternpaar im Monat für eine eigenständige Tochter aufbringen. So viel betragen die durch die Uni verursachten Kosten niemals und den Rest - Miete, Verpflegung, etc. - kann das Kind durch Arbeiten nebenher erwirtschaften.

Als Vollzeitstudent, der nebenher bislang noch nicht arbeiten geht, kann man meinen, habe ich leicht reden. Dafür habe ich aber vorher gearbeitet, dabei gut gespart und liege jetzt finanziell auch niemandem auf der Tasche. Man kann das im Vorfeld abschätzen. Hat man die Mittel, die Kinder während des Studiums mit Geld zu versorgen, schön und gut. Hat man das nicht, dann lässt man es lieber. Wenn du noch 2,5 Jahre studieren musst, dann studierst du wahrscheinlich noch nicht allzu lange. Wenn dann in diesem kurzen Zeitraum schon finanzielle Probleme auftreten, spricht das abermals gegen deine Eltern, die das nicht vernünftig kalkuliert haben.

Also, Miete und andere, lebensnotwendige Ausgaben im Monat selbst übernehmen, dann zahlen deine Eltern auf gar keinen Fall einen vierstelligen Betrag mehr im Monat. Was anderes kannst du sonst wem erzählen.

Biete sowas wie Scarlet-Aktien an -
Das ist eine nettgemeinte und vielleicht noch als witzig zu bezeichnende Idee, funktionieren wird das aber nicht. Niemand ist so dumm, in ein derartiges Projekt zu investieren. Wer garantiert die spätere Auszahlung? Da kann sie gleich um Spenden bitten oder doch ihren Körper verkaufen.
 
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