Empathie und LoveHelp

Dabei
27 Mrz 2012
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#1
Dieser Thread ist den Rat-gebenden Usern gewidmet, die auf Beiträge der Fragesteller antworten. Inspiriert zu dem Thread hat mich eine neue Studie (R. Eres, et al., Neurolmage, 2015, 117, 305-310 — DOI: 10.1016/j.neuroimage.2015.05.038). Leichter und zusammenfassend formuliert wurde es z.B. in diesem Artikel: http://www.iflscience.com/brain/researchers-find-physical-differences-empathetic-peoples-brains

Sicherlich wird mir jeder zustimmen, das Empathie ein wichtiger Faktor dabei ist.

Wer ohne Empathie an ein Hilfegesuch geht, der mag das Problem analysieren können und sogar rational einen guten Ratschlag geben, aber des Öfteren wird a) die Antwort wohl unrealistisch ausfallen, da sich nicht richtig in die (emotionale) Situation des TE versetzt wurde, und b) der TE die rationale Antwort nicht so leicht annehmen wird, wie wenn eine etwas menschlichere, emotionalere Antwort den TE "einführt, leitet und zum Ziel bringt" — logisch kann die Antwort natürlich trotzdem sein.

Empathie ist also essentiell um sich in den TE hineinzuversetzen, das Problem zu verstehen und dann "die beste" hilfreiche Antwort zu geben.
Wie ich bereits in "Eine Zwischenbilanz" (#45) schrieb, bin ich gerne im Forum meiner Selbstentwicklung, des Spaßes wegen sowie um andere Eigenschaften anzuwenden — darunter auch die Empathie.

Wie viel bringt das wirklich?
Klar, wer etwas oft verwendet/macht, der gewöhnt sich daran und hat es deshalb schneller und geübter zu Verfügung. Mir erscheint es auch logisch, dass sich das Wissen und Gedankengänge automatisch verbessern, wenn man sich die Beiträge anderer User durchliest, sie hinterfragt, diskutiert und anschließend daraus lernt.

Aber lässt sich auch die Empathie verbessern?
In der oben genannten Studie wurde herausgefunden, dass Empathie zu der Physiologie/Struktur des Gehirns gekuppelt ist. Die zwei verschiedenen Hauptarten der Empathie ("Affective/Emotional empathy" und "Cognitive empathy" = emotionalere und rationalere Empathie bzw Herangehensweise) werden mit unterschiedlichen Bereichen im Gehirn verbunden.


=> Das wiederum lässt vermuten, dass sich das Fassungsvermögen der Empathie durch Änderungen im Gehirn — welches durch Training wie auch beim z.B. beim Sport — geändert, also verbessert und verschlechtert werden kann..... und das bedeutet good news für alle User, die den Hilfesuchenden Ratschläge geben ;)
 
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Dabei
19 Jun 2015
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#2
Was hast du aber davon, wenn du einen 'total emphatische' Antwort von Anfang an erhälst, die dir aber nicht weiterhilft? Wäre es erstmal nicht sinnvoll das Ganze komplett rational zu analysieren, quasi den Schockmoment für den Fragesteller zu erzeugen, damit er sich seiner Situation aus der Außensicht bewusst wird ? Danach spielt sicherlich Empathie eine wichtige Rolle, um jemanden langsam daran heranzuführen und das Problem zu lösen.
 

Revage

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3 Mai 2014
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#3
Einerseits hast du schon Recht Insomnius. Ich habe mich mal durch andere "Lovehelp" Foren gelesen und da werden die Hilfesuchenden voller Empathie empfangen und bekommen dort Mitleid, Beistand usw...

In vielen Fällen finde ich aber, dass viele Menschen eine völlig falsche Einstellung zu Beziehungsdingen haben, nämlich die der allgemeinen Gesellschaft. Moralische Werte werden übernommen und als standard interpretiert.
Erst wenn man wirklich mal über einige direkten, rationalen Aussagen von manchen Usern hier nachdenkt kommt der "Aha-Effekt".

Ich muss ehrlich sagen, dass meine bisherigen Einstellungen zum Thema Beziehungen auch sehr allgemein und morlalisch geprägt waren, aber als ich dann hier her kam vor X Jahren, haben mir so manche User die Augen geöffnet. Und da war es nicht die Empathie die mich empfangen hat, sondern die eiskalte und rationale Realität und Meinung mancher User.
Anfangs hat mich das wirklich umgehauen und ich war geschockt, aber irgendwann habe ich dann verstanden, dass sie mit Allem Recht hatten.

Deshalb bin ich der Meinung das Empathie wichtig ist, aber in vielen (nicht allen) Fällen zu einer fälschlichen Wirkung zielt. Empathie bringe ich bei meinen Freunden oder der Familie auf, aber was Manche, die hier herkommen, meiner Meinung nach brauchen, ist ein rationaler und objektiver Ratschlag, um eine völlig neue Denkweise zu erlangen.
 
Dabei
27 Mrz 2012
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#4
Da versteht ihr mich falsch, bzw versteht unter dem Begriff Empathie nicht das ganze Ausmass. Um das vorzubeugen habe ich extra den Unterschied zwischen "Affective/Emotional empathy" und "Cognitive empathy" angesprochen.

Laut Wikipedia:
Affective/Emotional empathy: Das ist die "capacity to respond with an appropriate emotion to another's mental states". Also"Mitleid, Beistand usw...", was du angesprochen hast Revage.
Cognitive empathy: Diese Kategorie ist die "capacity to understand another's perspective or mental state".

Empathie beinhaltet also auch einfach die Faehigkeit, sich in eine andere Situation hineinzuversetzen.


=> Also im Klartext: Verstehen, was der TE sagt und warum er es sagt. Und das ist immens wichtig, wenn eine hilfreiche Antwort gegeben werden soll — logisch per "eiskalter und rationaler Realität" oder emotional per "Mitleid, Beistand". Und ich denke, jeder hier, der mich kennt, wird wissen, wie sehr ich erstere Kategorie bevorzuge.

Aber oft lese ich im Forum "ich habe die Erfahrung gemacht" oder "ich wuerde so etwas nie machen". Das sind Antworten, die zwar zutreffen koennen, aber eben nicht direkt der Situation des TEs entsprechen. Es geht ja nicht um die (individuelle) Erfahrungen des Ratgebers, die eine falsche Schlussfolgerung ergeben koennte, da es nur ein Einzelfall war. Es geht um den TE selber, und seine Situation/Erfahrung.
 

Revage

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3 Mai 2014
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#5
Ich verstehe was du meinst. Dennoch geben wir ja Ratschläge aufgrund eigener Erfahrung heraus.

Natürlich sollte man sich bei jedem Problem in den TE hineinversetzen, da hast du schon Recht. In wie weit man das dann tut und in wie weit das Einfluss auf die formulierte Antwort hat muss man aber den jeweiligen Antwortenden schon selber überlassen.

Trotzdem ist der Beitrag gut um eine Anregung zu erzielen.
 
Dabei
27 Mrz 2012
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#6
Danke! Aber das sehe ich anders. Eigene Erfahrungen koennen zwar helfen, aber wie ich schon sagte auch limitieren (durch etwa falsch gezogene Schlussfolgerungen).

Ich zum Beispiel bin noch so jung und habe vergleichsweise wenig Erfahrung. Dennoch kann ich Ratschlaege zu mir voellig unbekannten und noch nie erlebten Situationen geben. Manchmal lieg ich falsch oder hab es nicht ganz so gut eingeschaetzt. Aber meistens braucht es nur etwas Empathie und realistischem, logischen Verstand. Jeder kann das.
Klar, jeder darf selber entscheiden, aber dementsprechend faellt dann manches Mal die Qualitaet und Treffsicherheit des Ratschlags zu.
 

Revage

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3 Mai 2014
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#7
Erfahrung hat nichts mit dem Alter zu tun ;) Wie oft kommen hier 30 jährige mit dem Problem, dass sie noch nie eine Freundin oder Sex hatten, oder aus einer langjährigen Beziehung kommen und jetzt wieder bei Null anfangen müssen was das Dating betrifft ;) ?

In solchen fällen kann jeder "normale" Mensch helfen, der schon ein paar Beziehungen hatte und sich damit auskennt.

Man kann das Thema auch schlecht pauschalisieren, ich denke man muss jedes Thema isoliert betrachten, aber eine mögliche Vorgehensweise ist es ohnehin dein Vorschlag :)
 
Dabei
19 Jun 2015
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#8
Ich verstehe nicht ganz was du mit dem Stück mehr Empathie bezwecken willst oder welches Ziel du damit letztlich verfolgst. Erfahrungen sind zwar recht individuell, aber geistig gesunde Menschen gleichen sich mehr als man denkt in ihren Verhaltensweisen, sonst würde ja auch gar keine Kommunikation untereinander möglich sein. Zusätzlich finde ich es immer schwer, wenn eine Frage gestellt wird mit recht spärlichen Hintergrundinfos und man sich dann in TE versetzen soll. Ich würde auch eher sagen, dass man den TE erstmal aus seiner 'Illusion' befreit bzw. ihm die Lage klar vor Augen führt. Das eigentliche Helfen ist doch erst der zweite Schritt, wo man seine Lösungsansätze an der Situation des TE anpasst. Glaube ich hab dich wieder falsch verstanden :mrgreen:
 
Dabei
5 Jun 2015
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#9
Wikipedia:

Empathie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, Gedanken, Emotionen, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen und zu verstehen. Zur Empathie gehört auch die Reaktion auf die Gefühle Anderer wie zum Beispiel Mitleid, Trauer, Schmerz oder Hilfsimpuls.[1]
Grundlage der Empathie ist die Selbstwahrnehmung; je offener man für seine eigenen Emotionen ist, desto besser kann man die Gefühle anderer deuten.[2]
Empathie spielt in vielen Wissenschaften eine fundamentale Rolle, von der Kriminalistik
[3] über die Politikwissenschaft, Psychotherapie, Psychologie, Physiologie, Pädagogik, Philosophie, Sprachwissenschaft, Medizin und Psychiatrie bis hin zum Management oder Marketing.

Ich meine letztendlich setzt JEDER Versuch zu helfen, Emphatie voraus.
es ist aus meiner Sicht eine Frage des Karakters, der persönlichen, Erfahrungen und des eigenen Stils,
wie man das zum Ausdruck bringen will/ kann.
 
Dabei
27 Mrz 2012
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#10
Ich meine letztendlich setzt JEDER Versuch zu helfen, Emphatie voraus.
Danke, Cybele, genau das meine ich. Wer keine Empathie besitzt, der wird den TE nicht verstehen bzw keine auf seine Situation zutreffende Antwort geben können.
Denn "aus der Illusion befreien" (PumpingIron) oder "eiskalte und rationale Realität" (Revage) setzen auch Empathie vor raus. Ihr beiden habt den Begriff Empathie nur falsch definiert, glaube ich.


=> Mir geht es aber auch um keine Empathie-Grundsatzdiskussion. Sondern darum, dass es gut möglich, dass durch das Benutzen/Trainieren der Empathie hier im Forum die Empathiefähigkeit verbessert wird — siehe Studie.
 
Dabei
5 Jun 2015
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#11
Ja, da bin ich ganz sicher,
was du sagst ist richtig.
insomnius
es ist hier wie im richtigen Leben;)
Übung macht den Meister und alles bedingt sich gegenseitig.
Auch das lesen anderer Meinungen und Denkansätze schärft die Sichtweise und präzisiert das Gespür.
das fehlende Mimische Feedback wird hier oft durch die Dikussion ersetzt,
so das der Antwortende im lebendigen Prozess bleibt.
 
Dabei
5 Nov 2007
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#12
Ich war einige Tage unterwegs, hier nicht ON, und hab das erst jetzt bemerkt. Ich finde das wichtig und hilfreich, dass Insomnius das aufgegriffen hat, und möchte aus meiner Sicht als Moderator auch noch einen Aspekt beitragen.


Zunächst: Den Begriff Empathie verwende ich in der Regel nicht. Das hat damit zu tun, dass der Begriff mir lange gar nicht bekannt war. Soweit ich das übersehe, ist es ein Begriff, der erst seit kurzer Zeit Eingang in die deutsche Umgangssprache gefunden hat. Vorher war er nur in fachwissenschaftlichen Auseinandersetzungen üblich. Aber es kommt nicht auf die Worte und Begriffe an. Wenn es zur Verständigung dient, ist es gut und hilfreich.


Hier wird direkt oder indirekt die Frage aufgeworfen, was Aufgabe und Ziel eines Hilfeforums wie LoveHelp ist. Ist es das, was wir hier schon oft als „harte Wahrheiten“ diskutierten und in diesem Thread als „eiskalte rationale Realität“ bezeichnet wird? Oder andererseits Empathie, also die Fähigkeit, sich in andere Menschen einzufühlen. Ich gehöre zu denen, die beides als wichtig erachten in einem Hilfeforum. Und die Aufgabe darin besteht, in jedem individuellen Fall zu erkennen, wo und wie in einer Antwort der Schwerpunkt gelegt werden muss.


Hier haben schon viele berichtet, dass sie das Erstere zunächst als Abstoßend oder als Zumutung empfanden, aber dann erkannten, dass gerade dies sie weiter bringt. Andererseits: Dieser Thread erinnert mich auch an das, was wir hier im Zusammenhang mit JesseBlue hatten. Wer schon länger dabei ist, wird sich erinnern, was ich meine. Dass viele sich durch Sprache und Haltung abgestoßen und nicht verstanden fühlten. Also ein Mangel an einfühlen, mitfühlen, hineinversetzen. Und wir als Moderatoren eine Lösung finden mussten, dass dieser ewige Streit beendet werden musste. Dass das nicht tolerabel ist, dass ein einzelner User so sehr Geist und Atmosphäre eines Forums im Negativen bestimmen kann.


Wir sind ein Hilfeforum. Wenn das hier in erster Linie ein Diskussionsforum wäre, hatte ich für andere Schwerpunkte plädiert. Dass die offene freie Diskussion, notfalls die provozierende Überspitzung, eben die „harten Wahrheiten“, Vorrang haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dabei
27 Feb 2013
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#13
Hallo Nic,

du hast mit allem Recht.

Was JesseBlue betrifft - da muss ich sagen, dass ich es schade finde, dass er nicht mehr hier ist.

Ich war zuletzt wenig im Forum und hab nicht mitgekriegt, weshalb es zum *Rauswurf* kam.

Für mich kann ich nur sagen: Anfangs hing ich auch mit ihm und war empört über Dinge, die er schrieb. Hab aber gelernt, dass gerade da, wo es einen trifft und ärgert, der Hund begraben liegt.

Und Jesse hat oft ins Schwarze getroffen, genau da, wos wehtat.

Das rüttelt aber auf. Und ich hatte ganz tolle *Gespräche* mit ihm und vieles hat mich zum Nachdenken gebracht und wirklich weitergebracht.

Aber ich verstehe, wenn es hier warum auch immer eskaliert ist, dass ihr Mods eingreifen musstet.
 
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