anderer Mann und Verantwortung

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Gast
#1
Hallo!

Ich habe ein riesen Problem. Ich (26) bin in einer Beziehung und zwar seit vier Jahren, mein Freund ist 30. Eigentlich führen wir keine Beziehung wie man das so kennt, obwohl es mal so angefangen hat. Mein Freund hat Multiple Sklerose und hat teilweise so starke Schübe, dass er allein nicht mehr zurecht kommt. Er hat Sehstörungen und Lähmungserscheinungen. Ich weiß nicht, ob sich jemand von euch ein bisschen auskennt. MS-Patienten verändern sich im Laufe der Krankheit charakterlich und daher ist er sehr Ich-bezogen geworden und erwartet, dass ich alles für ihn erledige, weil er ja krank ist. Ich mache auch alles für ihn und werde dann beschimpft. Sex will er nicht mehr. Er ist mittlerweile egoistisch, mitunter gewalttätig und schnell gekränkt. Meine Gefühle für ihn haben sehr darunter gelitten, aber mein Pflichtbewusstsein und auch Zuneigung halten mich bei ihm. Ich weiß, dass das alles von der Krankheit herrührt, er war früher nicht so, doch es fiel mir immer schwerer damit umzugehen, also suchte ich mir eine Gruppe von Betroffenen, um mit dem Verhalten meines Partners umgehen zu lernen.
In dieser Gruppe lernte ich einen Mann kennen, dessen Freundin sich genauso verhält und wir trafen uns zunehmend, um über die Schübe zu reden, was der jeweils andere macht, wenn er wieder beschimpft, gehaun und rausgeworfen wurde.
Wir trafen uns ein paar Monate, unsere Partner wussten davon und nach und nach verliebte ich mich in ihn und er sich auch in mich. Wir haben uns nie angefasst, kein Kuss, nicht mal umarmen, aber wir haben uns gegenseitig unsere Gefühle gestanden.
Wenn ich nun in einer "anderen" Beziehung wär, würde ich Schluss machen, mich erstmal sammeln und mich dann vielleicht dem anderen nähern.
Doch ich fühle mich nur schlecht, weil ich Gefühle für jemand anderen entwickelt habe... Mein Freund braucht mich, er ist allein zu manchen Sachen nicht mehr fähig, seine Eltern sind bereits gestorben. Und auch wenn er mich manchmal so schlecht behandelt, weiß ich, dass er mich sehr liebt und mir eigentlich nicht weh tun möchte, sondern das gar nicht im Griff hat... Ich habe erstmal den Kontakt zu dem anderen abgebrochen, der sich übrigens genauso schlecht damit fühlt wie ich, doch er geht mir nicht aus dem Kopf...
Hat jemand einen Rat für mich? Ich bitte euch mich nicht allzusehr zu verurteilen, ich weiß, dass meine Gedanken und Gefühle falsch sind und mein Freund nicht verdient hat, dass ich an einen anderen denke, doch wie stelle ich das ab??
 
Dabei
9 Okt 2008
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55
#2
Ich bitte euch mich nicht allzusehr zu verurteilen, ich weiß, dass meine Gedanken und Gefühle falsch sind und mein Freund nicht verdient hat, dass ich an einen anderen denke
Ich denke nicht das es da was zum verurteilen gibt,, ich weiß auch nicht warum du dich selbst deswegen so nieder machst.

Das was mit deinem Freund passiert ist schlimm.......warum du Ihn pflegst und bei Ihm bleibst nachvollziehbar, aber auch du hast in dem ganzen ein wenig Glück verdient.

Du bist nicht egoistisch wenn du auch an dich denkst, und gerade wenn man aufopfernd pflegt braucht man selbst etwas aus dem man Kraft und Hoffnung schöpft.

Gib dich selbst und dein Leben nicht auf !
 
Dabei
31 Jul 2011
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2.818
#3
Sehe das genau so wie api.

Ich weiss wie es ist MS zu haben und das der Verlauf der Krankheit unberechenbar ist und auch nicht vorhersehbar.
Aber ich finde trotz all dem macht es sich Dein Partner sehr einfach. Er verlässt sich zu sehr auf Dich,er weiss das Du da bist und das Du Ihn in so einer Situation nicht alleine lässt.Dementsprechend lässt er all seine Wut und Hilflosigkeit an Dir aus.
Geht er denn selber in eine Hilfegruppe für MS erkrankte?
Ich denke wenn er selber jemanden hat mit dem er sich austauschen kann er vielleicht nicht mehr ganz so stark auf Dich fixiert ist.

Und es ist verständlich das Du Dich in solch einer Situation verlieben tust gerade weil Du Dich nach Geborgenheit und Liebe sehnst.
Aber einen Rat was Du jetzt machen sollst kann ich Dir nicht wirklich geben
Nur soviel kann ich Dir mitgeben: Aus Mitleid mit jemanden zusammen zu bleiben ist immer verkehrt.
 
Dabei
11 Aug 2011
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3.912
#4
Ich möchte nicht unsensibel klingen:

Aber es gibt auch kranke Menschen die nicht aggressiv werden.Von daher denke ich nicht das Du den Rest Deines Lebens in die "Verantwortung" genommen werden solltest, oder denkst das Du das müsstest.Wenn ein zusammenleben im grundsätzlichen nicht mehr tragbar ist kann eine Krankheit nicht der Grund sein für ein weiteres zusammenleben.Das käme einer Nötigung gleich.

Fazit:
Ich denke Du solltest mit denem Freund ein paar harte und ehrliche Worte sprechen.Auch Du kannst nichts dafür das es so gekommen ist wie es ist ,unabhängig davon das Du Dein weiteres Leben gestalten wirst.Dieses kann man Dir nicht zum Vorwurf machen.
 
Dabei
22 Aug 2011
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#5
Liebe Schreiberin,

erstmal ein großes Kompliment zu Deinem Verantwortungsbewusstsein und Deinem Ehrgefühl. Du machst es Dir echt nicht leicht ...

Ich greif einfach mal ein paar Textbausteine von Dir raus ...

Mein Freund braucht mich
Bist Du ganz sicher, dass DU es bist, die er braucht? Oder braucht er nur die Unterstützung, die Du ihm gibst? Dann würde ich ehrlich gesagt lieber einen Pflegedienst beauftragen. Du machst Dich aktuell mit Aufgaben kaputt, die auch jemand anderes erfüllen könnte (vielleicht aufgrund der entsprechenden Ausbildung sogar besser als Du) - und es bleibt kein Raum mehr für die Dinge, die nur Du ihm geben könntest. Zuneigung, Nähe, Wärme, Verständnis ... ist das überhaupt noch da? Willst Du ihm das überhaupt noch geben - in den Momenten, in denen er das braucht?

ich weiß, dass meine Gedanken und Gefühle falsch sind
Nein. Falsch können Gefühle nicht sein. Unbequem vielleicht, aber immer noch ein Teil von Dir. Also versuche nicht, sie zu verteufeln und zu verbannen - die Biester kommen wieder. Finde einen Weg, damit umzugehen. Wer weiß, vielleicht sind ja gerade diese Stunden mit dem anderen Mann das, was Dir die Kraft gibt, Dich um Deinen Freund zu kümmern? Wir alle brauchen doch irgendwo etwas, was uns Kraft und Freude gibt ... wenn dir dieser andere Mann das gibt, was ist daran verurteilenswert?

und mein Freund nicht verdient hat, dass ich an einen anderen denke
Sicher hat er das nicht. Er hat auch nicht verdient, krank zu sein. Und Du hast nicht verdient, an der Seite eines Kranken dahinzuwelken. Das Leben ist nicht fair - aber ein anderes haben wir nun mal nicht. Also, sorg dafür, dass er optimal versorgt wird - aber gib so viel davon ab, wie es geht. Sei für ihn da, wenn er Dich braucht. Aber sorg vor allem für Dich. Nimm mit, was Dich glücklich macht - anderenfalls wirst Du eines Tages unter der Last der selbst auferlegten Verantwortung zusammenbrechen. Und dann hat Dein Freund auch keinen mehr, der sich um ihn kümmert.
 

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