@ Strassenkatze:
Du machst aus meiner Sicht den Denkfehler, anzunehmen, kleine Notlügen bestünden notgedrungen aus mangelndem Vertrauen, weil man sich zu wenig kennt, bzw. daraus resultierend nicht darauf vertraut, mit entsprechendem Respekt begegnet zu werden. Dem stimme ich Dir lediglich außerhalb einer Beziehung bei Fremden Menschen zu, mit denen man täglich nur flüchtig interagiert.
Innerhalb der Beziehung jedoch, spielen meiner Ansicht andere Gründe die entscheidende Rolle. Du lässt nämlich ganz außer Acht, dass sehr viele Menschen, die sich allzu gut kennen, dies vordergründig praktizieren. Das kann z.B. deswegen erfolgen, weil man weiß, dass der Gegenüber bei Dingen, die einem selbst unwichtig erscheinen, empfindlich reagiert. Sei es bei einer Frau, die den direkten Satz "Du bist aber dick geworden" nicht als sachliches Feedback, sondern als Beleidigung wertet (was eigentlich nur eine sachliche Wahrheit ist), oder ein Kerl, der keine Verniedlichungen abkann, die Frau aber hobbymäßig in der Glupschiesprache kommuniziert oder er für sie einfach metrosexuell rüber kommt. Und so etwas ist nicht mal die untere Grenze der Banalität. Es gibt Sachen, die derart unbedeutend sind, dass die Ehrlichkeit einfach völlig sinnfrei ist, für keinen einen Nutzen bringt, trotzdem z.B. Stress auslösen würde, weil nun einmal jeder seine Macken und Kanten hat. So etwas wird dann entweder ausgeschmückt (und damit ein Stückchen unwahr) beschreiben, oder eben ganz weg gelassen. Jedoch zu behaupten, dies könne man pauschal auf fehlendem Vertrauen zurück führen, halte ich für eine unwahre These.
Die Wahrheit muss einfach nur irgendeinen Sinn haben. Und wenn dieser Sinn nur daraus besteht, dem Partner auf den Zeiger zu gehen, oder in kleine empfindliche (trotzdem belanglose) Punkte seines Egos herum zu stochern, verschweigt man sie einfach besser.
Lügen spielen nicht nur in der Partnerschaft, sondern allgemein in der Gesellschaft eine wichtige Rolle, die in geeignetem Maße überhaupt erst die Interaktion möglich macht. Insbesondere, da die Grenze zwischen Wahrheit und Plumpheit, bzw. zwischen Wahrheit und Beleidigung fließend ist und für jeden individuell definiert ist. Würde jeder immer das sagen, was er gerade über jeden anderen denkt (ob jetzt in der Partnerschaft oder im Geschäftsleben, Urlaub, beim Ausgehen oder sonstwo) würde in kürzester Zeit das Chaos ausbrechen.
@DocBrown:
Ich hoffe, Du meinst Dein Geschriebenes nicht wirklich ernst. Von was reden wir hier? Jemand geht fremd und kümmert sich in dem moment einen Scheiß darum, ob durch das bisschen Sex alles an Vertrauen zerstört wird, was man langwierig aufgebaut hat, oder ob der Partner am Boden sein wird. Und dann willst Du dem betrogenen Part wirklich versuchen zu verkaufen, dass das Verschweigen mit fürsorglicher Schonhaltung zu tun hat? Ich bitte Dich....
Jemand, der fremd geht, lässt sein Egoismus in allen Facetten spielen. Sofern es je wieder einen Neuanfang geben kann, kann sich dieser doch nicht darauf aufbauen, dass der betrügende Part sich als emotionalen Mildtäter verkauft. Es spielt eine bezeichnende Rolle, dass der betrogene Partner bei solch einer Sache am Boden ist und ihn die volle Härte trifft. Damit die Entscheidung über zweite Chance oder Trennung unter wahren Gegebenheiten stattfindet. Schließlich hat man nicht einfach eine falsche Pizza gekauft, sondern die Basisregel für eine erfüllte monogame Beziehung gebrochen. Und da erachte ich es als finalen Todesstoß in Sachen Respekt, wenn jemand sein Teil nicht der Hose lassen konnte und sich dann, anstatt zumindest so viel Rückgrat zu zeigen, sich als offenen Charakterarsch zu bekennen, billig aus der Verantwortung/Konsequenz zu schleichen versucht, indem er dem Partner das Verschweigen einer Affäre nach einer getätigten Affäre immer noch als sorgenvollen Emotionalakt verkauft.
Ist ja auch genial: Ich poppe einfach fremd und verschweige es ihr. Wenn es unbemerkt bleibt, kann ich fröhlich weiter machen bzw. hatte ohne Konsequenzen meinen Spaß. Und falls sie es heraus findet, kann ich mich immer noch als Missionar verkaufen. Das könntest Du ausdrucken und als Bedienungsanleitung zum Fremdgehen verlegen lassen. Könnte ein Erfolg werden.
Die Person, die so etwas schluckt, hat es nicht anders verdient, als betrogen zu werden.