Alte Geschichten lassen einen nicht los

Dabei
25 Jul 2013
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#1
Hallo,
ich (w) bin neu hier. Und ich habe gleich ein Problem zu posten, das macht mir schon lange zu schaffen: als ich jünger war - so 17-20 hatte ich immer eine extrem lange Leitung und habe total hinter dem Mond gelebt. Dadurch habe ich unabsichtlich oft Leuten (meistens Männern) weh getan oder mir selbst damit geschadet. Daran muss ich heutzutage immer wieder denken. Ich rekonstruieren geradzu die ganzen Abläufe des Geschehens und überlege immer, wo und wie ich es häte besser machen können. Dasist schon fast zwanghaft und ich kann es aber nicht lassen.
Nur ein beispiel:
Mir ist jetzt fast 30 jahre später durch Zufall klar geworden, dass einmal der Vater von einem Kumpel in meinem Sportverein aufgetaucht ist und darum gebeten hat, dass ich diesen Kumpel anrufe, weil er mich so gern hatte. Ich habe ihn aber für eine Art Saufkumpan von ihm gehalten. Der Vater hat sich auch nicht zu erkennen gegeben sondern ist ziemlich laut, ausfallend und zweideutig geworden - er war betrunken. Da habe ich ihn einen alten Pavian genannt.
Das tut mir jetzt so schrecklich leid, weil der Kumpel ein sehr netter Typ war und nichts für seinen seltsamen Vater konnte. Ich hätte ihn dann anrufen sollen - habe ich aber nicht, weil ich dachte er ist so einer der mit alten schlüpfrigen Opas saufen geht...Dabei hätte ich den Vater kennen sollen, er war eigentlich ein lokaler Sport-Prominenter, den sonst alle dort kannten, nur ich natürlich wieder nicht - habe kürzlich seinen Nachruf gesehen weil er gestorben ist und da wurde es mir klar.
Wieso habe ich das nicht gewußt obwohl es ein recht guter Kumpel war. Ich wusste nur das er Probleme mit seinem alten Herrn hatte und nicht gerne darüber sprach. Wir hätten da etwas gemeinsam gehabt weil auch mein Vater Trinker war.
Sowas und mindestens 5 andere Sachen gehen mir immer im Kopf herum - wie kann man das loswerden. ich stehe sonst mitten im Leben - Mann, Kinder, Job - aber das macht mich schon etwas verrückt, oder? Ich will nicht immer an diese alten und irgendwie doch nicht längst abgehakten Sachen denken und tue es aber doch ständig.
Bitte sagt mir etwas dazu,
Catburglar
 
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Dabei
27 Aug 2012
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#2
Ich versteh dein Problem mit dem beschriebenen Fall nicht. Du hast einen Mann, der sich wie ein alter Pavian aufgeführt hat, einen alten alten Pavian genannt. So what? Die Tatsache, dass er in deinem Dorf bekannt war, ändert daran auch nichts. Bzgl. seinem Sohn lässt sich nur sagen, war halt uU ne verpasste Chance. Und? Davon gibt's so manche bei jedem Menschen. Scheinst es doch mit der Chance, die du dann auch tatsächlich genutzt hast nicht schlecht erwischt zu haben - Mann, Kinder, Job.

Kommst wahrscheinlich in die Wechseljahre, ich denke, da ist das normal über solche Themen nachzudenken und übers eigene bisherige Leben zu reflektieren. Geht auch vorüber.
 
Dabei
25 Jul 2013
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#3
:lol: Da musste ich jetzt echt lachen wegen den Wechseljahren. Dann kann ich ja nur hoffen in ein paar jahren darüber hinweg zu sein. Bis dahin brauche ich aber eine Methode um das abzuschalten.
Bestimmt hat es damit zu tun, und ich wäre dann nicht die einzige die damit ein Problem hat - das würde mich beruhigen. Meine Freundinnen, denen ich dies versucht habe ansatzweise zu erzählen (nicht diese spezielle Geschichte - das ist nur eine von vielen, sondern das Problem mit dem dran denken) verstehen es aber auch nicht und fanden das wohl etwas komisch. Allerdings finde ich es qälend, an Dinge zu denken, an die man nicht denken möchte und das auch nichts bringt.
Und klar das war wirklich ein alter Pavian aber es tut mir trotzdem im Nachhinein leid - nicht wegen der verpassten Chance mit seinem Sohn sondern weil ich nicht weiter gedacht oder weitergefragt habe damals. ich hoffe das erklärt es so einigermassen.
 
Dabei
26 Jun 2013
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#4
Ich will nicht immer an diese alten und irgendwie doch nicht längst abgehakten Sachen denken und tue es aber doch ständig.
:D :D da muss ich mal mitlachen. Ich bin jetzt auch knapp über die 40 (also schon mit 1 1/2 Beinen im Grab :D ) und kann mich noch an Dinge erinnern ... hey, meine erste "Verliebtheit" ... Gitta, von der Grundschule. Werde ich nie vergessen. Auch die Betreuerin im Kindergarten "Fräulein Ute" (jaaa, damals Fräulein :D ). Und alle in die ich mich danach verliebt habe ebenfalls. Ich werde sie sicher nicht los, wie auch diverse Situationen (bin sehr oft von meiner Mutter blutig geschlagen worden, soll jetzt keine Mitleidsmasche sein, ist einfach so und wohl auch nicht sooo selten, aber sich den Kopf an einer Rippenheizung aufschlagen zB oder an Schrankkanten vergisst man nicht wirklich), aber ich kann lernen damit umzugehen und zu verarbeiten.
Der Großteil der bislang gemachten Aktionen gegenüber Frauen für die man was empfunden hat, waren Katastrophen, also habe ich mich auf die "heimliche Verliebtheit spezialisiert" ... und es funktioniert, wenn man es so bezeichnen will.

Und ein Therapeut kann dir zumindest als Steigbügelhalter dabei helfen das "Pferd" zumindest an den Zügeln zu halten ohne das es dir durchgeht ;) (habe ich 3 Jahre hinter mir)

wenn ich über all das nachdenken würde was in den letzten 30 Jahren so passiert ist ... ui ui ui
 
Dabei
25 Jul 2013
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#5
Danke Crazy Horse, das ist wohl so. Leider kenne ich niemanden, dem es auch so geht, oder der es zugibt. Und leider denke ich nicht an die heimlichen Verliebtheiten - das wäre ja schön- sondern an die tatsächlichen Katastrophen. Es heisst ja, man bereut immer nur das was man nicht gemacht hat, aber ich bereue nahezu alles was schiefgelaufen ist.
gibt es dafür einen Gedankenstopp, wenn man sich nur noch an den Kopf fassen möchte und rufen: Oh mein gott?
 
Dabei
26 Jun 2013
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#6
@catburglar; an die "Katastrophen" muss ich gelegentlich auch noch denken, aber nicht mehr mit diesem Gefühl des "oh mein Gott", sondern es ist mittlerweile so, daß ich mir sage "all das habe ich relativ gut überstanden, bin nicht abgesagt und wer weiß wie es ´denen´ seither so ergangen ist ? eigentlich alles gut". Verstehste ? ich muss grad bei diesen Katastrophen leise (wenn ich alleine bin tw laut) schmunzeln. Wirklich geschadet hat mir das nicht.

Aber vll bin ich deswegen eher Ablehnung und Anfeindungen gewohnt
 
Dabei
25 Jul 2013
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#8
Hi Crazy Horse, das ist sehr schön. Ich bin auch nicht abgesackt - hatte es auch nicht ganz so schwer wie du.
Wenn man aus den Katastrophen etwas lernt waren sie wohl auch für etwas gut.
Aber an den Punkt "ich habe alles gut überstanden und die anderen wohl auch" komme ich immer erst nach manchmal monatelangem Analysieren der damaligen Geschichte und das ist einfach ätzend, weil man sich durch all den Müll hindurchquälen muss um auf den Punkt zu kommen. Dabei will ich das garnicht, sondern es zwingt mich - so ähnlich wie ein heulendes Baby.
Eigentlich habe ich für sowas im stressigen Alltag keine Zeit. Jetzt habe ich gerade Urlaub und dachte mir ich kümmere mich jetzt mal endlich darum, so zwischen Freibad und aufräumen. Es bringt mir auch tatsächlich viel, hier zu posten. Vielen Dank dafür, für die hilfreichen Beiträge!
 
Dabei
26 Jun 2013
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#9
Eigentlich habe ich für sowas im stressigen Alltag keine Zeit. Jetzt habe ich gerade Urlaub und dachte mir ich kümmere mich jetzt mal endlich darum, so zwischen Freibad und aufräumen. Es bringt mir auch tatsächlich viel, hier zu posten. Vielen Dank dafür, für die hilfreichen Beiträge!
:) freut mich. Es kann aber nur einer der ersten Schritte sein! und ich weiß nicht ob ich es wirklich schlimmer hatte als du. Ich mein, ich habe 4 Brüder und da fängt man sich auch irgendwie gegenseitig mal auf (oder im Gegenteil :D ). Meine Kindheit war durchaus schön. Keine Frage. Und das mit ... nunja ich habe irgendwann dagegen gesteuert und dann kam sie damit auch nicht mehr weiter (eine Frage des Alters).
Aber egal wie und was war (man will ja nicht jammern!!! von wg schlimme Kindheit und so; DIE HATTE ICH NICHT! und auch ich habe meine Mutter "geliebt", weil sie auch andere Seiten hatte. Aber die Nachwirkungen sind wohl (nach Gesprächstherapie 3 Jahre) darauf zurückzuführen ...

ich kann dir nur empfehlen irgendwas in der Richtung zu machen. Also einen echten direkten Ansprechpartner (Psychologen).

schöner Vergleich mit dem Freibad :)
also; solltest du die Verschmutzungen am und im Becken nicht mechanisch beseitigt bekommen, such dir ein Mittel das aggressiv genug zum Schmutz, aber verträglich mit der Bausubstanz ist ;)
 
Dabei
25 Jul 2013
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#10
Guter Freibad-tip und noch besserer Therapeutentipp.
Bis ich mich das traue schreibe ich es aber erstmal auf, das mache ich schon eine weile. Wenn ich dann mit einer Geschichte fertig bin, frage ich mich wer kommt als nächstes zu mir zurück - echt bekloppt. Heisst ja so - was man verbrochen hat kommt 3-fach zurück. Früher dachte ich das ist Blödsinn aber jetzt weiss ich bescheid. Ok, danke nochmal.
Ich weiß jetzt ich bin jedenfalls nicht total verrückt sondern nur ein wenig beladen...und brauche einen verständnisvollen Gesprächspartner. Keine schlechte Erkenntnis :cool:. Das unfreiwillige herumwühlen in der Vergangenheit bleibt mir wohl nicht erspart. Ich kann mir vorstellen, bei einer therapie geht es von quälendem Wühlen bis hin zu schmerzhaft. Das mag ich eben noch nicht beginnen aber später.
Was ich aber keinem niemals nicht empfehlen würde - Leute von früher kontaktieren und damit behelligen. Das hat mal einer mit mir gemacht, das war eher gruselig. Würde ich selber nie tun. Für einen selbst ist das ok (die Gedanken sind frei), aber die anderen habe es doch längst auf ihre Art verarbeitet. Davon würde ich immer ausgehen.
 
Dabei
26 Jun 2013
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#11
was man verbrochen hat kommt 3-fach zurück
und wenn jemand zu dir zurückkommt, darf man ihn behalten, gibts auch :)

Früher dachte ich das ist Blödsinn aber jetzt weiss ich bescheid.
nein, das ist ganz sicher kein Blödsinn. Man kann vieles verdrängen oder gut verarbeiten, aber selten wichtige Dinge (ob positiv oder negativ) wirklich vergessen.

Das unfreiwillige herumwühlen in der Vergangenheit bleibt mir wohl nicht erspart. Ich kann mir vorstellen, bei einer therapie geht es von quälendem Wühlen bis hin zu schmerzhaft.
ja, sowas kann man nicht immer bewußt an oder abschalten. Wäre schön wenn man´s könnte, aber selbst Ablenkungen, wie Arbeit, sind irgendwann vorbei und dann kommen die Gedanken ganz von alleine. Mit jemanden reden ist da eine gute Möglichkeit. Und wenn´s so richtig richtig schmerzt (ich meine, das die Tränen einfach so kommen und man innerlich zusammenbricht) ... ich denke, erst dann ist man auf dem richtigen Weg. Alles andere wäre "sich selbst was vormachen" ;)

Was ich aber keinem niemals nicht empfehlen würde - Leute von früher kontaktieren und damit behelligen.
zumindest nicht bewußt und mit dem Willen dies als Mittel zum Zweck, also als Werkzeug für die eigene Bewältigung zu nutzen. Nein das sollte man nicht. Aber manchmal ist der Zufall da hilfreich und man läuft jemanden einfach so über den Weg und kann reden. Gibts auch.

aber die anderen habe es doch längst auf ihre Art verarbeitet.
sicher ??? ich mein, weiß man das wirklich 100%ig ? viele leben mit einer äußeren Fassade für die Allgemeinheit ... wer dahinter schaut, findet oftmals ganz andere Menschen ...
 
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