Ist es ein Mangel an Selbstbewusstsein?

Dabei
29 Aug 2008
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#1
Hallo zusammen, vielleicht kann mir jemand einen Rat oder Hinweis geben, welcher meinen Gedanken auf die Sprünge helfen kann. Würde mich freuen!

Darum geht es: Zum Jahreswechsel trennten sich meine damalige Freundin und ich uns einvernehmlich nach 10 Jahren Beziehung. Es war eine Trennung die im Grunde genommen seit Jahren überfällig gewesen war. Aus Angst vor einem tiefen Fall hörte ich allerdings nicht auf mein Herz.
Mein Herz wollte Lebendigkeit, Aufmerksamkeit und das Gefühl geliebt zu werden. Vieles staut sich auf in langen enttäuschten Zeiten und nagt an einem.
Seit auch räumlich vollzogener Trennung und einem zur Ruhe kommen, las ich unter anderem das Buch "Wie der Bauch dem Kopf beim denken hilft", und in mir entstand der euphorische Gedanke, das ich viel zu lange unterlassen hatte meine eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren, aus Angst dann eventuell Stress oder sogar verlassen werden herauf zu beschwören. Ich hatte nun einen ruhenden Punkt in mir entdeckt, einen der schon lange da war und den ich nun endlich auch mal annehmen und nutzen sollte.
Diese Entdeckung war sehr erholsam.
Nun bin ich seit etwas über drei Monaten mit einem lieben Menschen zusammen. Wir kennen uns schon seit fast 12 Jahren, obwohl kennen etwas übertrieben ist, da wir in dieser langen Zeit eher sporadischen Kontakt hatten. Dennoch war sie immerzu in meinem Herzen und manchmal träumte ich von ihr, wobei diese Träume immer von einem unglaublichen Liebesgefühl erfüllt waren. Wir hatten schon seit Herbst letzten Jahres wieder häufigen Kontakt, telefonierten viel und schrieben uns lange Textnachrichten. Dann kam die Trennung, und mit ihr auch die Sorge um die Zukunft. Wohnung finden, es finanzieren können, sich absichern. Ich habe mir in dieser Zeit einen ziemlichen Kopf gemacht. Dann plötzlich, aus den Telefonaten und Nachrichten heraus hat sich mein Herz richtig stark für sie entflammt, war plötzlich eine unglaubliche Leere in mir. Eben war ich noch euphorisch und voller Liebe, war plötzlich alles weg. Ich habe es ihr gesagt, und es hat sie schockiert. Denn sie wollte auch mehr, wollte eine Zukunft. Es wurde erstmal ruhiger um uns. Ich fand eine Wohnung und Dinge spielten sich neu ein. Im Mai besuchte sie meine Stadt und wir trafen uns. Mit einem mal war das Herz wieder entflammt, und mir wurde klar, das ich einen großen Mist angestellt hatte. Denn ich wollte sie ja, das merke ich. Und so begannen wir dann, einander ausgesprochen und verstanden, endlich etwas gemeinsames anzugehen. Sie wohnt leider 500km von mir entfernt, aber ich habe kein Problem damit mit der Bahn zu ihr zu fahren. In den ersten Wochen war alles unglaublich schön. Die Lebendigkeit und neuen Erfahrungen, ich fühlte mich wohl und getragen. Ich fuhr jedes Wochenende zu ihr, und in mir war der Gedanke: "Wann wenn nicht jetzt?". Ich plante mit ihr zusammen, mich bei Firmen an ihrem Wohnort zu bewerben, zu ihr zu ziehen. Wir dachten innerhalb eines Jahres das zu schaffen. Wir redeten viel, auch über meinen Fehler im Frühjahr. Ganz offen und ehrlich. Bis zu diesem einen Moment, in dem sie mir über die Zeit danach und den Frust und die Selbstfindung erzählte, an deren Abschluß sie sich einfach jemanden mit nach Hause nahm. Nur für eine Nacht!
Da änderte sich etwas für mich. Ich war schockiert, obwohl mir auch klar ist, das es mich nichts angeht. Seitdem erfasste mich eine tiefe Traurigkeit. Trennungsangst war plötzlich in mir, ich machte mich mit meinen überschlagenden Gedanken und Zweifeln selbst verrückt. Im gleichen Maße, sie spürte es ja, bekam sie Panik vor soviel Emotionalität und Liebesbettelei. Zog ihr Engagement wohl auch unbewusst zurück. Wir sprachen darüber, auch darüber das es wichtig sei sich auch selbst lieben zu können und sich nicht nur über die Liebe des Partners zu definieren. Ich begriff das mein Klammern nicht richtig sein kann und ich etwas an mir ändern muss. Es war ein schmerzlicher Prozess, aber er ist wichtig. Weil dieses Gefühl des abgelehnt werden nicht erst seit dieser oder der letzten Beziehung in mir steckt. Ich fange an meine zweifelnden Gedanken zu ignorieren, sage mir das ein kleines Kind in mir nach liebe schreit. Aber es ist ein zorniges Kind, das seinen willen haben will und um sich schlägt. Ich aber bin erwachsen und muss diesen absolut normalen Wunsch nach Erfüllung meiner Bedürfnisse erwachsen kommunizieren. Damit geht es. Ich werde ruhiger, selbstsicherer und zweifele nicht mehr so sehr. Vor allem erkenne ich, das mir immerzu Vertrauen in den Partner fehlte. Nun vertraue ich, habe es lange genug nie getan. Es fühlt sich gut an.
Nur ist es nun nicht mehr so leidenschaftlich und tief wie zu Anfang. Sie lebt ihr leben weit entfernt, und ich komme ab und zu hinzu. Ich wünsche mir mehr kuscheln und Nähe, sie möchte es nicht so sehr. Ich wünsche mir ein "Ich liebe dich" bei der Verabschiedung am Bahnhof oder nach dem Sex, ich warte darauf. Ich würde es gerne einfach nur aus ihrem Mund hören, von Herzem gesagt. Ja, ich vertraue! Aber diese kleine Äusserung, es einfach mal zeigen, ist das zuviel?

Ich hoffe der Text ist nicht zu anstrengend, würde mich über ehrliche Meldungen sehr freuen.

Gruß M.
 
Dabei
24 Apr 2008
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#2
Hallo,

ich verstehe deinen Wunsch diese Sachen wie „Ich liebe dich“ oder „Ich vertraue dir“ von ihr zu hören. Aber möchtest du wirklich, dass sie dies sagt, wenn sie (noch) nicht dahinter steht?
Wie oft liest man, dass der Partner einem sagt, dass er ihn liebt und ihn ein paar Tage später verlässt. Es gibt Menschen die sagen so etwas einfach nur dahin. Weil es für sie dazu gehört oder einfach irgendwann mal gesagt werden muss. Deine Freundin gehört anscheinend nicht dazu und benutzt solche Aussagen nicht inflationär.
Sagst du es ihr denn? Und wenn ja, was bekommst du für eine Reaktion? Wichtig wäre denke ich auch zu wissen, wie oft ihr euch denn nun seht. Ihr hattet Pläne, dass ihr zusammenzieht (also zumindest an einen Ort) und das scheint jetzt auf Eis gelegt zu sein. Sicher ist es nicht richtig sich über den Partner zu definieren, aber das heißt ja nicht, dass man solche große Entfernung auf Dauer beibehalten muss, wenn es auch anders gehen würde.

Gut finde ich, dass du deine Bedürfnisse und Wünsche erkannt hast und diese nicht mehr hintenanstellst. Das du dich mitteilst und dich dir auch bewusst ist, dass dir dies gut tut und keine Zweifel an dir in dem Punkt nagen.
 
Dabei
29 Aug 2008
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#3
Hallo Schneemond,

danke für deine Worte!
Es ist schon richtig, der Gebrauch von solchen Zusammengehörigkeitsbekundungen sollte nicht zu inflationär ausfallen.
Deine Frage, ob sie dahinter steht, hört sich Nachdenkenswert an.
Nachdem ich sie im Frühjahr so plötzlich hab stehen lassen, war es ihr dann im Mai schon wichtig, das ich mir meiner Gefühle nun auch sicher bin. Berechtigterweise war sie eher skeptisch und auf ein langsames Beginnen bedacht. Mir war auch klar das ich nicht nur ihr, sondern auch mir selber und meiner Gefühle absolut sicher sein muss. Mich selber hat mein Gefühlsumschwung sehr schockiert und auch betroffen gemacht. Auch hatte ich Angst davor das es wieder passieren könnte. Jedoch ist mir auch bewusst geworden, das es bei einem so geballten Auftreten von emotionalen Reizen zu solchen Panikreaktionen kommen kann. Mein Fehler war, in diesem Moment nicht die nötige Ruhe zu bewahren, zu erkennen und es entsprechend mit ihr zu besprechen. Ganz ehrlich schäme ich mich dafür und würde es gerne ungeschehen machen. Mir war es wichtig, zu beweisen das sie mir vertrauen kann. Sie tat es, und ich war dankbar für ihr Vertrauen. Es ist schön, wie Vertrauen die Leidenschaft beflügeln kann.
Ja, sie hält sich damit zurück. Steht sie im Moment gerade nicht so sehr dahinter?
Die Zukunftspläne liegen momentan tatsächlich auf Eis. Ich sollte erstmal stabiler werden und dann könnte man ja sehen wie es sich verträgt.
Natürlich möchte ich diesen Schmerz und die entsprechenden Reaktionen nicht, sodass sie sich beengt fühlt. Ich denke mir, das es doch eigentlich ganz einfach sein kann. Wenn man sieht das der andere einen Kummer und Traurigkeit hat, einfach mal in den Arm nehmen und auf die Wunde pusten. Danach kann man doch trotzdem das eigentliche Problem angehen und darüber hinauszuwachsen lernen. Sich weiter zu entwickeln.
Gerade bei Beziehungen über große Entfernungen halte ich es für wichtig zu zeigen das da jemand ist. Jemand der mit seinen Gefühlen und Gedanken bei einem ist. Zu sagen "Ich liebe dich" oder "Ich hätte dich jetzt gerne bei mir" ist wie ein Echolot in dunkler Nacht.

Ich werde mal überlegen, ob ich vielleicht zu inflationär handele.

Gute Nacht
 
Dabei
24 Apr 2008
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#4
Also nur mal so meine ganz persönliche Sicht.... ihr seid alles in allem ja noch nicht wirklich lange zusammen.... und nach so kurzer Zeit würde ich persönlich mich sehr schwer tun von Liebe zu reden - und es eben auch noch nicht (und schon garnicht öfter) sagen mögen, diese drei Worte "ich liebe Dich".... und auch nicht glauben dass der Partner von Liebe spricht und nicht nur verliebtsein und Sympathie wenn er es tun würde ...
Dein Wunsch in allen Ehren - aber nach der kurzen gemeinsamen Zeit und dem Zwischenspiel erwartest du eigentlich etwas, dass mir persönlich zum Besispiel unmöglich wäre - denn es nur Dir zum Gefallen zu sagen würde dem ganzen seines Wertes endgültig unwiderbringlich berauben....

Und durch Deine Erwartung dessen und weil Du sie es wohl wissen läßt (und wenn es nur dadurch ist, dass Du ihr sagst Du liebst sie) setzt Du der Beziehung einem Hohen Druck aus und förderst Ihre kritische Haltung und ihre Distanz.
 

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