Up in the air - und womit ich eigentlich den Tag heute beginnen wollte
Gestern war ich im Kino. Alleine. Ich hatte zwar erst ne Freundin gefragt, ob sie und vielleicht auch ihr Freund mitwollen, war aber eigentlich froh, dass sie abgesagt hat - und hab daher auch niemand anderen mehr gefragt. Ich hab mir überlegt, dass ich alleine den Film doch aufmerksamer schauen kann als wenn jemand neben mir sitzt - und dass ich über den Film lieber mit Euch diskutiere als irgend jemand anderem. Allerdings mach ich das, wie sollte es auch anders sein, natürlich mit meiner Brille. Und die hatte ich schon auf dem Weg zum Kino in freudiger Erwartung - vor allem übrigens auf heute und die Diskussion mit Euch - auf.
Auf dem Weg zum Kino konnte ich ja über den Film noch nicht so viel nachdenken - und hab daher erstmal meinen Traummann gedanklich zusammengeschustert. Der ist so schlau und besonnen wie der Doc und Lovekills, so treu und moralisch, und darin so beständig, wie Lovekills, so aufmerksam und liebevoll, und darin so beständig, wie Max, und idealerweise auch noch unterhaltsam, lebenshungrig mit Neugier und Entdeckerqualitäten. Und er ist größer als ich - und wenn es nur wenige cm sind. Aber ich möchte nur noch einen Mann auf Augenhöhe oder höher - das kann ich mal bezogen aufs Körperliche und aufs nicht körperliche sagen. Alles andere würde mich auf Dauer wohl nicht zufrieden sein lassen.
Außerdem wäre es noch schön, wenn er mich zum Lachen bringen kann. Aber das ist kein Muss, ich kann nämlich auch hervorragend über Situationskomik und mich selbst lachen, ich kann alleine sogar albern sein. Doch das muss er wenigstens aushalten können - falls er selbst nicht besonders witzig und humorvoll ist. Aussehen ist mir eigentlich bis auf die Größe total egal - nur er muss irgendwie männlich wirken. Das tut selbst der männlichste Kerl nicht in Karottenjeans oder Bundfaltenhose (oder auch jeder anderen Hose) hochgezogen bis zur Taille, Oberteil reingesteckt und dann mit Gürtel auf Wespentaille das ganze auf schön weibliche Figur gebracht. Ansonsten wüsste ich erstmal nichts, was mich optisch auf jeden Fall abschrecken würde. Aber ne alleroberste Bedingung wüsste ich noch: er sollte mich lieben! Wow!
Mit der Traummann-Bastel-Geschichte war ich noch vor Erreichen des Kinos fertig - und hatte noch so viel Zeit, dass ich mir dann gleich noch überlegen konnte, dass ich ja dann a) wunderbar Suchkriterien habe, wenn ich denn dann wieder auf die Suche gehen will und b) dass ich die überhaupt habe, ja wohl schon mal sagt, dass ich nicht grundsätzlich gar keine Beziehung will. Huch. Steht das im Widerspruch zu meinem key learning des Vortages, dass ich keine Beziehung will? Leider war keine Zeit mehr, um mir die Frage selbst zu beantworten. Der Film fing an.
Erstmal meine subjektive grundsätzliche Einschätzung: Ich fand den Film super! Ich mag ja eher Filme, die am RL dran sind oder auf RL-Geschichten beruhen und ich liebe Situationskomik. Das hab ich gestern reichlich bekommen - und hatte daher einen ausgesprochen schönen Abend. Ich hab mich schon länger nicht mehr so gut amüsiert im Kino.
Zu einzelnen Aspekten:
Bei der Szene, in der Ryan Natalie am Flughafen nen neuen Koffer kaufen lässt und ihr sagt, wie sie da alles an überflüssigem Zeug mitschleppt, musste ich spontan "Doc Brown erklärt Lilia die Welt" denken und war mit meinen Gedanken spontan im Forum. Aber nur kurz, der Film geht ja weiter.
Mehr Stoff zum Nachdenken hat mir die Beziehung Ryan - Alex gegeben. Denn ehrlich gesagt fühlte ich mich da doch oft an Max und mich erinnert. Ich fand, die beiden haben sich viel gegeben und hatten eine besondere Beziehung, wenn auch keine im herkömmlichen Sinne. Ich fand, dass die wirkliche Gefühle füreinander hatten. Und ich fand auch, dass deren Bindung und Beziehung alles andere als schwach war - trotzdem sie keinen gemeinsamen Alltag hatten und keine festen Verprflichtungen eingegangen sind. Ist am Ende vielleicht die Bindung/Beziehung nicht TROTZ sondern WEIL sie keine festen Verpflichtungen eingegangen sind, so intensiv und stark gewesen. Weil man sie sich immer wieder neu füreinander entschieden haben - und immer wieder neu einander sehen wollten - und nicht einander sehen mussten? Ist doch möglich, oder?
Aber gut, bei Alex und Ryan hat es nicht in ein gemeinsames Zusammenleben gemündet. Ich würde dennoch mich nicht der Meinung anschließen wollen, dass der Film kein Happy End hat. Ich finde, der hat ganz viele Happy Endings.
Jim und Ryans Schwester heiraten doch.
Natalie bekommt in New York - oder wo auch immer das war - auf jeden Fall in einer besseren Gegend einen besseren Job - und damit die Chance, nochmal neu anzufangen - und sich ihr Leben so zu bauen, wie sie es möchte. Wohl auch mit einem besseren Mann.
Ryan fliegt wieder - und kommt zurück in sein altes Leben. Gut, das hat etwas an Reiz verloren. Die 10.000.000 Meilen sind nicht mehr wichtig. Das wären sie aber auch so nicht mehr gewesen, denn er hätte sein Ziel auch so erreicht - und dann hätten die an Bedeutung verloren und er sich was neues überlegen müssen. Ryan hat auch was gewonnen: mindestens eine wunderschöne Erinnerung - wenn er denn die Bezi mit Alex nicht fortsetzt - was er ja nun da er wieder fliegt, theoretisch auch tun könnte. Er hat was über zwischenmenschliche Verhältnisse gelernt. Er hat gelernt, dass die nicht überflüssig sind, sondern ihre Berechtigung und ihre Bedeutung haben. Auch wenn er auch gleich mitlernen musste, dass die manchmal weh tun. Dennoch glaube ich, dass er die jetzt mehr schätzt - und auch froh ist darüber, dass er jetzt bessere - z.B. zu seiner Schwester - hat.
Festgesetzt mit Haus, Ehefrau, Kindern und sonstigen Verpflichtungen wäre er bestimmt nicht glücklicher geworden.
Alex. Alex war nicht unglücklich in ihrem Leben, hat noch mehr Glück durch Ryan gewonnen, und hat ihr glückliches Leben behalten. Allerdings war das Glückssache. Das hätte in der Tat auch anders ausgehen können. Ein riskantes Spiel, auf dass sie sich da eingelassen hat. Und doch hat sie gewonnen. Aber eben weil sie Glück hatte und nicht aufgeflogen ist.
So, jetzt hab ich gesagt, sie hat gespielt. Hat sie. Hochgepokert sogar. Der Einsatz war nicht nur ihr eigenes Leben sondern auch das ihres Mannes und der Kinder, letztlich auch Ryans Leben. Und jetzt, wo ich das schreibe, kann ich sogar einsehen, dass der Einsatz da unverhältnismäßig ist zum Gewinn und zur Gewinnchance. Und doch - welch Wunder - kann ich nachvollziehen, dass sie gespielt hat. Ich kann es absolut verstehen - ich kann es nur nicht entschuldigen und für gut oder mal eben noch so ok befinden. Dennoch gibt es letztlich m.E. auch ein Happy End für Alex, auch für ihren Mann und ihre Kinder. Deren Welt und deren Leben bleibt unverändert. Weil sie es eben nicht beichtet, dass sie ihren Mann betrogen hat und es auch nicht anders irgendwie herausgekommen ist. Das Leben der Familie bleibt unverändert. Gewiss, es scheint nicht völlig intakt zu sein, denn sonst wäre ihr Seitenverhältnis nicht. Aber es scheint auch nicht so unheilbar krank zu sein, dass allen ein Auseinanderbrechen der Famile aufbürden zu müssen, das kleinere Übel zu sein scheint. Ich halte in ihrem Fall tatsächlich ihre Affäre für das kleinere und weniger Kummer für alle bereitende Übel. Aber ich finde es trotzdem überhaupt nicht gut, dass sie in der Verantwortungslage - also mit Kindern - sich überhaupt darauf eingelassen hat. Mir wären da selbst die allerschönsten schillerndsten egoistischen Motive nicht groß genug, um die Verantwortung für meine Familie mit Kindern verblassen lassen zu können.
Warum ich dann meinen Mann trotzdem betrogen habe und meine, ich könnte das auch noch rechtfertigen? Weil es da eben nur um die Verantwortung für mich und meinen Mann und unsere Bezi geht. Und er umgekehrt seine Verantwortung für mich und unsere Bezi auch nicht wahrgenommen hat. Wir haben keine Kinder, deren Leben wir mit dem Auseinanderbrechen unserer Ehe beeinflussen. Nur uns selbst. Weil die Situation wie oben schon geschildert bei uns eben war wie sie war - kann ich damit leben und noch in den Spiegel schauen, obwohl ich fremdgegangen bin. Unsere Ehe wäre auch auseinander gebrochen, wäre ich nicht fremd gegangen. Sie hätte schon lange vorher beendet gehört. Und weniger Probleme hätte die Trennung da auch nicht gemacht. Ich glaube auch nicht, dass es deutlich weniger Leid bei uns geben würde, hätten wir uns bevor ich fremdgegangen bin, getrennt. Klar, die männliche Ehre und der Stolz mögen jetzt etwas mehr angekratzt sein als sie es wären ohne Affäre. Dennoch ist es für mein Mann jetzt aber auch wunderbar einfach, weiterhin jede Verantwortung von sich zu weisen und zu sagen, wir trennen uns nur, weil ich fremdgegangen bin. Für ihn sind wir nur gescheitert, weil ich fremdgegangen bin. Aus keinem anderen Grund. Damit mach ich ihm die Trennung doch auch leichter. Er ist sich keiner wirklichen Veranwortung bewusst. Er glaubt, er hat alles toll und richtig gemacht, kann so bleiben wie er ist. Nur mit mir stimmt halt was nicht. Er würde das zwar nie so formulieren, aber im Grunde denkt er das so wie Scarface: ich bin die charakterlose kleine Schlampe, die sich zum Glück jetzt schon und nicht später als selbige erwiesen hat und aussortiert werden muss. Er ist das arme Opfer, dass nun nicht nur seine Frau, sondern im Grunde auch seine Mutter los ist - denn tatsächlich ist seine Mutter im Laufe unserer Ehe gestorben - und wenn ich ihn nun auch nicht mehr bemutter hat er keinen mehr, der ihn betütelt. Das tut mir auch ehrlich leid. Und darum lass ich ihn auch immernoch nicht voll in der Luft hängen - eben weil ich seine Unselbständigkeit ja die Jahre auch mitgetragen habe. Aber ich lass mir auch gern nochmal sagen, dass ich verantwortungslos bin...
Aber zurück zu Ryan & Alex bzw. zu mir & Max, weil ich da ja gewisse Parallelen sehe. Allerdings eher so, dass Max Alex' Part hat, schließlich hat der die Familie mit Kind(ern), aus der er dann eben auch wie Alex "kurz flüchtet". Und vermutlich würde es mir wie Ryan gehen, wenn ich dann mal eben so vor der Tür stünde.
Wow, was für ein lohnender Kinoabend.
Danke Mona & Danke Doc, dass ihr mich auf die Fährte gesetzt habt. Ich hätte sonst wohl erst einen anderen Film im Kino geschaut - und diesen hier damit mehr oder weniger verpasst, bis er irgendwann mal im Fernsehen läuft oder auf DVD zu haben ist.
Ach ja, da war noch was. Die Sache mit dem Rucksack packen. Da geht es mir ja auch eher so wie Ryan. Ich hätte es nur nicht so schön auf den Punkt bringen können, dass ich das Gefühl habe, ich muss den Rucksack ersmal leer machen, bevor ich den richtig packen kann. Ich bin auch voll am Auspacken. (Daher hab ich z.B. die Freundschaft mit meinem Ex seit einigen Monaten nicht mehr und auch einige andre Sachen. Darum hab ich auch so ein befreiendes Gefühl dadurch, dass ich den Typen der mich damals verfolgt und vergewaltigt hat, angezeigt habe. Im Grunde hab ich das auch immer im Rucksack mit mir rumgetragen. Manchmal auch ausgepackt - aber irgendwie hatte ich immer das Gefühl, dass die Stelle an der ich es ausgepackt habe, gesagt hat: "Ist ok. Aber pack es wieder ein." Das ist jetzt anders. Die Polizei hat gesagt "gib her" - und der Rucksack ist so so so viel leichter.) Durch den Film jetzt werd ich noch bewusster aus- und am Ende wieder einpacken.
So, und wenn sich das bis jetzt alles schön und nach Happy End auch bei mir liest, dann muss ich das jetzt dann doch mal wieder kaputt machen. Denn im Grunde hab ich während des Films die ganze Zeit gedacht, das Max auf jeden Fall in meinen Rucksack reingehört. Ich hab gedacht, ich kann meinen Rucksack komplett leermachen, umdrehen und ausschütteln mit einer Hand - und mit der anderen die Sache mit Max festhalten. Und das wäre dann das erste was auch wieder in den Rucksack käme. So hab ich gedacht, während des Films. Und es ist mir auch während des Films nichts anderes mehr eingefallen, was außerdem noch unbedingt mit in mein Reisegepäck müsste. Was wohl dafür spricht, das ziemlich viel aus meinem Gepäck tatsächlich weg kann.
Doch auch jetzt - am Tag nach dem Film - kann ich mir mein Reisegepäck noch immer nicht ohne Max vorstellen. Ich erörtere nur die Frage, ob ich Max nicht doch auch als was anderes einpacken könnte als als das, was er jetzt für mich ist. Und erinnere mich an Zeilen, in denen stand, dass Max und ich eine sehr gute Freundschaft miteinander haben - und miteinander .... - mehr aber auch nicht.
