Wieviel Freiheiten sollte es in einer Beziehung geben?

B

Barny

Gast
#1
Hallo zusammen!
Wie viel Freiheiten sind in einer Beziehung normal und schaden auch nicht? Nach eurer Meinung.

Ich war schon immer diejenige, die sich gerne mal mit Freundinnen getroffen hat zum essen oder was trinken gehen,
auf Konzerte, auf Märkte, auf Stadtfeste.
Mein Partner mag solche Sachen nicht und er hat auch keinen Bezug zu meinen Freundinnen, und eigentlich will man ja bei
so Mädelsabenden sein Schätzelein auch nicht dabei haben.
Im Lauf der Jahre habe ich wegen ihm solche Aktivitäten immer mehr reduziert, eigentlich nur aus schlechtem Gewissen.
In letzter Zeit spüre ich aber das mir das fehlt und unternehme wieder mehr ohne ihn. Immer noch mit schlechtem Gewissen.
Was mich immer gestört hat, und das hab ich ihm auch schon gesagt, er wünscht mir nie viel Spaß und fragt mich auch nie wie es war.
Wenn ich den Autoschlüssel in die Hand nehme sitzt er auf dem Sofa und sagt nichts außer Tschüss. Ich habe immer das Gefühl es stinkt ihm.
Und meistens ist er dann am nächsten Tag recht verhalten in seinem Benehmen mir gegenüber.

Wir haben gemeinsame Freunde, auf die er im Lauf der Jahre auch immer weniger Bock hat. Am liebsten hockt er nur Zuhause,
vielleicht mal essen gehen, aber Freundschaften pflegen will er gar nicht mehr. Die Leute sind ihm alle zu blöd geworden, wobei ich mir
nicht ganz sicher bin wer hier eigentlich blöd geworden ist. Er reitet auf so Sachen rum wie, die kaufen bei Aldi ein (was für ihn ja gar nicht geht),
geben ihr Geld nur für Klamotten und teure Reise aus, aber zu geizig um gescheite Sachen zu essen. Er hat an allem was auszusetzen und tut sich bei
den Treffen auch sehr schwer eine "normale" Konversation zu führen. Immer muß er jeden foppen mit blöden Sprüchen genau in diese Richtungen.

Es kann ihm doch egal sein wer was wie und warum tut. Leben und leben lassen. Mir ist das so oft peinlich und zwischenzeitlich falle ich ihm immer öfters ins
Wort weil mich der Scheiß den er los lässt nervt. Ich merke auch an unseren Freunden das sie lieber nur mit mir zusammen sind, weil er einfach immer jedem so dumm kommt.

Ein Beispiel: Ein Bekannter ist Landwirt. Der kämpft jetzt wieder mit dem Milchpreis und der verregneten Ernte. Statt ehrliches Interesse an der Situation zu zeigen kommen dann so Sprüche wie:
ja, ja, die reichen Bauern jammern immer, und bist Du schon pleite, so schlimm kanns nicht sein wenn Du noch genug Geld hast um auszugehen, und was macht der Milchpreis?, und noch viele andere
Frechheiten die außer ihm niemand witzig findet.
Wenn man aber mal bei ihm einen wunden Punkt findet und da reinbohrt, wird er ganz schnell säuerlich. Er wird ganz ruhig oder sehr aufbrausend, an seinem Gesicht sehe ich dann das es nimmer lang gut geht und
er Heim will. Er weiß einfach nicht wann er es übertreibt und den Bogen überspannt, wann etwas nicht mehr lustig ist. Austeilen kann er, einstecken nicht.

Und er lästert auch immer über meine Schwester. Sie ist alleinstehend, verdient gutes Geld, hat ein eigenes Haus. Geht gerne aus, auch mit mir, manchmal ist sie obergeizig, manchmal haut sie die
Kohle für Sachen raus für die er nie Geld ausgeben würde. Vieles was sie sagt oder tut ist für ihn hirnrissig. Er mag sie schon gerne, aber auch sie muss er immer aufziehen, und mir gegenüber lästert er über sie.

Das sind alles solche Sachen die mich dazu bringen immer öfters ohne ihn etwas zu unternehmen. Ich fühle mich einfach wohler und freier wenn er nicht dabei ist. Ich mache die Sachen die mir Spass machen,
treffe die Leute die ich gerne mag, wir haben eine gute Zeit miteinander ohne diese ständigen Störfeuer von ihm.
Ich habe ihn auch schon zig mal im Vorfeld darum geben er möge sich "normal" benehmen und nicht immer alle foppen. Er kann es aber einfach nicht lassen oder empfindet meine Bitte als Bevormundung,
dann könne er ja gleich Daheim bleiben.

Wie schon gesagt, ich mache immer mehr alleine, aber andersherum habe ich immer wieder ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber (muss ich das eigentlich haben?) und auf Dauer wird das für unsere
Beziehung nicht förderlich sein. Aber auch ich habe nur das eine Leben, und ich möchte auf Dauer auch nicht auf dem Sofa versauern. Es ist ja nicht nur seine Art sondern auch sein Desinteresse an den
Dingen die mir Spass machen.

Findet ihr es also in Ordnung, daß ich vielleicht 1 x pro Woche allein ausgehe oder ist das zu viel und der Grundstein für eine zunehmende Entfremdung?

Ich will aber auch nicht verschweigen, daß mein Partner aufgrund einer körperlichen Behinderung nicht normal und nicht lange gehen und stehen kann.
Es gibt sicher Dinge die er gern machen würde, aber halt nicht kann.
Er hat diese Einschränkung schon seit seiner Kindheit, ich habe ihn also so genommen wie er war und mir war auch bewusst, dass das für uns mal zum Problem werden könnte.
Er hat mir immer gesagt, ich solle trotzdem tun was mir gefällt und keine Rücksicht nehmen. Und trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, daß es ihm stinkt und er mir so manches nicht gönnt.
Vielleicht oder eher wahrscheinlich resultiert auch aus diesem Umstand mein ewig schlechtes Gewissen. Ich kann alles machen, er halt nicht. Aber von dem was er machen könnte, macht er nun mal vieles nicht gerne
oder aus Prinzip gar nicht.
 
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Dabei
27 Feb 2013
Beiträge
5.263
#2
Sag, wieso bist du eigentlich noch immer mit ihm zusammen? Du fragst, ob dein Alleinefortgehen der Grundstein einer Entfremdung sein könnte?

Ihr entfremdet euch doch schon. Er hat kein Interesse an dir, will keinen Kontakt mehr zu Freunden, ..

Du fühlst dich ohne ihn besser...

Bist du aus Mitleid noch mit ihm zusammen, wegen seiner Behinderung - also aus schlechtem Gewissen, weil du ihn ja "so genommen hast"?

Dass seine Behinderung der Grund sein soll, dass er nichts mehr mit dir unternimmt, kann nicht stimmen. Mann kann überall mit dem Auto hinfahren und es gibt überall Sitzgelegenheiten. Und seine Art hat sicher auch nichts mit seiner Behinderung zu tun.
 
Dabei
3 Sep 2012
Beiträge
490
#3
Find ich auch spannend. Es klingt als sei er ein Klotz am Bein. und zudem ein echter Arsch, Miesepeter und langweiler....
wieso also noch in der Beziehung bleiben?
 
P

Papatom

Gast
#5
Moin,
sorry, einer meiner Bekannten ist im Rollstuhl und einer der aktivsten Leute die ich kenne. Ausreden.

Lies Deinen Text noch mal. Hauptsächliche Motivation die herausklingt ist, dass Du lediglich noch aus Mitleid bei ihm bist.

Ein Partner sollte Mehrwert sein. Eine Bereicherung. Deiner ist ein Klotz am Bein. Sorry.

Grüße
 
Dabei
26 Aug 2016
Beiträge
3
#6
Danke für das Feedback.

Ich glaube, mein schlechtes Gewissen resultiert daher, daß es mir über lange Zeit unserer jetzt 15-jährigen Beziehung nicht so wichtig war auszugehen.
Ich habe ein kleines Unternehmen, was mich sehr gefordert hat, und da habe ich oft auch keinen Bock mehr gehabt noch was zu unternehmen.
Aber die letzten 2 Jahre hat sich das so gut entwickelt, daß ich Leute einstellen konnte die mich entlasten, so daß ich meine beruflichen und haushaltlichen
Aufgaben besser organisiert, so daß ich auch wieder mehr Power und mehr Freizeit habe.
Ihm kommt das komisch vor, dass ich immer öfters alleine ausgehe. Im Endeffekt hatte er schon immer seine Schwierigkeiten mit Veränderungen,
er glaubt wohl er und unser Leben ist mir zu langweilig, und er hat auch Angst das ich einen anderen kennen lernen könnte. Davon bin ich allerdings weit entfernt.
Mit 45 Jahren weiß ich, andere Wiesen sind auch nicht grüner.
Wenn für ihn etwas gut und solide war, sieht er keinen Grund für Veränderung, bzw. empfindet er Veränderung als Bedrohung. Das Menschen und Umstände sich
ändern können und auch sollten ist ihm fremd. Da ist er schon sehr eingefahren.

Ich weiß, ich bin nicht seine Krücke und seine Behinderung sollte nicht im Vordergrund stehen. In erster Linie ist er Mensch, in zweiter Linie hat er ein Handicap.
Aber ich bin wohl auch so gepoolt, Helfersyndrom, zu viel Rücksicht auf andere, zu wenig bei mir selbst. Ich arbeite ja dran und hab ein schlechtes Gewissen.
Ich weiß aber, wenn wir bzw. ich so weiter mache, explodiere ich irgendwann und dann nimmt der Freiheitsdrang überhand. Deshalb versuche ich ja eine gute Balance hinzubekommen.

Zu ein paar anderen Dinge werde ich demnächst noch ein paar Sätze schreiben.

Ich wünsche schon mal ein schönes, heißes Wochenende.
 
Dabei
26 Aug 2016
Beiträge
3
#7
So, jetzt habe ich noch mal Zeit um ein paar Zeilen zu schreiben.

Mein Partner war 13 (heute 49) als er bei einem Unfall in der elterlichen Landwirtschaft ein Bein verlor.
Leider hat ihn damals niemand gefördert und gefordert sein Leben so gut wie möglich weiter zu leben.
Für die Eltern war es ein großes Unglück und sie haben ihn nach 8 Monaten Krankenhaus und Reha in
Watte gepackt, überbehütet und vieles verboten bzw. ausgeredet. Ich mache ihnen keinen Vorwurf, so war das halt, so ein
Schicksal hat man auch ein Stück weit versucht zu verstecken.
Auch in der Reha wo erlernte mit Prothese zu gehen hat man damals nicht mit Kindern so gearbeitet, dass sie mutig und gelassen sich in ihrem neuen Leben zurecht finden.

Ihm wird heute noch sehr viel von der Familie abgenommen, was mich zur Weißglut bringt. Ich verweigere ihm oft Hilfestellung worauf er mich meistens anraunzt. Er weiß, er könnte sich auch heute noch zu einem aktiveren Leben heranarbeiten, aber er hat eigentlich gar nicht den Wunsch und die Motivation. Vielmehr schiebt er seine Einschränkungen oftmals vor. Ich kann nicht nachvollziehen wie er sich manchmal fühlt, dazu habe ich zu viele Beine. Und er ist offensichtlich nicht unglücklich. Er fühlt sich wohl. Ich habe nicht das Recht der hin zu drängen er solle er mehr aus seinen Möglichkeiten machen, ich habe ihn genommen wie er war.

Und er er hat mich genommen wie ich war, genau das Gegenteil von ihm. Lange Zeit ging das gut, aber jetzt blühe ich wieder auf (kitschig) und das bereitet ihm Unbehagen. Klar, so wie ich das Recht habe aktiv zu sein, hat er das Recht passiv zu sein. Daher versuche ich einen gesunden Mittelweg zu finden. Vielleicht wird aus diesem Mittelweg aber wirklich eine Einbahnstraße, die ich ohne ihn weiter gehe, wenn er mir nicht das Gefühl gibt mir alles zu gönnen und mich nicht einschränken zu wollen.
 
Dabei
5 Jun 2015
Beiträge
2.220
#8
Hallo Barny
ich habe mal irgendwo gelesen,
(Es war wohl Peter Orban, glaube ich)
das eine Beziehung nur so lange hält,
wie die Partner gleichschnell fliegen.
wenn einer langsamer wird funktioniert es nicht mehr
und wenn einer schneller wird, natürlich auch nicht.
eine Weile kann ein Partner, der nicht mehr mithalten kann
alles daran setzen mitzukommen, aber irgendwann geht ihm die Luft aus.
auch der Partner, der schneller und behender wird,
kann eine Weile versuchen Rücksicht zu nehmen,
und immer wieder zu bremsen für den Anderen,
aber auf Dauer kann er das nicht, ohne
all seine Energie zu verlieren und unglücklich zu werden....

mir hat das damals die Erlaubniss gegeben,
mein Leben in meinem Tempo zu leben.

ich hoffe du kannst auch etwas mit dieser Methapfer anfangen...
 
Dabei
26 Aug 2016
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3
#9
Die Methafer beschreibt wirklich meine Situation. Und ich musste sofort an das Lied von
Andreas Bourani denken "auf anderen Wegen".
 
P

Papatom

Gast
#10
Moin,
Du solltest Dir bewußt machen, dass ihm sein eingeschränktes selbst auferlegtes Leben offensichtlich wichtiger ist, als mit Dir "Euer" Leben zu gestalten. Es ist ja nicht so, dass er nicht könnte....

Von daher bist Du nicht, seid Ihr ihm nicht wichtig genug sich zu bewegen. Das mag hart klingen, aber "Ihr" habt bei ihm offensichtlich nicht genug Relevanz...kann das eine Basis für eine erfüllte Beizehung sein?

Die Behinderung ist da übrigens völlig unerheblich. Er mag sie ja bisher immer als Vorwand genutzt haben, aber geistige Unbeweglichkeit hat nichts mit 1,2 oder mehr Beinen zu tun....

Grüße
 
Dabei
5 Jun 2015
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2.220
#11
Ja, ein gutes Lied....
ich bin sonst nicht so sehr die Freundin von deutschsprachiger Unterhaltungsmusik,
ein paar exklusive Liedermacher/innen ausgenommen,
aber das finde ich gut.

du must einfach schauen,
wieviel Liebe noch da ist,
wieviel Begeisterung und wieviel Verlangen
wieviel Begehren......

das ist der einzige Maßstab für mich.
mich halten (heute) weder Gewohnheit noch finanzielle Sicherheit
bei einem Partner, der mir kein Herzklopfen mehr bereitet.
und Mittleid geht schon gar nicht.
das degradiert das Gegenüber und tut ihm Unrecht.

aber das weißt du ja alles selber.
ich kenne einige Menschen,
die ihr 'Thema' erst mal von außen beguckt haben müssen
um sich die Erlaubniss geben zu können
einfach ihrem Herzen zu folgen.
und erst mal geht es in deinem Leben um dich!!
 
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