Liebe mit Handicap

Dabei
20 Nov 2008
Beiträge
23
#1
Hallo, ich muss mir das jetzt mal von der Seele schreiben, weil ich nicht weiß, mit wem ich sonst drüber reden sollte :)

Ich glaub ich lebe im Moment wie im Märchen,. nachdem ich lange kein Glück in Liebesdingen hatte, lernte ich Anfang dieses Jahres meine Freund kennen. Ich hab ihn einmal beim Weggehen gesehen und dachte mir: Ja, der würde mir auch gefallen ^^ Allerdings hatte meine beste Freundin mir nur die folgenden Aussagen über ihn mitgegeben: 'Ja, der hat schon zwei meiner Freunde angemacht' und 'Seine letzte Freundin hieß Brotkante' Aber ich war schwer verknallt und zog es vor lieber meiner Freundin nichts davon zu sagen, als von ihm abzusehen :) Zum Glück, denn jetzt sind wir seit Februar zusammen und sehr glücklich.

'Leider' eröffnete mir mein Freund bereits beim ersten näherkommen, dass er Mukoviszidose hat und ihm bereits 1998 eine Lunge transplantiert wurde... was folgte war eine Zeit der intensiven Grübelei verbunden damit, dass viele Leute auf mich einredeten: also ich könnte das nicht, auf so eine Beziehung würd ich mich nicht einlassen usw usw...
Für mich stand aber von Anfang an fest, dass ich meine Beziehung nicht so leichtfertig aufgeben werde. Worüber ich mir Gedanken machte, war lediglich, wie ich mit der Situation umgehen soll. Ich machte mich schlau über alles, was mit dieser Krankheit auf sich hat und fand leider im Internet auch Seiten, auf denen Stand, dass die durchschnittliche Überlebensdauer eines Lungentransplantierten bei 5 Jahren liegt, wo mein Freund ja schon weit drüber raus ist.
Abgesehen von diesen Gedanken ist mein Freund wirklich das beste, was mir je passiert ist. Wir haben gemeinsame Hobbies, aber auch eigene, die der jeweils andere aber voll akzeptiert. Mein Freund sagt immer, er ist froh, dass ich Hobbies habe, er möchte keine Freundin die nur daheim sitzt und nicht weiß, was sie tun soll :)
Trotzdem sehen wir uns nach Möglichkeit jeden Tag. Einige Leute können es garnicht verstehen, dass wir so aneinander hängen. Viele sagen, sie brauchen ihren Freiraum,.. ich vermisse meinen Freund jede Stunde die er nicht da ist und wenn wir uns einen Tag nicht sehn, ruft er mich trotzdem 3mal an :)
Ich neige immer dazu zu sagen, dass es mir lieber wäre, wenn er gesund wäre. Tatsache ist aber, dass ich ihn so liebe, wie ich ihn kennengelernt hab. Gestern waren wir in Kiel in der Klinik, zur Nachsorge für die Transplantation und mein Freund drückte es so trocken aus, er sagte, es sei vollkommen OK, dass er diese Krankheit hat, ohne sie wäre er nicht halb so interessant...
Es ist hart ausgedrückt, aber irgendwie glaub ich macht es für mich auch wirklich etwas ganz besonderes aus, dass er eben diese Krankheit hat, vielleicht hat er ja Recht, dass ich ihn nur deswegen so interessant finde,.. andererseits werde ich das nie rausfinden, da Mukoviszidose ja leider unheilbar ist...
 
Anzeige:
Dabei
2 Apr 2007
Beiträge
554
#2
Interessant hast du ihn schon vor dem Wissen von der Krankeit gefunden. Vielleicht ist er ja nur soooo besonders - im Zusammenhang mit der Krankheit - weil euch beiden bewusst ist, dass dieses Glück auch schnell vorbei sein kann.
Hast du vor seinem Spruch bei der Kontrolle jemals SELBST daran gedacht, dass die Krankheit ihn besonders (liebenswert) macht?

Ich finde es stark, dass du dich trotz der Krankheit auf ihn eingelassen hast. Viele schrecken vor soetwas zurück. Genießt die Zeit die ihr habt. Aber bleibe nie aus Mitleid mit ihm zusammen, wenn die Liebe mal erloschen ist. Kranke Menschen haben genauso Ehrlichkeit verdient wie gesunde.
 
Dabei
20 Nov 2008
Beiträge
23
#3
Hallo Dumpfi,
als ich ihn da die ersten Male gesehen hab und ihn schon interessant fand, wusste ich nochnicht, dass er krank ist, das hab ich allerdings schon erfahren bevor es mit uns ernst wurde, meine erste reaktion war: achso, Mukoviszidose, ist ja nicht so schlimm,.. weil ich damals noch dachte, ok da hustet man halt mehr und das wars dann, ich war mir der vollen auswirkungen nicht bewusst, das kam dann erst, als ich mich in der Beziehung näher damit befasst hab.
Eine der Tollen Sachen an unserer Beziehung ist, dass wir wirklich viel miteinander reden und du hast natürlich Recht, dass man nicht aus 'Mitleid' zusammen bleiben sollte,.. wir hatten ca nach einem halben Jahr mal so eine Phase, wo wir uns beide nicht sicher waren wies mit uns weiter gehen soll, aber wir haben drüber geredet und habens überstanden und nach der kleinen 'Krise' liefs eigentlich besser als je zuvor. Ich hab auch immer gesagt, wieso soll ich nicht eine Beziehung versuchen, klar, vielleicht stirbt er in den nächsten Jahren, aber wer weiß, ob wir dann überhaupt noch zusammen sind?
Ich denke die ganze Situation hat mich dazu gezwungen ein bisschen erwachsener zu werden, einfach weil ich weiß, dass es relativ plötzlich zu Ende sein kann,. andererseits hab ich die möglichkeit mich damit auseinander zu setzen, was viele Leute, die einen Partner durch einen Unfall verlieren nicht haben und im Nachhinein finden, dass sie so vieles nicht getan oder gesagt haben,.. Ich denke wir empfinden das alles etwas intensiver.
Aber ich muss wohl auch gestehen, dass es mir vielleicht auch ein bisschen gefällt, wenn manche Leute zu mir sagen, dass sie mich stark finden,.. aber vielleicht muss ich einen hohen Preis dafür bezahlen..
Aber ich hab mir angewöhnt zu sagen: Das Übel ist nunmal schon da, da nehm ich von den positiven Nebeneffekten mit, was nur geht :)
 
Anzeige:

Ähnliche Themen


Oben