Jemand hier mit AD(H)S?

Dabei
23 Mrz 2012
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#1
Huhu,
bei der Tochter einer bekannten wurde ADHS diagnostiziert.
Das Thema finde ich gerade ziemlich interessant, gibt es hier eventuell jemanden, der das hat?
Oder sich so mal drüber austauschen möchte?

:)
 
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Dabei
3 Feb 2013
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#2
Ich bin Ergotherapeut allerdings ist mein Fachgebiet eigentlich die Neurologie (arbeite mittlerweile aber deutlich mehr Mofu als Neuro).
Einer meiner besten Freunde in Deutschland ist allerdings (auch) Ergotherapeut und arbeitet sein ganzes Berufsleben im Bereich Pädiatrie...hab da viele interessante Gespräche über ADHS geführt und auch ein paar Bücher mal zu dem Thema gelesen.
Also...austauschen...Ja sehr gerne...fragen, Meinungen immer her damit.
 

dili

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Dabei
18 Feb 2008
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#3
Hallo titanic,
Ich hab es nicht, aber ich habe dafuer viele Schueler, die es haben und es werden immer mehr. Leider. Diese Kinder sind unheimlich anstrengend, da sie mit dieser Unruhe auch Andere anstecken. Es gibt welche, die fallen in der Stunde dreimal vom Stuhl, weil sie nicht ordentlich sitzen koennen. Andere schaffen es nicht, ruhig sitzen zu bleiben, sondern drehen sich staendig um (diese sitzen bei mir jetzt ganz hinten ;) ). Wieder Andere traeumen vor sich hin und die Naechsten schneiden Sitznachbarn die Haare ab. Es gibt aber auch solche die einfach nur abwesend sind und staendig ihre Sachen vergessen.

Mittlerweile bin ich aber vorsichtig, da bei jedem Kind, das lauter und zappeliger ist, gesagt wird, das es ADHS ist. Ist ja auch klar, dann haben Aerzte und Eltern schnell eine Diagnose und fertig. Das Gute ist: Man kann es relativ gut unter Kontrolle bekommen, wenn alle zusammen arbeiten - Aerzte, Familie und Lehrer. Und, wenn ein ADHS - Kind mal "anwesend" ist, ist es eines der kreativsten und cleversten Schueler.
Sehr kritisch sehe ich die Medikation (z. Bsp. Ritalin). Die Schueler mit Medikamenten sind oft so ruhig gestellt, dass sie ueberhaupt nichts mehr mitbekommen. Die schlafen fast oder malen irgendwelche Kreise. Ein Schueler hat sogar durch die Medikamente Depressionen bekommen und hat nicht einmal die Schule zu Ende machen koennen.

Liebe Gruesse,
dili
 
Dabei
3 Feb 2013
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#4
Mittlerweile bin ich aber vorsichtig, da bei jedem Kind, das lauter und zappeliger ist, gesagt wird, das es ADHS ist. Ist ja auch klar, dann haben Aerzte und Eltern schnell eine Diagnose und fertig.
Das ist ein Problem das ich auch immer wieder mitbekomme wenn wir mal darüber reden.
Das größte Problem ist das es bis heute keinen sicheren weg gibt ADHS wirklich zu diagnostizieren (es aber die weit verbreitete Meinung ist dies wäre so...mein Freund erzählt immer wieder das bei ihm Eltern in die Praxis kommen welche erzählen ihre Kinder hätten einen ADHS Test gemacht...es gibt einen solche Test gar nicht) das bringt mich dann auch gleich zu dem was du unten geschrieben hast.

Sehr kritisch sehe ich die Medikation (z. Bsp. Ritalin). Die Schueler mit Medikamenten sind oft so ruhig gestellt, dass sie ueberhaupt nichts mehr mitbekommen. Die schlafen fast oder malen irgendwelche Kreise. Ein Schueler hat sogar durch die Medikamente Depressionen bekommen und hat nicht einmal die Schule zu Ende machen koennen.

Liebe Gruesse,
dili
Ich hoffe das kommt jetzt nicht doof rüber denn ich weiß schon wie du das meint und kann es auch nachvollziehen.
Nur ziehst du imho (ist mein Eindruck) da den falschen Schluss das du da das Problem in Ritalin siehst.
Erstens wie oben gesagt (sagst du ja auch schon) ist es nicht so leicht ADHS zu diagnostizieren und wie viele Kinder mit einer fehl Diagnose ADHS rum laufen kann niemand sicher sagen. Hier ist das erste Problem denn niemand kann sicher sagen dass dein Schüler der eine Depression entwickelt hat wirklich ADHS hatte. Man kann dem Medikament nicht die Schuld für den Fehler des Arztes geben.
Fälle bei denen Kinder mit der Diagnose ADHS unter Methylphenidat (mph, Ritalin ist nur einer Handelsnamen) Medikation Depressive Symptome entwickelt haben gibt es wenn auch sehr selten. Alle Fälle die ich kenne Liesen sich lösen entweder in dem man andere mph gegeben hat oder aber in dem man die mph mit ADs (z.B. Venlafaxin) kombiniert hat. Ich kann jetzt aus der Ferne nicht beurteilen ob bei dem Schüler wirklich alles probiert wurde oder ob sein Problem eher ängstliche (weil schlecht informierte) Eltern und ein nicht fähiger Arzt waren.
Davon abgesehen bin ich mir ziemlich sicher dass es sehr viel mehr Kinder gibt die wirklich ADHS haben und die die Schule nicht beenden können weil sie kein mph bekommen als Kinder welche die Schule nicht beenden können weil sie unter mph eine Depression entwickeln.
 

dili

Moderator
Dabei
18 Feb 2008
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#5
Ich hoffe das kommt jetzt nicht doof rüber denn ich weiß schon wie du das meint und kann es auch nachvollziehen.
Nur ziehst du imho (ist mein Eindruck) da den falschen Schluss das du da das Problem in Ritalin siehst.
Erstens wie oben gesagt (sagst du ja auch schon) ist es nicht so leicht ADHS zu diagnostizieren und wie viele Kinder mit einer fehl Diagnose ADHS rum laufen kann niemand sicher sagen. Hier ist das erste Problem denn niemand kann sicher sagen dass dein Schüler der eine Depression entwickelt hat wirklich ADHS hatte. Man kann dem Medikament nicht die Schuld für den Fehler des Arztes geben.
Fälle bei denen Kinder mit der Diagnose ADHS unter Methylphenidat (mph, Ritalin ist nur einer Handelsnamen) Medikation Depressive Symptome entwickelt haben gibt es wenn auch sehr selten. Alle Fälle die ich kenne Liesen sich lösen entweder in dem man andere mph gegeben hat oder aber in dem man die mph mit ADs (z.B. Venlafaxin) kombiniert hat. Ich kann jetzt aus der Ferne nicht beurteilen ob bei dem Schüler wirklich alles probiert wurde oder ob sein Problem eher ängstliche (weil schlecht informierte) Eltern und ein nicht fähiger Arzt waren.
Davon abgesehen bin ich mir ziemlich sicher dass es sehr viel mehr Kinder gibt die wirklich ADHS haben und die die Schule nicht beenden können weil sie kein mph bekommen als Kinder welche die Schule nicht beenden können weil sie unter mph eine Depression entwickeln.
Da hast du sicher recht. Ich kenne ja auch nur einen Schueler, bei dem das passiert ist. Und ich hab pro Klasse immer mindestens 2 AD(H)S - ler. Ich weiß zwar gar nicht, ob ich alles erzaehlen darf, aber vielleicht so viel: Beim Schueler wurde die Krankheit diagnostiziert. Er hat Ritalin bekommen. Er hat Depressionen bekommen. Er hat die Medikamente abgesetzt, es ging ihm besser. Ein Jahr spaeter ist die Mama wieder mit ihm zum Arzt, da sie wohl ziemlich mit ihm verzweifelt ist. Der Arzt hat ihr dann wieder ein Medikament gegeben und der Schueler hat wieder Depris entwickelt. Das ging so weit, das er nicht mal mehr in die Schule kommen wollte - keiner hat ihn mehr ins Schulhaus hinein bekommen. Deswegen ist er jetzt eben in einer Klinik.

Aber ich hoffe, das sind Einzelfaelle - und natuerlich kannst auch du Recht haben ... und er hatte nie ADHS sondern etwas ganz anderes. Mich wundert nur, dass die Depris mit dem Ritalin gekommen sind, dann weg waren und dann mit der neuen Medi wieder da waren...
 
Dabei
23 Mrz 2012
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#6
Hm. Zufällig steht das Thema auch gerade an der Uni an (Seminar Psychologie :D) Und ich muss sagen, sehr wahrscheinlich hätte ich nach den heutigen "Maßstäben" auch ein ADHS. Aber da ich auf dem Land groß wurde und meine Aktivität voll ausleben konnte, kam da nie jemand nur ansatzweise auf die Idee.

Gerade das finde ich ist so Knackpunkt, den es doch als Arzt rauszufinden gilt: Ist das Kind einfach nur sehr aktiv und unterfordert/gelangweilt weil es sich den ganzen Tag nicht bewegen kann und von niemandem mal gefordert wird? Oder besteht da wirklich ein ernstzunehmendes Verhaltens-/Konzentrationsproblem.
Bin da der Meinung, dass das Verhalten der Eltern, der Umgang mit dem Kind und allgemein die Erziehung genauso betrachtet werden muss wie das Verhalten des Kindes selbst.
Jetzt aber nur nicht das jemand denkt ich würde damit sagen, dass sich Eltern von den betroffenen Kindern zu wenig Mühe geben oder ihr Kind "ruhig stellen" wollen - das weiß Gott nicht.

@clili: Bist du Lehrerin/Erzieherin? Irgendwie musste ich bei deinem Beitrag an meinen Eindruck denken, dass viele Eltern heute die Verantwortung für ihre Erziehung ganz gerne mal an andere abgeben. Entweder in der Form dass der Lehrer ja dafür zuständig ist, dass sich die Kinder in der Schule benehmen (dabei sollt ihr ja Wissen vermitteln und nicht die komplette Erziehung übernehmen) oder halt: Naja, dann hat der Kleine halt ADHS.
Ist das denn so?

Bei MPH hab ich Vorurteile - einige schmeißen sich hier an der Uni das Zeug rein um 8h durchlernen zu können. Find ich total bescheuert und nicht ungefährlich.
 
Dabei
14 Dez 2014
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#7
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Papatom

Gast
#8
Moin,
also AD(H)s ist ja inzwischen schon fast eine Modediagnose von bequemen Eltern und Lehrern. Selstsam finde ich, dass viele Ärzte da noch mit ziehen. Es gab letztens in einigen Zeitschriften darüber sehr kritische Berichte, wo vermutet wird, dass z. Zt. eine sehr hohe Zahl von Kindern eigentlich gar kein ADHS hat. Ähnlich verhält es sich übrigens mit LRS......

Ich finde das sollte sehr genau geprüft werden, aber das soziale Umfeld wird ja leider meist oft bei der Diagnose nicht mit berücksichtigt. Ein Bekannter gibt Vorträge über Helokopter Eltern, der wurde gerade von einer lokalen Ärztevereinigung eingeladen, die sich mit dem Problem beschäftigt, wie man gegen aggressive Helikoptereltern in Praxen vorgehen kann, die mit fertiger Googlediagnose nur noch Symptombehandlung bzw. Medikation erwarten.

Grüße
 
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